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Auf dem Fahrrad sicher unterwegs mit „Smart Sensors“

TU-Wissenschaftler entwickeln neue Technologie zur Schadensdetektion im Bereich Elektromobilität – Bauteil-Präsentation vom 1. bis 5. April 2019 auf der Hannover Messe

  • Ansicht des Testbikes.
    Der in Chemnitz gefertigte Funktionsdemonstrator eines Fahrrad-Oberrohrs verbindet Sattel und Lenkstange eines sogenannten Pedelecs, das die TU-Wissenschaftler und -Wissenschaftlerinnen sowie ihre Forschungspartner und -partnerinnen zur Hannover Messe 2019 präsentieren werden. Foto: PAPENFUSS | DEVELOPMENT GmbH
  • Testumgebung im Labor
    In Versuchen führen die TU-Forschenden den Nachweis zur Funktionsfähigkeit der in das Oberrohr eingebrachten Sensoren. Foto: TU Chemnitz/Eva Stamler

Faserkunststoffverbunde (FKV) gelten als Schlüsselwerkstoff für innovativen Leichtbau. Sie zeichnen sich sowohl durch ein geringes Gewicht als auch durch hohe Stabilität und eine leichte Verarbeitung aus und finden bereits in Branchen wie der Luftfahrt oder im Maschinenbau Anwendung. Jedoch sind Schäden in faserverstärkten Kunststoffen nicht immer sofort sichtbar. Dies birgt vor allem im Bereich Mobilität Risiken. Abhilfe schafft nun eine neue Technologie, die im Rahmen eines Verbundprojektes an der Technischen Universität Chemnitz entwickelt wurde. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Strukturleichtbau und des Bundesexzellenzclusters MERGE stellten dafür gemeinsam mit Partnern eine Prozesskette auf, die eine flexible Einbettung sogenannter „Smart Sensors“ bereits während der eigentlichen Bauteilfertigung erlaubt. Dies ist ein Zugewinn an Sicherheit, denn die Sensoren sorgen in Kombination mit einer entsprechenden Auswerteeinheit dafür, Schäden am Bauteil noch vor einem Komplett-Versagen zu erkennen.

Der „Schadensdetektiv“ – nicht nur für das E-Bike

Die Funktionsweise dieser Technologie präsentieren die Forschenden anhand eines Fahrrad-Oberrohr-Demonstrators vom 1. bis 5. April 2019 zur Hannover Messe auf dem Gemeinschaftsstand „Forschung für die Zukunft“ (Halle 2, Stand A38). Das Oberrohr verbindet Sattel und Lenkstange eines sogenannten Pedelecs, einer Ausführung des Elektrofahrrades. Es ist gleichzeitig ein wichtiges Bauteil bei der Belastungs- und Schadensdetektion – egal ob in der regelmäßigen Wartung oder nach einem Sturz. „Besonders aussichtsreich ist diese Sensor-Zusatzfunktion im Bereich Elektromobilität“, erklärt Torsten Vogel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Strukturleichtbau der TU Chemnitz. Er präzisiert: „Das größte Entwicklungspotenzial für integrierte Sensorik sehen Experten und Expertinnen in der Zweirad-Mobilität, denn sowohl in Bezug auf den Umweltschutz als auch hinsichtlich der Energieeffizienz ist das Fahrrad nach wie vor das am besten geeignete Fahrzeug. Als E-Bike ist es ideal für den innerstädtischen und stadtnahen Verkehr. Dort liefert es eine emissionslose Option zur Beförderung von Einzelpersonen und kann gegenwärtig ein dementsprechend großes Marktwachstum verzeichnen.“ Insbesondere die Flottenfahrzeuge von Großunternehmen oder -städten sind laut Analysen ein sich rasch vergrößernder, vielversprechender Bereich der Zweirad-Mobilität. Um den Aufwand für Wartung und Zustandsüberwachung der Räder so gering wie möglich zu halten, ist ein integriertes Sensorsystem mit automatisierter Überwachung daher eine optimale Lösung. Auch die Anwendung dieses Systems in anderen vorwiegend crashbelasteten Strukturen, wie beispielsweise in Automobilen, ist für die Zukunft denkbar.

Per Technologiefusion zum intelligenten Bauteil

„Ein wesentlicher Fokus des Forschungsprojekts war die Wirtschaftlichkeit der Herstellung – ein Faktor, der von den Beteiligten durch die Entwicklung einer durchgängigen Prozesskette gewährleistet werden konnte“, erklärt Vogel. Dafür fusionierten sie bislang getrennte Fertigungsschritte zu einem zeit- und materialeffizienten Ganzen: So beginnt der neue Prozess mit dem Zusammenfügen des aus mehreren thermoplastischen FKV-Lagen bestehenden Ausgangsmaterials und dessen thermischer Umformung. Danach legt ein Laser eine kleine Tasche für den Sensor im entstehenden Bauteil frei. Der Sensor in Form eines Dehnungsmessstreifens (DMS) wird anschließend in einem automatisierten Prozess eingebracht. Er kann mechanische Größen in eine messbare Änderung des elektrischen Widerstands umwandeln und so entsprechende Belastungen anzeigen. Die Bauteilfertigung wird abgeschlossen, indem die Sensortasche wieder versiegelt und Verstärkungsstrukturen zur Stabilisierung des Oberrohrs per Spritzgießverfahren angefügt werden. Im Anschluss daran wird noch ein intelligenter Beschleunigungssensor zur Ermittlung der Stoßbeschleunigung auf den Funktionsdemonstrator appliziert.

Unterstützung aus der Region

„Aufgrund der chancenreichen Zielsetzung in den Bereichen Sicherheit und Effizienz sowie der Perspektive auf eine breite Umsetzung der neuen Technologie gelang es uns, zahlreiche regionale Kooperationspartner und -partnerinnen für das Forschungsprojekt zu gewinnen – ein zusätzlicher Nutzeffekt für Sachsen als Produktions- und Entwicklungsstandort“, beschreibt Vogel stolz. Zu den Partnern zählen die auf Kunststoffverarbeitung spezialisierte Hugo Stiehl GmbH; die Nordmetall GmbH, ein Ingenieurbüro, das sich vorwiegend mit Kennwertermittlungen für numerische Simulationen (z. B. Umform- und Crashsimulation) beschäftigt; die AMAC ASIC- und Mikrosensoranwendung Chemnitz GmbH, die unterschiedliche Sensoren sowie daraus aufgebaute komplette Systemlösungen entwickelt; die Firma EKF Automation GmbH, die auf dem Gebiet der Automation, Robotik und des Spezialmaschinenbaus tätig ist sowie das Fraunhofer-Institut für Werkstoff und Strahltechnik (IWS), das anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung in der Laser- und Oberflächentechnik betreibt. Projektfördermittel wurden durch die Sächsische Aufbaubank – Förderbank – (SAB) und den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) bereitgestellt.

Hintergrund: Technologieentwicklung zur Sensorintegration in Leichtbaustrukturen

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Bundesexzellenzclusters MERGE und des Instituts für Strukturleichtbau erforschen komplexe Leichtbaustrukturen, die nicht nur unterschiedliche Materialien vereinen, sondern auch Mikroelektronik, wie Sensoren oder Aktoren, direkt in Strukturbauteile integrieren. Insbesondere die Entwicklung dafür notwendiger Fertigungsprozesse ist wesentlicher Bestandteil ihrer Forschungsarbeit. So gelang ihnen u. a. erstmals eine Technologienentwicklung, die es erlaubt, nur wenige Millimeter große Kunststoffsensoren im sogenannten Mikrospritzgießverfahren herzustellen. Deren direkte Integration in Halbzeuge auf Kunststoffbasis bietet vor allem den Vorteil der Materialkompatibilität, wodurch die Materialanbindung im Bauteil z. B. gegenüber Metall-Kunststoff-Kombinationen vereinfacht wird.

(Autorinnen: Eva Stamler und Diana Schreiterer)

Mario Steinebach
20.03.2019

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