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Liaison zwischen Schwefel und Kohlenstoff

Chemiker der TU Chemnitz, der Friedrich-Schiller-Universität Jena und des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien in Jena erforschen unerwarteten Transportprozess bei Metall-Schwefel-Batterien

Nicht nur für die Erzeugung elektrischer Energie suchen Wissen­schaft­lerinnen und Wissenschaftler nach neuen Wegen – auch für die Speicherung des Stroms müssen Alternativen ge­fun­den werden, um Energie effizient und umweltfreundlich nutzen zu können. Auf der Suche nach der Batterie der Zukunft gilt es dabei vor allem, optimale Materialkombinationen zu finden, die mit den vorherrschenden Lithium-Ionen-Akkus konkurrieren können. Dabei rücken auch sogenannte Metall-Schwefel-Batterien zunehmend in den Fokus. Denn Schwe­fel verspricht eine hohe Speicherkapazität und günstige Herstellungskosten. Chemiker der Friedrich-Schiller-Universität Jena, des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien in Jena und der Technischen Universität Chemnitz haben jetzt allerdings ein Phänomen in diesem Batterietyp entdeckt, das ihre Funktionsweise erheblich beeinflussen könnte und deshalb unbedingt näher erforscht werden muss. Über ihre Ergebnisse berich­ten die Wissenschaftler in der neuen Ausgabe des renommierten Fachmagazins „Ange­wandte Chemie“.

Unerwartete Wechselwirkung

„In Verbindung mit einem Metall, etwa Natrium oder auch Lithium, kann eine Batterie mit Schwefel als Pluspol theoretisch wesentlich mehr Energie speichern als mit den meisten anderen Materialien“, erklärt Prof. Dr. Philipp Adelhelm vom Lehrstuhl für Funktionale Materialien an der Universität Jena. „Weltweit wird daher intensiv an Metall-Schwefel-Batterien geforscht. Aufgrund der schlechten Leit­fähigkeit von Schwefel muss dieser dafür allerdings sehr feinteilig mit leitfähigem Kohlen­stoff kombiniert werden.“ Bei Kontakt scheinen nun beide Elemente auf unerwartete Weise in Wechselwirkung zu treten. Die Wissenschaftler haben hierzu unter normaler Umgebungstemperatur hochporöse Kohlenstoffteilchen und Schwefel zu gleichen Teilen miteinander vermischt. Dabei bedeckten die Schwefelatome innerhalb kurzer Zeit die kom­plette Oberfläche des Kohlenstoffs. Nimmt man die Mischung nun durch spektrosko­pische oder mikroskopische Verfahren genauer unter die Lupe, so lassen sich deutliche Änderungen in den Eigenschaften des Schwefels feststellen. Nach wenigen Tagen verliert der Schwefel seine Struktur und wird amorph. Auch der Schmelzpunkt geht verloren. Das Phänomen, dass Schwefel sich in Kontakt mit Kohlenstoff auf solch drastische Art verän­dert, bezeichnen die Chemiker als Spillover.

„Wir sind sehr überrascht, dass dieser Effekt bisher übersehen wurde, da wir ihn mit relativ einfachen Untersuchungen einwandfrei feststellen konnten“, sagt Adelhelm. „Wir gehen davon aus, dass dieses fundamentale Phänomen Auswirkungen auf alle Arten von Metall-Schwefel-Batterien haben, bei denen poröser Kohlenstoff zum Einsatz kommt.“ Verblüffend ist vor allem die Geschwindigkeit des Prozesses: „Die Änderung der Eigenschaften des Schwefels lässt sich bereits nach wenigen Stunden bei Zimmertemperatur beobachten – dies ist erstaunlich, da Schwefel und Kohlenstoff im festen Zustand miteinander wechselwirken“, ergänzt Prof. Dr. Marc Armbrüster, Inhaber der Professur Materialien für innovative Energiekonzepte der TU Chemnitz, der sich mit Festkörpermaterialien für die chemische Energiekonversion beschäftigt. Deshalb müssten nun weitere Forschungen angeschlossen werden, um mehr über den hier vorhan­denen Spillover-Effekt herauszufinden und ihn in Batterien eventuell nutzbar zu machen.

Original-Publikation (Vorabversion): L. Medenbach, I. Escher, N. Köwitsch, M. Armbrüster, L. Zedler, B. Dietzek, P. Adelhelm (2018): Sulfur Spillover on Carbon Materials and Possible Impacts on Metal-Sulfur Batteries, Angewandte Chemie International Edition, https://doi.org/10.1002/anie.201807295

Kontakt: Prof. Dr. Marc Armbrüster, Professur Materialien für innovative Energiekonzepte, Institut für Chemie, TU Chemnitz, Telefon 0371 531-36176, E-Mail marc.armbruester@chemie.tu-chemnitz.de

Mario Steinebach
23.08.2018

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