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Chemnitz - Stadt der Wissenschaftler

Studierende der Soziologie der TU Chemnitz haben in einem Lehrforschungsprojekt ihre Studienstadt als Arbeits- und Wohnort von Wissenschaftlern untersucht - Abschlusskonferenz am 19. April 2011

Die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie in der Wissenschaft, Aktionsräume sowie Arbeitsbedingungen von Wissenschaftlern und die Biographien ehemaliger Unimitarbeiter haben Masterstudenten der Soziologie in einem Lehrforschungsprojekt unter die Lupe genommen. "Teil der Masterausbildung Soziologie ist es, mit professionell durchgeführten, praxisnahen Lehrforschungen die Forschungskompetenzen der Studierenden zu entwickeln", erklärt Prof. Dr. Christine Weiske, Inhaberin der Professur Soziologie des Raumes, die das Projekt gemeinsam mit Prof. Dr. G. Günter Voß, Inhaber der Professur Industrie- und Techniksoziologie, betreut. Die elf Studierenden haben zu den Forschungsthemen Befragungen unter aktuellen und ehemaligen Wissenschaftlichen Mitarbeitern der TU durchgeführt. "Alle vier Projektteams haben im kleinen Rahmen, aber methodisch in jeder Hinsicht ausgesprochen kompetent, über mehr als ein Jahr auf Basis von Verfahren der qualitativen Sozialforschung gearbeitet. Dabei haben sie vor allem durch Intensivinterviews, Beobachtungen und Expertengespräche Studien zu Teilthemen durchgeführt und dabei vielfältige interessante und in jeder Hinsicht plausible Befunde generiert", schätzt Voß ein. Der Umfang der Teilprojekte mit jeweils rund zehn Befragten sei eine für qualitative Verfahren durchaus übliche Größenordnung.

Mit dem Thema "Prekarität in der Wissenschaft - Arbeiten und Leben von Wissenschaftlern in der ersten Phase der wissenschaftlichen Laufbahn an der TU Chemnitz" beschäftigte sich eine Projektgruppe. Untersucht haben die Studierenden die Arbeits- und Lebenssituation von Promovierenden. Festgestellt haben sie eine Differenz zwischen der objektiven und der subjektiven Sicht auf die Lebenssituation der jungen Wissenschaftler. Zentrale Belastungsmomente für die Promovierenden sind eine hohe Arbeitsbelastung und eine blockierte Lebensplanung. Dennoch würden alle neun Befragten ihren Weg noch einmal so gehen.

Eine zweite Projektgruppe arbeitete zum Thema "Vereinbarkeit von Arbeit und Familie bei jungen Doktoranden in Chemnitz". Sie befragte zehn Doktoranden aus verschiedenen Fakultäten und sieben Expertinnen. Die Mehrheit der Teilnehmer favorisiert es, in der Wissenschaft zu bleiben und plant eine weitere Vergrößerung der Familie. Um das Spagat zwischen Familie, Arbeit und Promotion zu bewältigen, sind private und öffentliche Netzwerke von höchster Bedeutung, so eine Feststellung der Soziologie-Studenten, die außerdem einen Unterschied zwischen Männern und Frauen bemerkten: Frauen sind demnach eher dazu bereit, zum Wohle der Familie auf Hobbys oder Zusatzaufgaben am Arbeitsplatz zu verzichten. Als weiteres Ergebnis ihrer Untersuchung halten die Studierenden fest, dass entgegen der weitläufigen wissenschaftlichen Literatur die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie in der Wissenschaft und speziell an der TU Chemnitz gut handhabbar ist - sogar unter den erschwerten Bedingungen einer Promotion.

Die Projektgruppe "Biographien ehemaliger Wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Hochschule" führte neun leitfadengestützte Interviews. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Probanden mit dem Ausstieg aus der Wissenschaft unterschiedlich umgehen, je nachdem, wie lange sie dort beschäftigt waren und ob sie die Ausstiegs-Entscheidung selbst getroffen haben oder als aufgezwungen wahrnehmen. Vermehrte Diskontinuitäten von Erwerbsverläufen seien deshalb für die Wissenschaft durchaus typisch - allerdings nicht nur dort. Die Mehrheit der insgesamt neun befragten Probanden empfand kurze Befristungen ihrer Verträge sowie hohe Arbeitsbelastung bei materieller Unsicherheit als unerträglich - vor allem für die Familienplanung.

Die vierte Projektgruppe widmete sich dem Thema "Aktionsräume von Wissenschaftlern - eine qualitative Untersuchung an der TU Chemnitz", wozu die Studierenden zehn Interviews mit Wissenschaftlichen Mitarbeitern führten. Sie untersuchten den Alltag hinsichtlich dessen räumlicher Verortung und leiteten daraus Herausforderungen für die Stadt Chemnitz und für die Technische Universität als Arbeitgeber ab: So sollten sich beispielsweise alle Akteure der Stadt der Relevanz der Universität für die zukünftige Stadtentwicklung stärker bewusst werden. Außerdem betonen die Studierenden, dass es wichtig wäre, Räume der Kreativität und Kommunikation zu schaffen sowie Schnittpunkte zwischen Wissenschaftlern und der Stadtgesellschaft zu erzeugen.

"Das Thema des Projektes steht im Zusammenhang mit den Aktivitäten der TU und der Stadt Chemnitz, den Wissenschaftsstandort Chemnitz zu stärken und seine Attraktivität für Studierende und junge Wissenschaftler zu steigern", erklärt Prof. Voß. "Die Ergebnisse beziehen sich vor allem auf die Besonderheiten, Chancen und Risiken der Lebensführungen junger Wissenschaftler in den Anfangsjahren der Karrieren. Dies wird unter anderem vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der speziellen Situation in der Stadt Chemnitz interpretiert", sagt Prof. Weiske und ergänzt: "Daraus können wichtige Folgerungen für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses gewonnen werden, etwa bei Wissenschaftlern mit Familie."

Die Studierenden präsentieren auf einer Abschlusskonferenz am 19. April 2011 von 15 bis 20 Uhr im Veranstaltungszentrum "Altes Heizhaus" (Straße der Nationen 62, Innenhof) die Forschungsergebnisse und diskutieren mit den Gästen über diese und die "Stadt der Wissenschaftler".

Kontakt: E-Mail StadtderWissenschaftler@tu-chemnitz.de

Katharina Thehos
18.04.2011

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