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Weltwende 1917 – Russland, Europa und die bolschewistische Revolution

Im Rückblick: Professur für Europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts veranstaltete internationale Expertentagung zum Jahrhundertjubiläum der bolschewistischen Machtergreifung in Russland

„Proletarier aller Länder vereinigt Euch!“ Dieses – aus dem Kommunistischen Manifest stammende – Zitat ziert in Chemnitz nicht nur die Gebäudefassade hinter der Büste seines Urhebers Karl Marx, sondern markiert zugleich eine wesentliche Intention sozialistischer Herrschaftsansprüche. Mit der Machteroberung der Bolschewisten im Oktober 1917 vollzog sich eine Weltwende, die nicht nur das Russische Zarenreich in eine sozialistische Ein-Parteien-Diktatur verwandelte, sondern auch ganz Europa fundamental veränderte. Anlässlich des 100. Jahrestages der bolschewistischen Revolution organisierte die Professur für Europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts (Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll) der Technischen Universität Chemnitz eine Konferenz in Verbindung mit der Akademie Herrnhut, mit der die Philosophische Fakultät der TU seit 2015 kooperiert.

Vom 16. bis 18. November 2017 diskutierten Historiker, Politikwissenschaftler, Philosophen, Literaturwissenschaftler, Musiktheoretiker und Ökonomen zum Thema „Weltwende 1917 – Russland, Europa und die bolschewistische Revolution“ im Tagungshaus der Akademie Herrnhut.  Neben dem Eröffnungsvortrag von Prof. Dr. Jörg Baberowski (Humboldt Universität Berlin) „Die bolschewistische Herausforderung – Russische Revolution und europäische Antworten“ war die Tagung in drei Sektionen gegliedert: Ideologische Grundlegungen und Vorläufer / Ideologie – Terror – Welterlösung / Aktuelle Perspektiven. Das Programm wurde durch eine Ausstellung über das Internierungslager Solowki begleitet, das als Vorläufer der sowjetischen Gulags auf das Maß an Gewalt, Grausamkeit und Brutalität verwies, welches im bolschewistischen System vorherrschte.

Kennzeichnend für das wissenschaftliche Renommee der Philosophischen Fakultät im Hinblick auf diese Forschungsthematik war die Repräsentanz der aus Chemnitz stammenden Referenten. Nicht nur der emeritierte Inhaber der Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte Prof. Dr. Alfons Söllner („Totalitarismus und Totalitarismustheorien“), sondern auch der amtierende Dekan Prof. Dr. Stefan Garsztecki („Polen und die bolschewistische Herausforderung“) leisteten entsprechende Tagungsbeiträge. Dr. Ellen Thümmler (Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte) sprach über „Frühe westliche Deutungen des Bolschewismus“, insbesondere über Waldemar Gurian, und Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll („Russland, Europa – und der Westen. Historische Entwicklungslinien und Perspektiven“) gab einen konzentrierten Überblick zur russisch-europäischen Beziehungsgeschichte und zu deren Stellenwert im aktuellen post-sowjetischen Selbstverständnis. Kroll amtiert seit 2016 als Stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft zur Erforschung des politischen Denkens, die – neben der Bundesstiftung Aufarbeitung und der Konrad-Adenauer-Stiftung – als weiterer Kooperationspartner der Konferenz firmierte.

Thematisch akzentuierte die auf russisch-europäische Wechselbeziehungen ausgerichtete Konferenz ein Forschungsprofil der Philosophischen Fakultät, das seit fast einem Jahrzehnt an den Instituten für Europäische Geschichte und Europäische Studien gepflegt wird. Beide Institute unterhalten Wissenschaftskontakte zur Staatlichen Russischen Universität Woronesh, soeben erschien als Band 19 der von Frank-Lothar Kroll und Matthias Niedobitek im Berliner Verlag Duncker & Humblot herausgegebenen „Chemnitzer Europastudien“ die Buchfassung der Dissertation von Irina Knyazeva „Europavorstellungen der Konservativen Revolution“. Frau Knyazeva, aus Woronesh stammend, verfasste ihre Doktorarbeit während ihres zweijährigen Gastaufenthalts in Chemnitz und wurde 2015 in Chemnitz promoviert. 

Auf der Herrnhuter Konferenz wurde der interkulturelle deutsch-russische Dialog durch Prof. Dr. Igor Narskij (Universität Tscheljabinsk) im Rahmen eines Vortrages zum aktuellen Umgang mit dem bolschewistischen Massenmord in Russland und Europa fortgesetzt. Jenseits der differenten Deutungen des Revolutionsgeschehens ragte bei alledem besonders ein prägendes Charakteristikum hervor: 1917 war eine Weltwende.

(Autorin: Antonia Sophia Podhraski)

Mario Steinebach
30.11.2017

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