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Kurzer Klick für kleines Geld

Clickworking im Internet hat Vor- und Nachteile für die Beschäftigten – TU-Techniksoziologe Jun.-Prof. Christian Papsdorf erforscht das neue Arbeitsmodell

Die Arbeitswelt befindet sich in einem ständigen Wandel. Vor allem das Internet gestaltet zunehmend neue Stellen und Arbeitsmodelle für den Arbeitsmarkt der Zukunft. Ein neuaufkommender Trend ist das Clickworking – eine besondere Form des Microjobs. Junior-Professor Dr. Christian Papsdorf, Juniorprofessur Techniksoziologie mit dem Schwerpunkt Internet und neue Medien an der Technischen Universität Chemnitz, erforscht das neue Arbeitsmodell. 

Minijob mit Minibezahlung

Sogenannte Clickworker werden von Unternehmen zur Erledigung von Dienstleitungen bezahlt, die nur wenige Minuten an Arbeitszeit beanspruchen. Unter diese Dienstleistungen fallen größtenteils standardisierte Tätigkeiten, die noch nicht von Maschinen erledigt werden können. Typische Aufgaben von Clickworkern sind beispielsweise das Verfassen von Produktbeschreibungen und Erfahrungsberichten, das Recherchieren von Adressen, Öffnungszeiten und Preise im Internet oder das Erstellen von Bildern und Designs. Ständig anfallende Routinearbeiten können so flexibel und in großer Menge auf viele Arbeitnehmer und -nehmerinnen verteilt werden; weshalb auch von Crowdworkern gesprochen wird.

Vor- und Nachteile – Arbeiten wie am Fließband

TU-Forscher Christian Papsdorf sieht genau in der Flexibilität die Risiken des neuen Modells: „Sozialstaatliche und Arbeitsrechtliche Errungenschaften und Regelungen finden bei Clickwork nur wenig Beachtung. Damit werden nahezu alle Risiken, seien sie gesundheitlicher, finanzieller oder biographischer Art, auf die Clickworker übertragen.“ Zudem handele es sich oft um Tätigkeiten, die hochgradig standardisiert seien, in hoher Taktung ausgeführt werden müssen sowie wenig Abwechslung böten. Die Tätigkeiten können so für die Clickworker nahezu Fließbandcharakter haben.

Ein weiteres Risiko sieht Papsdorf auch in der hohen Abhängigkeit der Clickworker von den Online-Plattformen. So haben die Klick-Arbeiter und -Arbeiterinnen nur wenig Mitspracherecht und unterliegen einem hohen Konkurrenzdruck.

Leichter Zugang zu globalem Arbeitsmarkt

Auch wenn Clickworking viele Risiken birgt – Papsdorf zeigt auch Vorteile des neuen Arbeitsmodells auf: „Clickworking ermöglicht einen niederschwelligen Zugang zu einem globalen, dynamischen Arbeitsmarkt. Clickworker können so erste Erfahrungen in neuen Feldern machen, Referenzen erwerben und Netzwerke aufbauen.“ Hinzu komme Flexibilität bei der Wahl von Arbeitsort und Arbeitszeit. Die offenen Ausschreibungen von Online-Plattformen sprechen laut Papsdorf eine große Menge an Arbeitnehmenden an, wodurch etwa auch gering oder unzureichend Qualifizierte ihre Chance auf dem Arbeitsmarkt bekämen.

Ein weiterer Vorteil von Clickworking: Für den Arbeitsmarkt böte sich die Möglichkeit, auch kleinteilige Tätigkeiten, die bisher kaum vermittelbar war, zu vermitteln.

Crowdwork – Ein Modell mit Zukunft?

„Soll Clickwork auch in der Zukunft ermöglicht werden, und zwar unter der Berücksichtigung geltender sozialpolitischer Regelungen, ist die Schaffung eines eigenständigen arbeitsrechtlichen Status für derart neue Online-Phänomene zu prüfen“, erklärt Papsdorf. „Die frappierende Machtsymmetrie zwischen den Plattformen und den Crowdworkern sowie die prekären Arbeitsverhältnisse stellen keine gute Ausgangsbasis für die Etablierung solcher Formen digitaler Arbeit dar. Auch um klassische Arbeitsverhältnisse zu schützen, sollten frühzeitig Regelungen gefunden werden, die eine Entwicklung innerhalb sozial akzeptabler Grenzen ermöglichen.“ Auch wenn die meisten Aufgaben des Crowdworkings in der Zukunft automatisiert werden, wird laut Papsdorf der Bedarf an digitalen, flexiblen und kleinteiligen Arbeitsleistungen am Arbeitsmarkt tendenziell steigen. Unterschiedliche Formen der Plattformökonomie wie Clickwork, Crowdwork und Sharing Economy würden damit klassische Formen des Wirtschaftens langfristig ergänzen.

Hintergrund: Click- und Crowdworking

Grundsätzlich kann jede volljährige Person Clickworker werden. Der einfachste Weg führt über die Anmeldung auf einer entsprechenden Online-Plattform. Diese vermitteln die Aufträge von Unternehmen. Alternativ kann direkt auf die Unternehmen zugegangen werden, um seine Arbeitskraft als Clickworker anzubieten.

Der durchschnittliche Verdienst eines Clickworkers beträgt laut der Studie „Crowd Worker in Deutschland: Eine empirische Studie zum Arbeitsumfeld auf externen Crowdsourcing-Plattformen“ der Hans-Böckler-Stiftung 144,- Euro im Monat bei knapp 30 Arbeitsstunden. Das entspricht einem durchschnittlichen Stundenlohn von 4,80 Euro. Der gesetzlich festgelegte Mindestlohn greift nicht, da die Arbeit als Clickworker unter die Selbstständigkeit fällt. Folglich müssen Clickworker auch keine Beiträge für die Renten-, Kranken- oder Sozialversicherung zahlen.

Wie viele Erwerbstätige als Crowdworker in Deutschland arbeiten, ist noch nicht bekannt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) untersucht das neue Arbeitsmodell und geht nach aktuellen Ergebnissen von circa einem Prozent der Erwerbstätigen, also 446.000 Personen, aus. Laut der Hans-Böckler-Stiftung sind über 40 Prozent Studierende, die diese Tätigkeit als Nebenverdienst nutzen.

Informationen erteilt Jun.-Prof. Dr. Christian Papsdorf, Juniorprofessur Techniksoziologie mit dem Schwerpunkt Internet und Neue Medien, Tel. 0371 - 531 30520, E-Mail christian.papsdorf@soziologie.tu-chemnitz.de

(Autorin: Nina Schreyer)

Matthias Fejes
23.02.2018

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