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Gesucht: Zuverlässiges, mobiles und flexibles Energiesparwunder

Die von Prof. Dr. Christian Pätz geleitete Stiftungsprofessur für Systemzuverlässigkeit in Elektromobilität und Energiemanagement will künftig die Funktionsfähigkeit komplexer Systeme erhöhen

  • Prof. Dr. Christian Pätz: "Wir wollen die Zuverlässigkeit komplexer Systeme mit neuen Werkzeugen bereits beim Entwurf verbessern." Foto: Christian Schenk
  • Wenn das Energiemanagement versagt: Wie gelangt der Ökostrom vom Windrad zum Elektromobil, wenn es kein ausreichend ausgebautes Netzwerk an Ladestationen gibt, die mit hundertprozentigem Ökostrom versorgt werden? Foto: Bildarchiv der Pressestelle/Sven Gleisberg

Die Mitarbeiter der Stiftungsprofessur für Systemzuverlässigkeit in Elektromobilität und Energiemanagement an der Technischen Universität Chemnitz beginnen am 1. April 2012 mit ihrer Forschungsarbeit. Diese Professur wurde von den Stiftern Mugler AG, Raritan Deutschland GmbH, Infineon AG und I2S Intelligente Sensorsysteme Dresden GmbH initiiert und ist in die Professur Schaltkreis- und Systementwurf von Prof. Dr. Ulrich Heinkel an der TU Chemnitz eingebunden. Sie wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Innovationsinitiative "Unternehmen Region" fünf Jahre gefördert. Das sechsköpfige interdisziplinäre Team besteht aus Elektro- und Informationstechniker, Informatikern und Mechanikern. "Wir erforschen Einflussgrößen auf die Zuverlässigkeit von elektrischen Systemen. Ziel ist es, deren Zuverlässigkeit mit neuen Werkzeugen bereits beim Entwurf zu verbessern", sagt Prof. Dr. Christian Pätz, Leiter der neuen Stiftungsprofessur.

"Die prinzipielle Herausforderung bei der Zuverlässigkeit solcher Systeme ist deren zunehmende Komplexität. Verschiedene Hard- und Softwarekomponenten - aber auch Mechanik - wirken zusammen und beeinflussen sich gegenseitig. Zuverlässigkeitsprobleme werden so nicht nur wahrscheinlicher, sondern auch schwerer zu verstehen", erklärt Pätz die Ausgangssituation. Ein erster Schritt besteht darin, Zuverlässigkeitsparameter zu definieren, die über simple technische Angaben hinausgehen und die eigentliche Nutzerwahrnehmung sinnvoll abbilden. "All das muss natürlich an den heutigen Anforderungen an minimalen Strom- und Materialverbrauch, Mobilität sowie Flexibilität gemessen werden", sagt Pätz. Dies seien jedoch Entwurfsziele, die mit dem Ziel maximaler Zuverlässigkeit schwer zu vereinbaren sind.

Da Systemzuverlässigkeit ein so offenes und komplexes Problemfeld sowohl in der Forschung als auch in der Praxis darstellt, konzentriert sich die neue Chemnitzer Stiftungsprofessur hauptsächlich auf konkrete Anwendungsbereiche elektrischer Systeme, für die konkrete Entwurfsansätze und Bewertungskriterien gefunden werden sollen. "Denn Probleme mit der Systemzuverlässigkeit liegen häufig nicht in der Herstellungsqualität, sondern im Entwurf der Produkte begründet", weiß Pätz. "Die mit uns kooperierenden Industriefirmen werden täglich mit diesem Thema konfrontiert, gerade weil die Zuverlässigkeit eines Geräts für den Endanwender eine so zentrale Produkterfahrung ist", betont der Leiter der Stiftungsprofessur und ergänzt: "Wir möchten hier das Rad nicht noch einmal erfinden, sondern auf bereits bestehende Erfahrungen und das Fachwissen in Unternehmen auf diesem Gebiet zurückgreifen und unsere Forschungsarbeiten darauf aufbauen."

Der erste Bereich, dem sich die Chemnitzer Forscher zuwenden, sind Steuerungs- und Messaufgaben mit Kommunikation über das mobile Telefonnetz. "Wir wollen untersuchen, wie die eigentlich für Sprachkommunikation entworfenen Mobilfunknetze die speziellen Anforderungen dieser Aufgaben erfüllen und wie Steuer- und Messlösungen - unter Insidern als m2m Kommunikation bezeichnet - in GSM-, UMTS- und in künftigen LTE-Mobilfunknetzen zuverlässig entworfen und betrieben werden können", so der Informationstechniker. Dabei profitiert die Stiftungsprofessur von einem eigenständige Testnetz an der TU Chemnitz, das bereits 2011 von der MUGLER AG und E-Plus entwickelt und mit modernster LTE-Technik ausgestattet wurde. Es besteht aus mehreren Antennenstandorten um das TU-Gelände und einem Vermittlungsnetz von Nokia Siemens Networks.

Im Anwendungsgebiet Elektromobilität liegt der Fokus der Mitarbeiter der neuen Stiftungsprofessur hingegen auf der Ganzheit des Objekts und der Nutzererfahrung. "Angestrebt wird hier ebenfalls die Entwicklung von Testverfahren, welche die Zuverlässigkeit des gesamten Elektroautos ermitteln können und Entwickler befähigen, Entwurfsfehler schnell und rechtzeitig noch während der Entwicklung zu lokalisieren und zu beseitigen", erläutert Pätz.

Auch für einige bekannte Probleme im Energiemanagement wollen die TU-Mitarbeiter Lösungen finden. "Begriffe wie intelligente Stromnetze - auch Smart Grid genannt - werden heute öfters genannt. Gemeint ist hier die komplexe Steuerung des gesamten Energieverteilnetzes vom Kraftwerk bis hin zu den Endverbrauchern. Das große Optimierungspotential in wichtigen Teilbereichen ist bereits weithin bekannt. In Rechenzentren, immerhin weltweit für zwei Prozent des gesamten Stromverbrauchs verantwortlich, muss Strom gespart werden, ohne die Zuverlässigkeit der Informationstechnik zu beeinträchtigen", weiß Pätz, der früher bei der US-amerikanischen Firma Raritan, einem der Weltmarktführer für Ausrüstung von Rechenzentren, tätig war.

Ein letzter großer Forschungsbereich für die Chemnitzer ist das intelligente Haus. Hier steht wiederum die Nutzerwahrnehmung im Vordergrund. Automatisiertes Verhalten des Hauses muss selbst bei Einsatz grundsätzlich unsicherer Funktechnik und batteriebetriebener Sensoren sicher und zuverlässig funktionieren, ansonsten werden diese Techniken gerade im privaten Bereich nicht akzeptiert. Unterschiedliche Kommunikationstechniken sollen auch hier in unterschiedlichen Anwendungsszenarien und Umgebungsbedingungen untersucht werden, um nachvollziehbare Anforderungen und Entwurfsmethoden ableiten zu können.

Aus der Bearbeitung der Zuverlässigkeitsprobleme der bewusst unterschiedlich gewählten Anwendungsfelder erhoffen sich die Chemnitzer Wissenschaftler Erkenntnisse über verallgemeinerbare Entwurfsmethoden und Testkriterien, die in die Entwicklung künftiger Produkte einfließen können. Das Team der Stiftungsprofessur legt bei seiner Forschung zur Systemzuverlässigkeit besonders viel Wert auf reale Testsituationen. "Natürlich werden teilweise Simulationen notwendig sein, aber wie der preußische Generalfeldmarschall Graf Helmuth von Moltke schon sagte: Kein Plan überlebt die erste Feindberührung", so Pätz. Daher könne nichts die Untersuchung von realen Produkten in realen Situationen ersetzen.

Weitere Informationen erteilt Christian Pätz, Telefon 0371 531-33590, E-Mail christian.paetz@etit.tu-chemnitz.de

(Autoren: Mary De Luca und Mario Steinebach)

Mario Steinebach
29.03.2012

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