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„Ich habe gemerkt, dass hier mein zweites Herz schlägt“

Dank des berufsbegleitenden Masterstudiums an der TUCed hat Annegret Steglich Beruf und Berufung gefunden: Eventmanagement und nachhaltige Werte

Dass Annegret Steglich einen kommunikativen Beruf ergreifen wird, ist schon früh klar. „In meiner Familie gibt es viele soziale Berufe.“ Ihre kreative Ader lebt sie in der Schule in vollen Zügen aus. Annegret Steglich belegt das musische Profil und nimmt an Theater- und Musicalprojekten teil. Als Tochter eines Schulleiters und einer Krankenschwester zieht es sie nach dem Abitur selber zum Lehrberuf, allerdings steht ihr der Numerus Clausus im Weg. Deshalb beschließt sie ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) in Görlitz zu verbringen. Hier engagiert sich die Abiturientin in der evangelischen Stadt- und Jugendarbeit - in einer Zeit, in der Görlitz von großer Kinderarmut geprägt ist. „Das war eine großartige Erfahrung, die mich sehr geprägt hat“, sagt Annegret Steglich heute, „dabei wuchs mein Wunsch, in der Familien- und Jugendberatung zu arbeiten“.

Motiviert aus dem FSJ schreibt sie sich 2009 in Chemnitz zum Pädagogikstudium mit Psychologie als Nebenfach ein. Allerdings folgt die Ernüchterung: „Ich habe mich vier Jahre durch das Bachelorstudium durchgekämpft. Die theoretische, wissenschaftliche Arbeit liegt mir leider weniger“. Ein ständiger Begleiter ist zudem die Frage: Was kommt dann? Neben trockenen Lehrtexten sucht sie viel mehr die praktische Erfahrung und erhält in der Familienberatung des Chemnitzer Familienvereins die Chance, sich vielfältig auszuprobieren. Bei einem Textildiscounter kündigt sie derweil, da ihr die unangenehme Unternehmenskultur missfällt, in der die Mitarbeiter in Meetings auf Verkauf getrimmt und im Geschäft von Testkäufern kontrolliert werden.

„Lieber kleines Team statt Haifischbecken“

Außerdem ist sie als Babysitterin tätig. Eines Tages trifft sie auf die Mutter eines Kindes, welche in einer Werbeagentur arbeitet und Annegret Steglich rutscht auf ein mal in die Werbebranche. Sie übernimmt Aufgaben in Marketing, Akquise und Eventorganisation. Ein Aha-Erlebnis. „Ich habe gemerkt, dass hier mein zweites Herz schlägt. Ich kann dabei mit Menschen arbeiten und kreativ sein“, stellt die heutige Eventmanagerin fest. Der vollständige Berufseinstieg verläuft aber nicht so reibungslos, wie es sich die Studentin vorstellt. „Als ich die Jobanzeigen durchstöberte, wurde ich schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, denn mit einem Bachelor in Pädagogik hatte ich den falschen Abschluss, um ins Management zu gehen.“ Ein Zufall führt sie aber schnell zum nächsten Aha-Erlebnis. Als die Studentin eines Nachmittags in der Uni-Bibliothek sitzt, entdeckt sie, dass es an der TUCed (TU Chemnitz education), ein für die Weiterbildung zuständiges An-Institut der TU Chemnitz, einen Eventmarketing-Masterstudiengang gibt. „Das war mir vorher gar nicht bewusst. Dass der Master auch noch berufsbegleitend ist, fühlte sich damals wie eine Punktlandung für mich an.“

Sie schreibt sich an der TUCed ein und beginnt zunächst als Praktikantin in einer Leipziger Agentur, in der das Team klein und die Hierarchien flach sind. Dort arbeitet sich Annegrez Steglich schnell ein, und ihre Aufgaben gehen bald von der Projektassistenz bis zur -leitung. „Mir war es von vornherein wichtig, in einem kleinen, atmosphärischen Team zu arbeiten, anstatt im Haifischbecken zu schwimmen.“ Die Arbeit lernt sie als Knochenjob kennen, der körperlich und emotional fordert. Aber sie findet volle Freude an ihrer Tätigkeit, da das eingespielte Team die Anstrengungen auffängt. Auch unterstützen sie ihre Vorgesetzten mit großem Interesse im Studium.

In den Uni-Präsensphasen in Chemnitz (ein Wochenende im Monat) lernt sie in einer kleinen Gruppe von Schulklassengröße. Der persönliche Bezug und der verständnisvolle Umgang der Dozenten bleibt ihr in besonderer Erinnerung. Es habe ihr sehr viel Fleiß abgefordert, aber die TUCed und die Professoren fanden die richtige Balance zwischen Zuckerbrot und Peitsche, sagt sie heute. „Ich freue mich immer wieder, wenn ich meine Dozenten bei Vorträgen oder auf Messen wieder treffe.“

Mit der Masterarbeitet findet Annegret Steglich ihr Herzensprojekt

Als sich Annegret Steglich nach einem Thema für die Masterarbeit recherchiert, stellt sie fest, dass sie nicht irgendwelche Zielgruppen analysieren möchte. Sie beschäftigt sich mit der eigenen Branche, die sehr kommunikationslastig ist. Dabei missfällt ihr der Gedanke, sich wie viele mit Ellenbogen durch eine „Pitch“-gesteuerte Berufswelt drücken zu müssen, bei der kleine und große Firmen gegeneinander um Aufträge kämpfen müssen. In Ausschreibungen fordern Unternehmen konkurrierende Agenturen auf, in sogenannten „Pitches“ (Branchensprech für Präsentation der Ideen) Projektentwürfe vorzustellen. Die abgelehnten Agenturen erhalten aber bei Absage nach meist mittelmäßigen Briefings nur unzureichendes Feedback und erstrecht keine finanzielle Aufwandsentschädigung für ihre Arbeit. In den Fachzeitschriften stellt sie zudem einen klaren Tenor fest: in der Eventbranche herrscht ein Werteverfall.

Immer mehr reift bei der Masterstudentin deshalb der Gedanke, dass eine feste Wertegrundlage für das Miteinander und die Zusammenarbeit in der Eventbranche nötig ist. Bei ihren Recherchen stößt sie auf einen Namen, der sich bereits mit diesem Thema intensiver auseinandergesetzt und schon eine Initiative ins Leben gerufen hat, um dem Thema Raum zu geben: Bernd Fritzges. Sie schreibt dem Gründer der Initiative „Werte 2.0“ eine E-Mail, er antwortet ihr und lädt die Studentin zu einem Gespräch nach Hamm ein. Mittlerweile weiß Annegret Steglich, dass es fast an ein Wunder grenzt, dass sich Fritzges, Vorstandsvorsitzender der Vereinigung Deutscher Veranstaltungsorganisatoren, gemeldet hat und zu ihrem Mentor wurde. Denn der Vortragsreisende erhält täglich eine Vielzahl an E-Mail-Anfragen in seinem Postfach. Fritzges nimmt sich aber Zeit für die interessierte Studentin und fordert mehr von ihr: „Es ist schön und gut, dass sich die Branche ein mal im Jahr trifft, aber wir wollen etwas langfristigeres schaffen“, sagt er zu der Studentin. Dafür möchte er Annegret Steglich mit an Bord haben, ihr Engagement für nachhaltige Unternehmenswerte soll über die Masterarbeit hinausgehen. Sie zögert nicht.
Nachdem Annegret Steglich in ihrer Abschlussarbeit den Status quo zu Werten in der Eventbranche ermittelt und daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet hat, stellt sie ein Gremium zusammen, dem Persönlichkeiten aus unterschiedlichen eventnahen Gewerbezweigen angehören, so zum Beispiel der Chefredakteur des Fachmagazins für Live-Kommunikation, Hans Jürgen Heinrich. Zusammen vereinbaren sie erste Leitsätze in einem gemeinsamen WerteKodex. „Damit haben wir ein solides Grundwertesystem geschaffen, ohne mit dem Zeigefinger zu wedeln und als Werte-Polizei aufzutreten. Dabei gehen wir aber über kurzlebige Trends hinaus“, so die junge Frau. Hauptziel ist, eine bessere Partnerschaftlichkeit und Integrität im Berufsalltag zu etablieren. „Unternehmen müssen ökonomisch handeln, aber nicht um jeden Preis“, findet Annegret Steglich.

„Wertepioniere“ der Eventbranche

Im nächsten Schritt möchte sich das Team professionalisieren und eine Stelle schaffen, in der eine Person das Projekt ganzjährig begleitet. „Wir haben aber festgestellt, dass das zwar wünschenswert, aber nicht glaubhaft durchführbar ist. Wir möchten keinen Zwang erwecken, dass Menschen Geld für meine Arbeit geben müssen.“ Deshalb ist Annegret Steglich nun im Ehrenamt in der „WerteFoundation“. Auf der Fachmesse „Best of Events International“ am 18. und 19. Januar 2017 will die „WerteFoundation“ mit einer neuen Website online gehen. „Die Seite soll als mitgliederfinanzierte Plattform einen intensiven Austausch zum Thema Werte, Moral und Ethik in unserer Branche auf Grundlage des Wertekodex ermöglichen“, kündigt Annegret Steglich an. Die teilnehmenden Firmen können sich dort als „WertePioniere“ präsentieren, so wie das Berliner Hotel Estrel. Auch die Leipziger Medienproduktionsfirma „twoSYDEmedia“, in der die Chemnitzer Absolventin nun selber als Projektmanagerin tätig ist, arbeitet mit diesen Leitwerten.

Unter Kollegen werden Annegret Steglich und ihr Mentor Bernd Fritzges oft scherzhaft als die „Wertetante“ und der „Werteonkel“ bezeichnet. Das stört sie aber nicht, denn die „WerteFoundation“ ist ein Herzensprojekt. „Manchmal befürchte ich mit meinen 26 Jahren altklug zu wirken“, so Annegret Steglich. Doch auch von ihrem Arbeitgeber „twoSYDEmedia“ erhält sie volle Rückendeckung: „Hier wird mir der Freiraum gegeben, mich für den WerteKodex zu engagieren und gleichzeitig kann ich in meinen beruflichen Alltag genau die Art der Kommunikation und des Miteinanders erleben, die ich mir wünsche.“

(Autor: Timon Ostermeier)

Mario Steinebach
22.12.2016

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