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Für noch mehr Präzision beim elektrochemischen Abtragen

In einem Forschungsprojekt an der TU Chemnitz soll mittels Magnetfeldüberlagerung das hochgenaue Metallbearbeitungsverfahren PECM präziser werden

Die Professuren Mikrofertigungstechnik und Technische Thermodynamik der Technischen Universität Chemnitz wollen in dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt „Gekoppelte multiphysikalische Simulationsmethoden zur Beherrschung des PECM-Prozesses mit Magnetic-Field-Assistance (MPECM)“ in der elektrochemischen Metallbearbeitung einen weiteren Qualitätsschub erreichen.

Zum Hintergrund: Die Präzise Elektrochemische Metallbearbeitung (PECM) ist ein Verfahren, bei dem nahezu kein Werkzeugverschleiß stattfindet und deshalb mit nur einem Werkzeug große Serien mit exakt derselben Präzision produziert werden können. Das Verfahren ähnelt dem Erodieren: Mithilfe eines Werkzeugs als Kathode, eines Werkstück-Rohlings als Anode, einer zwischen diesen beiden angelegten Spannung sowie des Einsatzes eines elektrisch leitfähigen Elektrolyts, der durch den Spalt zwischen Werkzeug und Werkstück fließt, erfolgt ein gezielter berührungsloser Materialabtrag. Bei der PECM muss dieser Spalt im Mikrometerbereich – also extrem klein – gehalten werden, um eine gute Abbildungstreue zu erreichen. Die Chemnitzer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen nun prozesswirksame Magnetfelder bei der PECM sowie die damit verknüpfte Simulation der Elektrolytströmung und der Vorgänge im Abtragbereich genauer untersuchen und vorteilhaft im Sinne einer noch höheren Präzision nutzen.

„Wir arbeiten an unserer Fakultät für Maschinenbau schon seit mehreren Jahren intensiv an der Erforschung und Anwendung elektrochemischer Bearbeitungsverfahren für hochfeste und komplex geformte Bauteile, wie beispielsweise Werkzeuge für die Ur- und Umformtechnik. Derartige Werkzeuge kommen u. a. in der Serienfertigung von Schrauben und anderen Normteilen zum Einsatz. Durch die Kooperation im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms FLUSIMPRO ergeben sich nun neue Möglichkeiten der wissenschaftlichen Durchdringung des PECM-Prozesses, bei der die Zusammenarbeit mit der Professur Technische Thermodynamik zu neuen Sichten auf die Interaktion elektrischer, chemischer und magnetischer Wirkungsweisen beitragen wird“, ist sich Prof. Dr. Andreas Schubert, Projektleiter und Inhaber der Professur Mikrofertigungstechnik, bereits jetzt sicher. Prof. Dr. Markus Richter, ebenfalls Projektleiter und Inhaber der Professur Technische Thermodynamik fügt hinzu: „Wir freuen uns sehr, dass wir in diesem grundlagenorientierten Forschungsvorhaben die Thermodynamik gewinnbringend mit der Mikrofertigungstechnik verknüpfen können. Die Betrachtung des Wärme- und Stofftransportes im neuen MPECM-Prozess in Experiment und Simulation ist eine wissenschaftliche Aufgabenstellung, mit der wir gemeinsam die Produktionstechnik ein Stück weit voranbringen können.“

„Da Magnetfelder die Bedingungen während der Materialbearbeitung im PECM-Prozess grundlegend verändern, werden zukünftig gänzlich neue Möglichkeiten im Bereich der Oberflächenfunktionalisierung denkbar“, schätzt Dr. Philipp Steinert, Projektkoordinator und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Mikrofertigungstechnik, ein. Mit Blick in die Zukunft fügt er hinzu: „Mit den Ergebnissen des Projekts wird ein neuer Parameter für die Gestaltung elektrochemischer Prozesse sowie für die prozessintegrierte Einstellung von Bauteil-Oberflächeneigenschaften zur Verfügung stehen.“

Mit dem elektrochemischen Abtragprozess PECM lassen sich bereits heute komplexe Geometrien in hochfesten Werkstoffen herstellen. „Die größten Herausforderungen liegen jedoch in der anforderungsgerechten Lokalisierung des Abtrags bei gleichzeitig hoher angestrebter Abtragrate“, erläutert Schubert. Erste Untersuchungen zur magnetfeld­überlagerten, elektrochemischen Bearbeitung würden bereits eine signifikante Beeinflussung des Ladungs-, Wärme- und Stofftransports im Bereich der Prozesszone zeigen. „Eine gezielte Nutzung dieses Effekts soll zukünftig die Grenzen des PECM in Richtung einer gezielten, lokalen Beeinflussung der Bauteil-Oberflächeneigenschaften, höherer Abtragraten und eines umfangreicheren Materialspektrums erweitern“, so Richter.

Neben der experimentellen Erforschung des neuen Prozesses MPECM liegt der Schwerpunkt des Chemnitzer Forschungsprojekts vor allem in der simulationsbasierten Abbildung der in der Prozesszone wirksamen, physikalisch-chemischen Mechanismen und Vorgänge. „Neue Simulationsmethoden werden hierbei perspektivisch eine zielgenaue Bestimmung der Prozessparameter bzw. -bedingungen sowie optimierte Werkzeug-Geometrien ermöglichen“, sagt Richter.

Das Chemnitzer Forschungsprojekt startete am 1. Juni 2020 in dem von der DFG geförderten Schwerpunktprogramm SPP 2231 (FLUSIMPRO). Es wird in der ersten von drei Phasen mit etwa 447.000 Euro für zwei Jahre gefördert.

Weitere Informationen erteilt Dr. Philipp Steinert, Telefon +49 (0)371 531-39573, E-Mail philipp.steinert@mb.tu-chemnitz.de.

Mario Steinebach
21.09.2020

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