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"Mein Ziel ist es, dass zukünftig in Chemnitz eigene Roboter entwickelt und gebaut werden"

Elf Fragen an Prof. Dr. Ulrike Thomas, die seit April 2015 Inhaberin der Professur Robotik und Mensch-Technik-Interaktion ist

Prof. Dr. Ulrike Thomas ist seit drei Jahren Inhaberin der Professur Robotik und Mensch-Technik-Interaktion. In elf Antworten gibt sie den Lesern von „Uni aktuell“ Einblicke in ihren Werdegang, ihre Ziele und ihre Zeit in Chemnitz.

Was versteht man eigentlich unter ihrem Fachgebiet Robotik und Mensch-Technik-Interaktion?

Es gibt nach den VDI-Richtlinien eine recht alte Definition für Roboter. Danach sind Industrieroboter universell einsetzbare Bewegungsautomaten mit mehreren Achsen, deren Bewegungen hinsichtlich Bewegungsfolge und Wegen bzw. Winkeln frei programmierbar und gegebenenfalls sensorgeführt sind. Sie sind mit Greifern, Werkzeugen oder anderen Fertigungsmitteln ausrüstbar und können Handhabungs- oder Fertigungsaufgaben ausführen. Diese Definition halte ich für sehr eng. Durch folgende modernere Variante lässt sich die Robotik besser beschreiben. Danach ist die Robotik eine intelligente Verknüpfung zwischen Wahrnehmung und Aktion. Diese Definition trifft es besser und zeigt, wie weit das Arbeitsgebiet der Robotik gefasst ist. Wir beschäftigen uns mit dem Design, der Regelung und der Programmierung neuer Roboter. Die intelligente Verknüpfung der Wahrnehmung durch Sensoren mit der Bewegung des Roboters ist unser Ziel. Die Systeme können dabei in der Produktion, im Service-Bereich, in der Pflege, zur Telemanipulation und sicher noch für vieles mehr eingesetzt werden. Der Begriff Mensch-Technik-Interaktion befasst sich mit der Ergonomie von Mensch-Maschine-Schnittstellen, aber auch mit der Auswirkung dieser Systeme auf den Menschen sowie mit neuen Interaktionsmethoden. Insbesondere der Mensch-Roboter-Interaktion kommt in Zukunft eine große Bedeutung zu. Dabei geht es um sichere aber auch einfach zu bedienende Roboter, weil diese in unseren Alltag einziehen werden.

Die TU Chemnitz ist für mich als Professorin die richtige Wahl, weil…

die Universität über eine starke Elektrotechnik, einen sehr guten Maschinenbau, sehr gute Informatik und hervorragende Mathematik verfügt. All das sind Fächer, die für die Entwicklung von Robotern der neuen Generation sehr wichtig sind.

Stellen Sie uns kurz Ihre akademische Laufbahn vor.

Zunächst studierte ich Informatik mit Nebenfach Mathematik bis zum Vordiplom an der TU Braunschweig. Anschließend folgte ein einjähriger Auslandsaufenthalt an der University of Edinburgh in Schottland. Danach kehrte ich nach Braunschweig zurück, um mein Studium in Informatik abzuschließen. Direkt danach wurde ich wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Robotik und Prozessinformatik unter der damaligen Leitung meines späteren Doktorvaters Professor Friedrich Wahl. Bei ihm hatte ich bereits meine Diplomarbeit angefertigt. Es folgte die Promotion im Jahr 2008. Daraufhin wechselte ich zunächst an das Institut für Fernerkundung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und 2009 an das Institut für Robotik und Mechatronik. Beide befinden sich in Oberpfaffenhofen bei München. Dort bearbeitete ich mehrere Industrie- und EU-Projekte und baute eine Gruppe für flexible Produktionsrobotik auf. Es folgten kürzere Auslandsaufenthalte in den USA und in Schweden. Seit 1. April 2015 bin ich nun in Chemnitz.

Beschreiben Sie Ihre Studienzeit in maximal 15 Worten.

Eine sehr schöne, aber auch intensive Zeit, in der ich viele Möglichkeiten hatte, mich mit ganz unterschiedlichen Themen zu befassen. Neben meinen eigentlichen Studienschwerpunkten im Hauptstudium (Informatik mit Nebenfach Automatisierungstechnik und Robotik) konnte ich mich mit der Mathematik, Kryptologie, aber auch der Biologie beschäftigen und durfte auch Auslanderfahrung sammeln. Natürlich ließen sich in der Zeit viele Freundschaften knüpfen, die bis heute anhalten. Das sind jetzt leider mehr als 15 Worte.

Hatten Sie während Ihrer Studienzeit Vorbilder, die Sie zur wissenschaftlichen Karriere ermutigt haben?

Nicht nur während der Studienzeit. Sicherlich bin ich auch durch mein Elternhaus geprägt, in dem Wissenschaft sehr gelebt wurde. Dadurch, dass mein Vater bereits Wissenschaftler war und er an einem sehr bekannten Lehrstuhl für Schweißtechnik als Oberingenieur arbeitete, kam ich früh in Kontakt mit der Wissenschaft: Ich glaube im Alter von sechs oder sieben Jahren durfte ich schon durch ein Elektronenmikroskop schauen. Das hatte man damals als Großgerät anschaffen können. Während sonntägiger Kaffeerunden kann ich mich an Diskussionen mit Gastwissenschaftlern aus vielen Ländern der Welt erinnern. Sicherlich beeindruckte mich der damalige Lehrstuhlleiter Professor Jürgen Ruge, der mir durch meinen Vater immer wieder Programmieraufgaben in meiner Jugend gab.Basic-Programmierung konnte ich in einem freiwilligen Programmierkurs in der 5. Klasse an einem Commodore64-Computer erlernen. Während des Informatik-Studiums inspirierten mich Arbeiten von Prof. Robin Milner über die Semantik von Programmiersprachen und funktionalen Sprachen. Das war unter anderem der Grund, warum ich nach Edinburgh zum Studieren ging. Er wechselte jedoch im selben Jahr nach Cambridge, so dass ich ihn persönlich nicht kennenlernen durfte. Seine ehemalige Gruppe traf ich in Edinburgh dennoch an. Danach begeisterte mich mein späterer Doktorvater Professor Friedrich Wahl für die Robotik durch hervorragende Vorlesungen und später, als ich wissenschaftliche Mitarbeiterin war, durch seine Art, Fragestellungen intensiv zu bearbeiten und nie leicht aufzugeben. Am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen war ich vom Spirit und der Euphorie der Kollegen beeindruckt. Aber mehr noch begeisterte mich die Art, wie Professor Gerd Hirzinger das Institut führte, und nicht nur durch seine Ideen die Mitarbeiter mitreißen konnte, um die Robotik immer wieder ein weiteres Stück voran zu bringen. Wie Sie sehen, es sind einige Wissenschaftler, die mich im Laufe der Zeit inspiriert haben.

Was geben Sie jungen Studierenden und Absolventen mit auf den Weg?

Seiner inneren Motivation und seinen inneren Zielen zu folgen. Das zu tun, für was sie sich begeistern können. Das sehr intensiv zu betreiben und sich nicht so sehr durch äußere Einflüsse und Zwänge davon abringen lassen. Dabei sehr gut und intensiv zu lernen und den Dingen auf den Grund zu gehen. Nur während des Studiums hat man so viel Zeit, sich intensiv mit neuen Themen zu beschäftigen und zu lernen. Was man in der Zeit erreicht, bleibt ein Leben lang erhalten. Schließlich ist es auch wichtig, über den eigenen Tellerrand hinweg zu schauen. Weniger wichtig ist es, wie lange man studiert hat, sondern vielmehr, was man in dieser Zeit gelernt hat. Wer die Fähigkeit hat, eine wissenschaftliche Karriere einzuschlagen, dem würde ich immer zu einer Promotion raten.

Was möchten Sie künftig in der Lehre erreichen?

Ich möchte die Studierenden für die Robotik begeistern. Dabei sind mir die Kombination aus Vorlesungen und Praktika sehr wichtig. Oft hilft eine praktische Aufgabe dabei, die Theorie besser zu begreifen. Schließlich möchte ich einen neuen Studiengang Robotik und Intelligente Systeme als interdisziplinären Studiengang zwischen Elektrotechnik und Informatik an unserer Universität etablieren.

Welche Impulse setzen Sie in der Forschung an der TU Chemnitz?

Zur Zeit bemühen wir uns in verschiedenen Richtungen um neue spannende Projekte. Eines davon ist sicherlich die Entwicklung einer künstlichen Roboterhaut, zu der wir gerade einen Antrag für eine DFG-Forschungsgruppe einreichen. Ich engagiere mich noch in weiteren Projekten zu den Themen Service-Robotik, flexible Produktion und humanoide Robotik. Zur Zeit unterstütze ich auch die vom Kollegen Georg Jahn geleitete Initiative zum Sonderforschungsbereich „Hybrid Societies: Humans Interacting with Embodied Technologies“. Mein Ziel ist es, dass zukünftig in Chemnitz eigene Roboter entwickelt und gebaut werden und dass diese Roboter wettbewerbsfähig sind, auch um die Wirtschaftskraft und den Wohlstand in der Region zu sichern. Dafür sollen hier humanoide Roboter zunächst erforscht und später gebaut werden, die vielleicht in 20 Jahren nicht nur in der Pflege zum Einsatz kommen können.

Es gibt rund 45.000 Professoren an deutschen Hochschulen. Was hebt Sie ab?

Da ich die meisten der anderen 45.000 Professoren nicht kenne, ist das ein sehr schwierige Frage. Ich denke, viele Professoren begeistern sich für ihr Fach, viele auch für die Robotik, so dass ich mich hierhin nicht abhebe von anderen. Ich würde es lieber anderen überlassen, das herauszufinden.

Welchen Ort in Chemnitz zeigen Sie Gästen am liebsten?

Sehr unterschiedlich: Sind bei den Gästen Kinder dabei, den Tierpark. Allen anderen zeige ich eher das Schloss Klaffenbach, einige der Museen oder die Schlosskirche, ein Spaziergang um den Schlossteich rundet dabei den Ausflug ab.

Wie bringen Sie sich ins Leben der Stadt ein?

Bisher aus zeitlichen Gründen leider wenig. Aber zukünftig kann ich mir das politisch in einer der demokratischen Parteien vorstellen, wobei ich unbedingt eine Initiative Pro-ICE für Chemnitz unterstützen möchte. In eine Universitätsstadt dieser Größe gehört einfach eine ICE-Anbindung.

Weitere Informationen zur Professur: https://www.tu-chemnitz.de/etit/robosys

Mario Steinebach
15.05.2018

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