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Forscher kritisieren unübersichtliche Gebührendarstellung bei der Rürup-Rente

Ein Studie der TU Chemnitz zeigt: Ein Drittel der Rendite können von den Kosten aufgezehrt werden - Angaben in den Produktinformationsblättern verschleiern wahre Kostenbelastung

Riester-Rente, private Rentenversicherung, betriebliche Altersvorsorge – es gibt viele Möglichkeiten, für das Leben im Alter vorzusorgen. Seit etwa zwölf Jahren gibt es auch die sogenannte Rürup-Rente, deren Name auf ihren Erfinder, den Ökonomen Bert Rürup, zurückzuführen ist. „Bei den meist komplizierten Verträgen mit oft langen Laufzeiten können sich schnell hohe Kosten addieren“, versichert Prof. Dr. Friedrich Thießen, Inhaber der Professur Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre an der Technischen Universität Chemnitz. Gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Jan Justus Brenger hat er die Kosten der Rürup-Verträge genauer untersucht.

Ihr Fazit: „Unter Umständen können ein Drittel der Sparbeiträge von den Kosten aufgezehrt werden“, sagt Thießen. „Die gewählte Darstellungsart der Kosten ist so verklausuliert, dass eine verständnisvolle Kostenübersicht erschwert wird“, sagt Brenger. In einem Beispielfall, der von einem monatlichen Sparbetrag von 200 Euro über 35 Jahren ausgeht, ergeben sich kapitalabhängige Kosten von 19.159 Euro, die im Produktinformationsblatt mit 0,14 Prozent pro Monat angegeben werden.

Die Chemnitzer Finanzwissenschaftler sehen das Hauptproblem in dem Formblatt: „Aus den seit Januar 2017 gesetzlich vorgeschriebenen Produktinformationsblättern gehen die Kosten nicht verständlich hervor“, sagt Brenger und fügt kritisch hinzu: „Man sollte eine Beispielrechnung hinzufügen. Dann würden den Menschen die Konsequenzen der unübersichtlichen Angaben klarer.“

Nicht ohne Probleme ist auch die neue Kostengröße der „Effektivkosten“. Zwar wurde diese Größe finanzmathematisch korrekt berechnet. Aber kaum ein Verbraucher kann sich darunter etwas vorstellen. „Vielen Verbrauchern ist nur in den seltensten Fällen klar, um welche Summen es geht“, sagt Brenger. Beispielsweise verringern Effektivkosten von 2,2 Prozent bei einem monatlichen Sparbetrag von 200 Euro nach 35 Jahren und einer angenommenen jährlichen Rendite von sechs Prozent im Endeffekt das Rentenvermögen um rund 105.000 Euro. Diesen Betrag hat der Sparer weniger für die eigene Rente. „Die Kosten für Provision, laufende Verwaltung und Management entsprechen in diesem Fall über ein Drittel des angesparten Endwerts dieser Vorsorgeform“, so Thießen. Deshalb raten die Wissenschaftler: „Verbraucher, die sich für eine Rürup-Rente interessieren, sollten sich vor Vertragsabschluss die absoluten Beträge für sämtliche Kosten in Form einer Beispielrechnung zeigen lassen.“

Thießen und Brenger finden es bedenklich, wenn Anbietern von Rürup-Renten erlaubt wird, im gesetzlich vorgeschriebenen Produktinformationsblatt, das eigentlich für Klarheit sorgen soll, die Kosten so verschleiert auszudrücken, dass man ohne sehr umfängliche Rechnungen und ohne erhebliches Vorwissen die Gesamtkosten nicht herausbekommt. Dadurch sei ein korrekter Vergleich mit alternativen Anlageformen nicht möglich, ein Preiswettbewerb werde erschwert. „Das ist Politik zum Nachteil der Bevölkerung“, sagt Thießen. Deshalb sei es sinnvoll, die Produktinformationsblätter zu überarbeiten. „Angesichts der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Altersvorsorge ist es wichtig, transparent zu sein und ein verständliches Informationsblatt zu haben“, fordert der Professor.

Weitere Informationen enthält die Publikation von Friedrich Thießen und Jan Justus Brenger zum Thema „Scheinbare und tatsächliche Kostenbelastung von Rürup-Renten-Verträgen“: http://www.qucosa.de/fileadmin/data/qucosa/documents/22937/Thiessen_Ruerup.pdf

Kontakt: Prof. Dr. Friedrich Thießen, Telefon 0371 531-26190, E-Mail finance@wirtschaft.tu-chemnitz.de

Mario Steinebach
23.10.2017

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