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Mikrolautsprecher mit hohem Marktpotenzial

Erfolgreiche Zusammenarbeit Chemnitzer Forscher mit der japanischen Tohoku University ermöglicht Entwicklung neuer mikroelektromechanischer Systeme

Seit 2006 arbeiten das Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme ENAS und das Zentrum für Mikrotechnologien (ZfM) der Technischen Universität Chemnitz erfolgreich mit der Tohoku University Sendai zusammen. Die Tohoku University in der Millionenstadt Sendai gehört zu den neun in Japan ausgewählten „World Premier International Research Centers“ (kurz: WPI). Das WPI ist ein Projekt ähnlich dem deutschen Exzellenzuniversitäten-Programm und wird durch das japanische Ministerium für Bildung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie gefördert.

Das im Oktober 2007 gestartete „World Premier International Research Center Initiative – Advanced Institute for Materials Research“ (WPI-AIMR) in Sendai spezialisiert sich auf die fakultätsübergreifende Entwicklung neuer Materialien und Funktionsprinzipien. Prof. Dr. Thomas Geßner, Direktor des ZfM und Leiter des Fraunhofer ENAS, ist Principal Investigator im WPI-AIMR der Tohoku University. Seine WPI-Forschergruppe arbeitet auf dem Gebiet NEMS/MEMS (nano- und mikroelektromechanische Systeme) und Mikro- und Nanotechnologien im Shuji Tanaka-lab, dem früheren Esashi-lab.

„Prof. Esashi praktiziert seit über 20 Jahren die Philosophie des offenen Labors, d.h. Entwicklungsingenieure aus der Industrie entwickeln unter Nutzung des Forschungsequipments neue Technologien und neue Komponenten sowie Systeme. Aus dieser Herangehensweise resultiert nicht nur ein tiefes Verständnis der Erfordernisse der Industrie. Die in seinem Labor ausgebildeten Studenten und wissenschaftlichen Mitarbeiter verinnerlichen diese Philosophie und versuchen neue innovative Materialien und Technologien in neue zukunftsweisende Komponenten und Systeme umzusetzen.“, erklärt Prof. Geßner. „ So haben wir auch gemeinsam Mikrosysteme aus metallischem Glas entwickelt.“

Jüngstes Beispiel: Mikrolautsprecher mit Membran aus metallischem Glas

Ein Schwerpunkt der Zusammenarbeit ist die Forschung zum metallischen Glas. Hier kann die Tohoku University bereits eine mehr als 20-jährige, international hervorragende Vorlaufforschung aufweisen. In der Geßner-Group im Rahmen des WPI wurden darauf aufbauend erste Mikrosysteme entwickelt. Jüngstes Beispiel ist ein Mikrolautsprecher mit Membran aus metallischem Glas, der mit MEMS-Siliziumtechnologien hergestellt wird. Erstmal präsentiert haben ihn die deutschen und japanischen Wissenschaftler auf der Messe „nano micro biz“ in Yokohama, Japan, vom 22. bis 24. April 2015. Miniaturisierte Lautsprecher sind heutzutage in allen mobilen Endgeräten wie Smartphones, Tablets und Laptops zu finden. Dieser Markt benötigt Schätzungen zu Folge etwa eine Milliarde Mikrolautsprecher pro Jahr mit weiterhin steigender Tendenz.

Analysten wie ISupply und Yole Developpément prognostizieren in ihren Markstudien, dass in den nächsten Jahren im Akustikbereich verstärkt Entwicklungen von Lautsprechern zu erwarten sind. Jedoch sind derartige siliziumbasierte Lautsprecher noch nicht auf dem Markt, sondern in Entwicklung. Basismaterial für die Komponente ist Silizium. Als Membran des MEMS-Lautsprechers kommt eine dünne Schicht aus metallischem Glas zum Einsatz. Dieses Material besitzt auf Grund seiner amorphen Mikrostruktur herausragende mechanische Eigenschaften im Vergleich zu kristallinen Werkstoffen. In der Fertigung der Komponente werden Standardprozesse der Mikrotechnologie genutzt. In Verbindung mit dispensierter Magnetpaste und einer Mikrospule wurde ein elektrodynamischer Aktor aufgebaut. Für die Prozessierung der Spule wird die am ZfM entwickelte Kupfertechnologie eingesetzt. Die Fertigung der Lautsprecher auf Siliziumwafern bringt markante Vorteile wie eine höhere Genauigkeit und Reproduzierbarkeit sowie kostengünstigere Herstellungs- und Packagingprozesse mit sich.

Hintgergrundinformationen:

Geßner-Group im WPI-AIMR: Prof. Dr. Thomas Geßner arbeitet seit 2007 im Rahmen des WPI- AIMR der Tohoku University als Principal Investigator. Er wurde eingeladen, eine Forschungsgruppe im Bereich der "NEMS/MEMS devices and micro/nano manufacturing technologies" an der Tohoku-University im Esashi-lab zu etablieren. Die Forschergruppe von Prof. Geßner an der Tohoku University besteht aus drei Mitarbeitern und einem Austauschstudenten der TU Chemnitz. Sie konzentriert sich auf die Verbindungstechnik des Bondens mittels Nanostrukturen und metallischem Glas sowie auf mikro-elektro-mechanische Systeme (MEMS) mit neuen funktionalen Materialien. Die Forscher untersuchten zum Beispiel Einsatzmöglichkeiten von metallischem Glas in Mikrosystemen.

Die Fraunhofer-Gesellschaft schloss in den Jahren 2005, 2010 und 2013 einen Kooperationsvertrag mit der Stadt Sendai. Um die Zusammenarbeit des Fraunhofer ENAS und WPI-AIMR der Tohoku University zu stärken, wurde eine Forschungs-und Entwicklungsabteilung an der Tohoku University eingerichtet, welche die gemeinsame strategische Forschung unterstützt. Das Fraunhofer Projekt Center "NEMS/MEMS Devices and Manufacturing Technologies" an der Tohoku-University läuft seit 1. April 2012. Es wird von Prof. Dr. Masayoshi Esashi und Prof. Dr. Thomas Geßner gemeinsam mit Prof. Dr. Shuji Tanaka geleitet.

NEMS/MEMS: Nano- und mikroelektromechanische Systeme (NEMS/MEMS) sind miniaturisierte Systeme, die verschiedene Funktionen auf kleinstem Raum integrieren. MEMS verfügen über Abmessungen im Mikrometerbereich (ein Mikrometer ist ein Tausendstel Millimeter). NEMS sind noch kleiner, ihre Abmessungen liegen im Nanometerbereich (ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter). In vielen Anwendungen und Geräten haben intelligente Funktionen, die auf Mikrosystemtechnik basieren, Einzug gehalten. Handys enthalten beispielsweise Kameras, Spielkonsolen oder persönliche digitale Assistenten. Autos werden intelligenter über Selbstkontrollfunktionen und adaptive Sicherheitssysteme. Minimal-invasive Therapien sind ohne Mikrosysteme und deren sensorischer Funktion, Signalverarbeitung und Aktoren nicht mehr vorstellbar. Das Konzept des intelligenten Hauses und das sogenannte „Ambient Assisted Living“ bringen intelligente Sensoren, Aktoren und Steuereinheiten sowie Notfallsysteme in den Alltag.

Metallisches Glas: Amorphe Metalle oder metallische Gläser sind Metall- oder Metall-und-Nichtmetall-Legierungen. Sie besitzen auf atomarer Ebene keine kristalline, sondern eine amorphe Struktur und weisen trotzdem metallische Leitfähigkeit auf. In einer kristallinen Struktur sind die Atome sehr regelmäßig angeordnet, in einer amorphen fehlt diese Ordnung, die Atome bilden unregelmäßige Muster. Die für Metalle sehr ungewöhnliche amorphe Atomanordnung hat eine einzigartige Kombination physikalischer Eigenschaften zur Folge: Metallische Gläser sind im Allgemeinen härter, korrosionsbeständiger und fester als gewöhnliche Metalle.

Kontakt: Dr. Martina Vogel, Telefon 0371 45001-203, E-Mail martina.vogel@enas.fraunhofer.de, www.enas.fraunhofer.de, www.zfm.tu-chemnitz.de

Ein TV-Beitrag von SACHSEN FERNSEHEN ist im YouTube-Kanal der TU Chemnitz zu sehen.

(Autoren: Dr. Martina Vogel und Felix Gabler, Fraunhofer ENAS)

Mario Steinebach
04.05.2015

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