„Das Leben als internationaler Student war großartig, aber nicht immer einfach“
Während seiner Zeit an der TU Chemnitz gewann TUC-Alumnus Dr. Wamai Mwangi viele Einblicke in die Arbeitsweise der Universität und in das Studentenleben – Heute blickt er dankbar auf diese Zeit zurück und freut sich, als TUCambassador seine Erfahrungen und Tipps insbesondere an Studierende in Kenia weiterzugeben
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Dr.-Ing. Wamai Mwangi promovierte an der TU Chemnitz und ist als Botschafter im TUCambassador-Programm der Universität aktiv. Heute arbeitet er als Dozent an der Jomo Kenyatta University of Agriculture and Technology (JKUAT) in Kenia. Foto: privat
Herr Dr. Mwangi, können Sie sich zunächst kurz vorstellen?
Mein Name ist Wamai Mwangi und ich freue mich, ein wenig über mich zu erzählen, zumal die Technische Universität Chemnitz einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen einnimmt. Ich komme aus Kenia, genauer gesagt, bin ich in Zentralkenia aufgewachsen. Meine Heimatstadt heißt Naromoru und ist bei Wanderern, Bergsteigern und Touristen sehr beliebt, da sie eine der drei Routen zum Besteigen des Mount Kenya ist, dem zweithöchsten Berg Afrikas nach dem Kilimandscharo. Aktuell bin ich Dozent am Fachbereich Mechatronik an der Jomo Kenyatta University of Agriculture and Technology.
Sie leben und arbeiten in Kenia und haben auch dort studiert. Wie kam es denn dazu, dass die TU Chemnitz, wie Sie sagen, einen besonderen Platz in Ihrem Herzen einnahm?
Meine Verbindung zur TU Chemnitz reicht bis ins Jahr 2014 zurück, als ich mit einem DAAD-Stipendium im Rahmen meines Masterstudiums zum ersten Mal für ein Praktikum bzw. Austauschprogramm nach Chemnitz kam. Ich wohnte damals im Wohnheim Reichenhainer Straße 37. Mein erster Kontakt an der TU Chemnitz war Prof. Dr. Henning Zeidler, den ich aufgrund seiner beeindruckenden Forschungsarbeit im Bereich der Funkenerosion und aufgrund des gleichen Themas meiner Masterarbeit kontaktiert hatte. Er reagierte sogleich und stellte mich später Prof. Dr. Andreas Schubert vor, der mich herzlich an seiner Professur Mikrofertigungstechnik willkommen hieß. Drei Monate lang war ich damals in Chemnitz und konnte dort nicht nur sehr gute Kontakte und Netzwerke knüpfen, sondern auch wichtige Ergebnisse für meine Masterarbeit erzielen. Später, nachdem ich mein Studium der Mechatronik abgeschlossen hatte, ergab sich die Möglichkeit, mit einem weiteren DAAD-Stipendium zu promovieren. Ich zögerte nicht lange und entschied mich für die TU Chemnitz, da die Aussicht, wieder an dieser Universität zu studieren und mit Prof. Schubert sowie Prof. Zeidler zusammenzuarbeiten aufgrund meiner früheren Erfahrungen sehr reizvoll war. Im Jahr 2019 habe ich dann meinen Doktortitel an der Fakultät für Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Mechatronik erworben.
Sie hätten sicherlich auch in Ihrem Heimatland promovieren können. Warum entschieden Sie sich fürs Ausland und für die TU Chemnitz?
Nachdem ich meine beiden vorherigen Abschlüsse an der JKUAT in Kenia erworben hatte, war ich sehr daran interessiert, mich in einer neuen Umgebung und einer neuen Kultur zu beweisen und im Ausland zu promovieren. Dass die Wahl dabei auf Deutschland fiel, war - ehrlich gesagt - schnell klar, da das Land in vielen technischen Fächern führend sowie für seinen Fokus auf Qualität und Zuverlässigkeit bekannt ist. Nicht zuletzt waren dabei meine Kontakte in Chemnitz natürlich sehr hilfreich, da eine der größten Herausforderungen bei einem Doktoratsstudium darin besteht, einen geeigneten Betreuer zu finden und sich mit ihm auf ein Forschungsthema zu einigen, welches auch mit dessen Interessensgebieten und den kurz- und langfristigen Zielen der Professur übereinstimmt. Doch nicht nur von der Zusammenarbeit mit der Chemnitzer Forschungsgruppe um Prof. Schubert, sondern auch von der Universität im Allgemeinen war ich sehr überzeugt. Ich war beeindruckt vom großen Interesse des International Office, internationale Studierende zu unterstützen. Verschiedene Veranstaltungen wurden organisiert, um die Internationals willkommen zu heißen und uns zu zeigen, wie wir uns erfolgreich in die Universitätsgemeinschaft integrieren können. Außerdem ist Chemnitz meiner Meinung nach eine erschwingliche Stadt zum Leben. Und obwohl sie nicht so groß ist wie Dresden oder Leipzig, gibt es viele Aktivitäten, an denen man teilnehmen und die man genießen kann. Besonders gerne erinnere ich mich an sommerliche Bootsfahrten mit meinen Freunden auf dem Schlossteich oder an zahlreiche Grillabende.
Wie haben Sie das Leben in Chemnitz erlebt – gab es besondere Herausforderungen oder Highlights?
Das Leben als internationaler Student war großartig, aber nicht immer einfach, besonders für mich als Afrikaner. Ich hatte den Eindruck, dass einige Menschen auf der Straße noch nicht viel Kontakt mit Afrikanern hatten und daher generell zurückhaltend waren. Als ich jedoch die Sprache besser beherrschte und mich eingelebt hatte, fand ich schnell Freunde und konnte mich gut integrieren.Eine große Herausforderung war dann die Flüchtlingskrise im Jahr 2015, die meiner Meinung nach einige Teile der Bevölkerung wirklich verunsichert hatte. Es war schon komisch, dass ich einerseits mein Doktoratsstudium absolvierte und sogar Masterstudierende betreute, während ich andererseits auf der Straße gefragt wurde, ob ich ein Flüchtling sei. Ich hatte jedoch das Gefühl, dass sich die Lage allmählich verbesserte und Chemnitz inzwischen bedeutende Fortschritte in Sachen Offenheit und Toleranz gemacht hat. Ich freue mich, dass die Stadt Kulturhauptstadt Europas 2025 ist, und ich glaube, dass dies dazu beigetragen hat, die Schönheit der Stadt zu präsentieren und ein multikulturelles Umfeld zu fördern, was es für internationale Studierende an der Universität einfacher machen wird.
Können Sie kurz erläutern, worauf der Fokus Ihrer Doktorarbeit lag?
Das Besondere an meiner Dissertation war der Fokus auf medizinische Anwendungen und insbesondere auf Implantate, da dies ein Bereich ist, der aufgrund der zunehmenden Alterung der Bevölkerung stark wächst. Zur Zeit meiner Promotion wurden die meisten Implantate mit Verfahren der Laserbearbeitung oder anderen konventionellen Bearbeitungsmethoden wie CNC-Fräsen hergestellt. Daher war es für mich interessant zu sehen, wie die Mikro-EDM, ein feinmechanisches Bearbeitungsverfahren, stärker in die Herstellung von Implantaten einbezogen werden konnte.
Wie hat sich Ihre akademische und berufliche Laufbahn nach Ihrer Zeit in Chemnitz weiterentwickelt?
Seit dem Abschluss meines PhD-Studiums in Chemnitz bin ich Dozent im Fachbereich Mechatronik der JKUAT in Kenia, wo meine Hauptaufgaben in der Lehre sowohl für das Bachelor- als auch das Masterstudium und in der Forschung liegen. Ich bin stolz auf meine berufliche Entwicklung, da ich zunehmend Verantwortung übernehmen und meine Erfahrungen aus Deutschland im Allgemeinen und aus Chemnitz im Besonderen nutzen konnte, um einen positiven Beitrag zu den Zielen meines Fachbereichs und der JKUAT zu leisten. Insbesondere konnte ich meine Verbindung zu Prof. Zeidler nutzen, um ein gemeinsames Projekt und dessen gemeinsame Förderung erfolgreich zu beantragen.
Welche Kompetenzen aus Ihrer Zeit in Chemnitz nutzen Sie heute besonders in Lehre und Forschung?
Neben der Anwendung der sehr wichtigen technischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse, die ich damals in Chemnitz erworben habe, hatte ich auch das Privileg, eine neue Kultur und eine andere Art kennenzulernen, Dinge anzupacken. Das Wissen, dass Lösungen nicht nur auf eine bestimmte Art und Weise gefunden werden müssen, hat mir im Umgang mit Studierenden und Kollegen sehr geholfen. Indem ich sicherstelle, dass alle Standpunkte gehört werden, und mir bewusst bin, dass Vorgänge nicht nur auf meine Art erledigt werden müssen, habe ich ein Lehr- und Forschungsumfeld geschaffen, welches auf gegenseitigem Respekt basiert. Und im Ernst: Ich freue mich immer noch sehr, auch meine Deutschkenntnisse ein wenig öfter anzuwenden.
Als Alumnus stehen Sie noch immer im engen Austausch mit der TU Chemnitz. Sie sind Botschafter im TUCambassador Programm und geben als Ansprechpartner Ihre Erfahrungen und Tipps an Studierende oder Interessierte weiter. Was hat sie dazu bewegt?
Die Teilnahme am TUCambassador Programm der TU Chemnitz ist verbunden mit dem Rückblick auf meine Zeit in Chemnitz als eine meiner bisher stolzesten Momente. Mein damaliger Aufenthalt war eine fantastische Zeit und ich hoffe sehr, den Weg für viele Afrikaner und Kenianer an die Universität geebnet zu haben. Auch aus diesem Grund bedeutet es mir sehr viel, ein TUCambassador der Universität zu sein. Gleichzeitig habe ich die Möglichkeit, als Botschafter Teil der Zukunft zu sein, auf die die Universität hinarbeitet. Übrigens absolviert derzeit einer meiner ehemaligen Studenten seinen Master an der TU Chemnitz, worauf ich sehr stolz bin.
Welche Ratschläge würden Sie Nachwuchsforschenden mit auf den Weg geben?
Ich empfehle jedem, der in Deutschland studieren möchte, unbedingt die TU Chemnitz in Betracht zu ziehen, da diese Universität alles bietet, was für ein gutes Studien- und Lebensumfeld erforderlich ist. Drei Ratschläge, die ich geben würde, sind: Erstens: Bleiben Sie neugierig und offen für neue Abenteuer und neue Vorgehensweisen. Dies ist besonders wichtig, wenn die Dinge nicht so laufen, wie Sie es erwarten. In solchen Momenten entdeckt man manchmal neue Möglichkeiten, die einen großen Einfluss auf die eigene Forschungsreise haben können. Zweitens: Seien Sie lernbereit und offen für konstruktive Kritik. Nehmen Sie Kritik nicht persönlich, sondern nutzen Sie sie als Antrieb, um Ihre Forschungsfähigkeiten zu verbessern. Und drittens: Setzen Sie auf Teamarbeit und schweigen Sie nicht, wenn Sie Hilfe brauchen. Halten Sie den Kontakt zu Ihrem Betreuer sowie zu den Teamkollegen des Fachbereichs und nutzen Sie die Angebote des International Office, da diese eine große Hilfe sind.
(Die Fragen stellte Stephanie Höber, Alumni-Koordinatorin der TU Chemnitz.)
Mario Steinebach
05.12.2025