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Vertreter einer gemäßigt modernen Baukunst

Als Absolvent der Königlichen Bauschule machte sich der gebürtige Chemnitzer Heinrich Straumer einen Namen als Architekt zahlreicher nationaler Bauwerke

„Kein künstlerischer Beruf ist so von Kampf erfüllt, wie der des Architekten“, schreibt Journalist Anton Jaumann 1915 in einem Artikel der „Architektonischen Rundschau“ und meint damit die Anstrengungen, welche die Bauherren unternehmen mussten, um zwischen künstlerischem Schaffenswillen und wirtschaftlichem Erfolgsstreben zu navigieren. „Nur sturmbewährte Kraft- und Kampfnaturen schlagen sich durch, finden den Weg zum Erfolg. Heinrich Straumer ist ein solcher Streiter von unerschöpflicher Kraft, von zähestem Arbeitsdrang“, hebt Jaumann schließlich einen Vertreter dieser Zunft hervor, dessen Werke nicht zuletzt in seiner Geburtsstadt bis heute bekannt und sichtbar sind.

Heinrich Straumer wurde als Sohn des Gymnasiallehrers und späteren Konrektors Prof. Dr. Friedrich Straumer 1876 in Chemnitz geboren. Hier schrieb er sich 1892 an der Königlichen Baugewerkenschule Chemnitz ein, die Teil eines staatlichen Schulverbandes war, aus dem später die Technische Universität Chemnitz hervorgehen sollte. Mit der Matrikelnummer 1777 lernte Straumer bis zu seinem Abschluss im Jahr 1896 sein Handwerk in diversen baurelevanten Disziplinen. Darunter waren neben Mathematik und Buchhalten auch Kurse zu Holz-, Stein- und Eisenkonstruktionen, der Geschichte der Baukunst sowie dem Feuerlöschwesen vorgesehen. Allein mit dem Entwerfen und Freihandzeichnen beschäftigten sich die Schüler in einem Semester rund 20 Stunden lang. In diesen Bereichen galt es als Anforderung, gegebene Skizzen zu vervollständigen, Entwürfe zu landwirtschaftlichen und gewerblichen Anlagen sowie zu bürgerlichen Wohnhäusern zu erstellen als auch die „Bildung des Auges und der Hand für [die] richtige Auffassung und Wiedergabe von Flach- und Reliefornamenten“ zu fördern.

Für seine weitere Ausbildung zog es Heinrich Straumer dann nach Dresden, wo er als Schüler des Architekten und Hochschullehrers Paul Wallot studierte. Im Jahr 1903 siedelte Straumer nach Berlin über und hinterließ in den Folgejahren in Form von mehreren Wohnhäusern, darunter mehr als zwei Dutzend Villen im Bezirk Frohnau, deutliche Spuren in den Berliner Vororten. So schrieb Anton Jaumann im Hinblick auf seinen zu Anfang schlichten Landhausstil: „Daß Straumer in einer Zeit nervösen Herumtastens mit Sicherheit den rechten Typ getroffen und schlichte, gesunde Werke geschaffen hat, während andere mit papierneren Experimenten nach neuen Effekten jagten, gibt seinen Landhäusern ihre Bedeutung.“ Als ein Vertreter der gemäßigten Moderne baute der Chemnitzer daneben verschiedene Geschäfts- und Kaufhäuser sowie technische Gebäude. Eines seiner Vorzeigeprojekte bleibt der Berliner Funktturm, der von 1924 bis 1926 auf dem Messegelände entstand. Doch auch in seiner Heimatstadt war Straumer architektonisch aktiv. Zeugnis davon ist das 1922 bis 1924 erbaute und mittlerweile restaurierte Gebäude der Dresdner Bank AG auf dem Beckerplatz (heute Johannisplatz).

Den Touristen der sächsischen Großstadt wird dazu noch ein anderes wichtiges Bauprojekt ins Auge gefallen sein. „Wer mit dem Ziel, die lieblichen Höhen und Täler des Erzgebirges oder die Quellen Karlsbads zu besuchen, bisher Chemnitz flüchtig berührte, erlebt jetzt eine Überraschung und verweilt wohl gern einen Tag oder mehr, wenn der Zufall ihn in den Märchenpalast geführt hat, der dort plötzlich aus der Erde gewachsen erscheint“, formuliert schon ein Schreiberling in einer Ausgabe des Magazins „Innendekoration“ von 1931 über den damals kaum ein Jahr alten Bau des Chemnitzer Hofs. Heute nur schwer aus dem Stadtzentrum wegzudenken, entstand das Hotel am Theaterplatz 1929 bis 1930 aus einem Entwurf des Chemnitzers. „Die Gestaltungsart Straumers gewinnt hier eine Neuartigkeit, die erkennen läßt, wie sein Schaffen den Zeitausdruck innerlich verarbeitet hat“, so das Magazin weiter. Für seine zahlreichen Verdienste erhielt Heinrich Straumer 1928 die Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Dresden. Auch war er Mitglied im Deutschen Werkbund und Mitbegründer des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Der im Jahr 1937 in Berlin verstorbene Architekt hinterlässt allein 49 unter Denkmalschutz stehende Bauwerke. Anton Jaumann befindet nicht umsonst in einem Artikel von 1915: „Straumers Häuser sind voll solcher Erinnerungen, sie entleihen ihre Schönheiten und Stimmungsmomente alten deutschen Häusern verschiedenster Gaue. Und trotzdem ist ein frischer jugendlicher Zug in ihnen, der sie auf eine ganz besondere Weise modern macht.“ Worte, wie sie in Bezug auf das Gesamtwerk des Sohns der Stadt Chemnitz sicher noch heute Gültigkeit besitzen.

(Autor: Andy Schäfer)

Mario Steinebach
28.06.2016

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