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Finanzkrise in Portugal

Die europäische Finanzkrise ist mittlerweile aus dem Fokus der deutschen Medien verschwunden - Eine Exkursion nach Portugal hat Studierende der TU Chemnitz für dieses Thema sensibilisiert

Vom 20. bis 26. März 2017 unternahmen 16 Chemnitzer Studierende des Bachelorstudienganges Europa-Studien und des Masterstudienganges Europäische Integration eine Exkursion nach Portugal. Unter Leitung von Thomas Weißmann, wisssenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Kultureller und Sozialer Wandel, ermöglichte eine Rundreise durch das krisengeschüttelte Land den Studierenden praktische Erfahrungen europäischer Krisen- und Finanzpolitik. Das offizielle Programm startete am Morgen des 21. März in Lissabon mit einem Impulsvortrag des Historikers Dr. Ricardo Noronha (Universidade Nova de Lisboa). Er brachte die aktuelle Krise des Landes in den historischen Kontext und ging dabei auch auf die Interventionen des Internationalen Währungsfonds 1977 und 1983 in Portugal ein. Danach stand ein Spaziergang zum Praça do Comércio auf dem Programm. Dort bekamen die Chemnitzer einen Einblick in die Ereignisse des 25.April 1974, als an diesem Platz die Nelkenrevolution und der demokratische Neuanfang Portugals ihren Lauf nahmen.

Nachmittags wurde mit dem Zug die Kleinstadt Aveiro südlich der Metropole Porto erreicht. In Kooperation mit dem örtlichen Lektor des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, Sebastian Knoth, kam es zu einem ersten Aufeinandertreffen mit einigen portugiesischen Germanistik-Studierenden. Ebenso wurde eine lokale Süßigkeiten-Manufaktur besichtigt. Dort führten die Studierenden die Produktion einer regionalen Spezialität („Ovos Moles“) unter fachkundiger Anleitung selbst durch. 

Am Folgetag ging es weiter nordwärts nach Porto. Nachmittags erkundete die Gruppe das historische Zentrum Portos in Eigenregie. Donnerstags lernten die Studierenden Porto dann von einer anderen, unbekannteren Seite kennen. Unter der Leitung von Gui Castro Felga besuchten die Studierenden Orte abseits bekannter Touristenpfade. Es wurden die Folgen der Krise am Wohnungsmarkt aufgezeigt, beispielsweise thematisierte Castro Felga fehlgeleitete EU-Investitionen in der Hotel-Branche. Ein Highlight der Führung war ein früheres Einkaufszentrum, das über 300 Musikgruppen zu einem Begegnungszentrum umfunktioniert haben. 

Am 24. März ging es mit dem Bus in das nahe gelegene São João da Madeira. Hier nahm die Chemnitzer Gruppe gemeinsam mit den Studierenden aus Aveiro an verschiedenen Fabrikbesichtigungen teil. Besonders der laxe Umgang mit dem Arbeitsschutz in einer Bleistiftfabrik sorgte für rege Diskussionen mit dem Geschäftsführer. Der anschließende Besuch eines Hutmuseums und einer Fabrik für Stoffverarbeitung gab weiteren Einblick in die Funktionsweise der portugiesischen Industrie, die vor allem auf Fertigung spezialisiert ist und dabei vom niedrigen Mindestlohn profitiert. 

Zum Abschluss der Exkursion fuhren die Studierenden zurück nach Lissabon. Hier besuchte die Delegation ein auf dem Höhepunkt der Krise entstandenes Begegnungszentrum im Stadtteil Anjos. In der durch Spendengelder finanzierten Bibliothek wurde eine Plakatausstellung zu sozialem Protest in Portugal in Augenschein genommen. Ein abschließender Stadtrundgang mit DAAD-Sprachassistent Conrad Schwarzrock (Universidade de Lisboa) legte den Fokus auch auf den anhaltenden Tourismusboom in der portugiesischen Hauptstadt. Der Tourismus erweist sich derzeit als krisenresitent, birgt aber gleichzeitig Gefahren wie die Verdrängung von Geringverdienern aus dem Stadtzentrum.

Thomas Weißmann zu den Exkursionszielen: „Den Studierenden wurde gezeigt, dass die Finanzkrise in Portugal bei weitem noch nicht überstanden ist und auch tiefere Ursachen jenseits der aktuellen EU-Krisenpolitik aufweist.“ Die teilweise sehr anregenden Diskussionen innerhalb der Gruppe und die vielen Fragen an die ortskundigen Wegbegleiter während der Reise dienten als erster Schritt für eine weitere Auseinandersetzung mit der Finanzkrise aus südeuropäischer Perspektive.

Weitere Informationen erteilt Thomas Weißmann, Telefon 0371 531-34343, Mail thomas.weissmann@phil.tu-chemnitz.de.

(Autoren: Rob Wessel und Thomas Weißmann)

Mario Steinebach
29.03.2017

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