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Chemnitz als Sprungbrett nach Europa

48 Chinesen studieren seit Wintersemester 2010/2011 an der TU Chemnitz - Zu ihnen gehört auch Qingmei Zhang

  • Die 21-jährige Qingmei Zhang aus China studiert seit Oktober an der TU Chemnitz Wirtschaftsingenieurwesen und kämpft sich derzeit auch durch den Schnee. Foto: Andreas Seidel

"Irgendwann möchte ein chinesisches Mädchen vor die Tür treten und die Welt kennenlernen", sagt die zierliche Qingmei Zhang. Mit diesen Worten bündelt die 21-Jährige all das Charisma, das in ihr steckt. Qingmei ist leidenschaftliche Weltenbummlerin. Ihr derzeitiger Wohnsitz: Chemnitz. Sie studiert an der TU Wirtschaftsingenieurwesen. Für die nächsten drei Jahre will die junge Frau aus China von Chemnitz aus Europa erkunden. Mit 18 Jahren entschloss sich Qingmei in ihrer Heimat für ein Germanistikstudium.

In der Cafeteria auf dem TU-Campus erzählt sie von ihrem Interesse an Sprachen, von einem qualitativen Rundumcharakter, den die Chinesen an Deutschland schätzen, und von einem Bauchgefühl, das sie hatte. Ein Bauchgefühl, das ihr sagte: Deutsch als Fremdsprache sei die beste Wahl. Für Qingmei war der von ihrer Universität obligatorische einjährige Auslandsaufenthalt allerdings nicht genug: "In einem Jahr kann man doch nicht viel vom Land und der Sprache erfahren. Deshalb brach ich mein Studium ab und ging mit einer chinesischen Organisation nach Deutschland." So selbstverständlich wie der Schlussstrich unter ihrem Germanistikstudium erschien Qingmei auch die Zustimmung von ihren Eltern, zwei mittelständischen chinesischen Fabrikbesitzern. "Ich sagte ihnen: Ihr müsst an mich glauben", und mit diesem Satz flog sie ins zwölf Flugstunden entfernte Deutschland.

Im März 2010 kam die 21-Jährige nach Chemnitz. "Im Internet informierte ich mich vor meiner Ankunft über die Stadt. Ich erinnere mich an die Schlagwörter: ruhig, ostdeutsch, wenige Einwohner, freundliche Professoren". Qingmei schmunzelt. "Dieses Bild hat sich bis heute nicht geändert. Ich mag das ruhige Leben hier." Die Studentin ist an ein viel hektischeres Leben gewohnt. Sie kommt aus der Industriestadt Yongkang in der südöstlichen Provinz Zhejiang. Yongkang - das ist für chinesische Verhältnisse eine Kleinstadt, nach deutschem Raummaß aber vergleichbar mit einer Großstadt wie Leipzig.

"Das Studium ist nicht einfach. Dennoch bin ich zufrieden. Das Wichtigste ist doch, Freunde zu haben", sagt Qingmei. Zu diesen zählt die Studentin die drei Landsleute aus ihrem Studiengang. Mit Deutschen in Kontakt zu treten, ist etwas schwieriger. "Das ist ja ein allgemeines Problem, Freunde zu finden", fasst Qingmei zusammen. "Zudem erschweren ein neuer Ort, Sprache und Kultur die Suche."

Um Orientierung zu bekommen, hat sich die 21-Jährige beim so genannten Patenprogramm der TU angemeldet. Eine studentische Initiative, in der sich deutsche Studierende um ausländische Neuankömmlinge kümmern - und das ganz ehrenamtlich. Daneben nimmt Qingmei am Gastfreundschaftsprogramm "Welcome to Chemnitz" teil. Hier treffen sich vor allem deutsche Gastfamilien mit ausländischen Studierenden.

In ihrer Freizeit spielt Qingmei gerne Billard oder kocht zusammen mit ihren Freunden chinesisches Essen. "Wir sind auch schon in Chemnitz Chinesisch essen gegangen, doch das schmeckt hier nicht wie in China. Das, was als Chinesisch angeboten wird, entspricht eher dem Vietnamesischen." Was das deutsche Essen betrifft, überlegt Qingmei einen kurzen Moment, bis ihr schließlich einfällt: "Vergangenes Jahr zu Weihnachten war ich bei einer deutschen Familie. Dort gab es Sauerkraut mit Schweinebraten. Das war gut."

Es gibt etwas, das die junge Studentin als eine Pflichtaufgabe empfindet. Schon vor ihrer Ankunft in Chemnitz hatte Qingmei Pläne geschmiedet: Sie will so viel wie möglich von Europa sehen. Bisher war sie bereits in Dresden, Leipzig, Quedlinburg, Berlin, Potsdam, Magdeburg, Thale und München. Außerhalb Deutschlands besuchte Qingmei Salzburg und Prag. Ihr bisher schönstes Erlebnis hatte die 21-Jährige in Berchtesgaden am Königssee. Qingmei schwelgt in Erinnerungen: "In Berchtesgaden wohnte ich in einer Pension auf 650 Meter Höhe. Um Bus oder Bahn zu nehmen, musste ich jeden Morgen den Berg hinunterlaufen. Das war eine herrliche Aussicht und manchmal traf ich sogar Wanderer."

Zum Weltenbummeln nutzt Qingmei die Semesterferien. Finanziert von ihren Eltern oder durch Nebenjobs, wie Übersetzungsarbeiten, reist die Studentin gerne alleine: "So muss ich keine Kompromisse machen. Das Erkunden von neuen Orten braucht Zeit. Ich möchte es genießen und bei mehreren Personen käme es da oftmals zu Konflikten." Immer mit dabei: eine Landkarte, ein Notizbuch mit Bleistift, ein Fotoapparat, ein Becher und eine Zahnbürste.

Was sie gerne mit ihren vielen Reisen verbindet: Postkarten schreiben an ihre Freunde und Familie in China sowie in Deutschland. Vielleicht macht sie das, weil sie auch selbst gerne Postkarten empfängt. Bald hat Qingmei so viele Karten zusammen, dass sie ihre kahle Wand im Wohnheim damit "einkleiden" kann.

"Raus aus dem Alltagsstress, etwas Neues sehen, Menschen kennenlernen und manchmal Meinungen austauschen. So etwas macht nicht dumm, wie wenn man nur im Zimmer sitzt." Es gebe so viele interessante Dinge zu entdecken, da sollte man sich nicht an Kleinigkeiten festbeißen. Man muss immer weitergehen. Neben ihrer Europareise möchte Qingmei den deutschen Führerschein machen, damit sie sich dann ein Auto mieten kann - zum Verreisen.

(Quelle: Freie Presse, Autorin: Victoria Graul, Studentin des Studienganges "Europäische Integration - Schwerpunkt Ostmitteleuropa" an der TU Chemnitz)

Mario Steinebach
04.01.2011

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