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„Ich profitiere immer noch von der vielfältigen Ausrichtung meines Studiums.“

TU-Absolvent Christian Nedjalkow lebt in London und arbeitet für ein Unternehmen, das eine Softwarelösung für Digitales Lernen sowie für die Erfassung von Besprechungen anbietet

Herr Nedjalkow, Ihre aktuelle Berufsbezeichnung lautet Enterprise Account Executive. Was genau verbirgt sich dahinter?

Die Rolle eines Enterprise Account Executive besteht darin, Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen anzubahnen und abzuwickeln. Der Begriff „Accounts“ bezieht sich also auf Unternehmen und Enterprise auf die Unternehmensgröße. Der Verkauf von Dienstleistungen von einem Unternehmen an ein anderes Unternehmen ist häufig eine komplexe Transaktion und der Nutzen einer Dienstleistung entscheidend für den strategische Gesamterfolg beim Kunden. Als Account muss man sich darüber hinaus mit technologischen Ökosystemen, Unternehmenszielen und -werten sowie allgemeinen Trends in der Wirtschaft auskennen.

Sie arbeiten in einer Branche, die Unternehmen und Universitäten unter anderem ein Video-Content-Management-System bietet. Waren Ihre Dienstleistungen in den letzten Monaten sehr gefragt?

Die Pandemie hatte starke Auswirkungen auf das gesamte Leben, mit weitreichenden Konsequenzen für die Wirtschaft und auch den Bildungssektor. Themen wie New Work, Agile und Remote Work haben jedoch in den letzten Jahren bereits massiv an Popularität gewonnen und damit auch Dienstleistungen, mit denen Unternehmen diese Trends am Arbeitsplatz bestmöglich umsetzen können. Panopto, mein derzeitiger Arbeitgeber, bietet ein Video-Content-Management-System, das den Herausforderungen unserer Zeit gerecht wird. Das Unternehmen ist also seit seiner Gründung an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh im Jahr 2007 kontinuierlich gewachsen, die Covid-19-Krise gab aber sicherlich einen zusätzlichen Schub.

Wie hat sich die Pandemie auf Ihren durchschnittlichen Arbeitstag ausgewirkt?

Arbeiten und Lernen von zu Hause aus ist für viele Menschen zur Normalität geworden. Mit dieser plötzlichen Entwicklung haben sich neue Wege der Kommunikation und Zusammenarbeit etabliert. Anstatt eine E-Mail oder eine Nachricht zu schreiben, springe ich häufiger spontan in ein Online-Meeting oder schaue mir ein vorab aufgezeichnetes Video an. Bei sozialen Interaktionen in jedem Büro geht es nicht nur um die Arbeit an sich, sondern auch um die soziale Teilhabe. Bei textbasierter Kommunikation fehlt die performative Qualität von persönlichen Interaktionen, die im Büroalltag selbstverständlich ist. Vor Covid-19 spielte es zum Beispiel eine große Rolle, was man auf Arbeit anzieht und auch wie man sich im Büro bewegt. Die wenigsten Menschen tragen beim Arbeiten von zu Hause einen Anzug und auch die Körpersprache ist eingeschränkt in virtuellen Meetings. Bis zu einem gewissen Grad ist dadurch z. B. der Hintergrund eines Video-Meetings wichtiger als die Kleidung oder das allgemeine Erscheinungsbild eines Sprechers, was viele Menschen als Fortschritt empfinden.

Sie haben 2008 Ihr Magisterstudium an der Technischen Universität Chemnitz abgeschlossen. Wie hängt Ihr Abschluss mit Ihrer aktuellen Position zusammen?

Während es keine direkten Bezüge gibt, profitiere ich noch immer von der vielfältigen Ausrichtung meines Studiums. Mein Hauptfach war Sportwissenschaft, welches entgegen landläufiger Meinung sehr breit gefächert ist. Von wissenschaftlicher Theorie, Soziologie und Psychologie bis hin zu Neurologie, Biomechanik und Anatomie lernt man viele Disziplinen kennen. Mein Beruf erfordert es, dass ich mit allerhand Fachleuten spreche und deren Herausforderungen verstehe, sei es aus den Bereichen IT, HR, Kommunikation, Gesundheit, Ingenieurwesen oder in der wissenschaftlichen Forschung.

Sie haben Ihr Studium im Jahr 2001 aufgenommen. Erinnern Sie sich noch, wie es war, als Sie an der Universität angefangen haben?

Es war eine spannende Zeit in der alles neu und aufregend war, gleichzeitig gab es immer ein Gefühl der Unsicherheit. Das Lehrpersonal war allerdings sehr freundlich und hilfsbereit und einige der Studierenden im höheren Fachsemester dienten uns als Mentoren. Ein Ratschlag von einem älteren Studenten war, über den Tellerrand zu schauen und nicht nur dem Lehrplan zu folgen. Das habe ich mir zu Herzen genommen. Klar ist es eine großartige Leistung, das Studium in kürzester Zeit zu absolvieren, aber worauf es wirklich ankommt, ist doch, wie man diese einmalige Zeit genutzt hat. Ich glaube, dass die Zeit auch gut genutzt ist, wenn man mal ein Buch liest, das nicht auf der Leseliste des Seminars steht, wenn man sich politisch und sozial engagiert, ein Unternehmen aufbaut oder eine Veranstaltung mit und für Kommilitonen organisiert. Die Regelstudienzeit reicht dafür kaum aus.

Wie war Ihre Erasmus-Erfahrung? Hat Sie Ihr Studium an der Universität auf den Arbeitsmarkt vorbereitet?

Ich würde heute wahrscheinlich nicht in London leben, wenn ich nicht als Nebenfach Interkulturelle Kommunikation studiert und ein Erasmus-Semester in Dänemark verbracht hätte. Das Lehren und Lernen an sich waren schon immer von Interesse, und mein zweites Nebenfach Erziehungswissenschaft gab mir eine solide Grundlage. Zusätzlich zu meinen bevorzugten Fächern hatte ich das Glück, als wissenschaftlicher Interviewer bei PAIRFAM, dem Panel Analysis of Intimate Relationships und Family Dynamics an der Fakultät für Soziologie aufgenommen zu werden. Das Verständnis, wie wichtig es ist, präzise Fragen zu stellen, um wissenschaftlich exakte Ergebnisse zu erzielen, ist heute noch nützlich.

Sie haben Ihren neuen Job erst im August 2020 begonnen. Wie würden Sie diese Erfahrung beschreiben? Gibt es Herausforderungen bei der Aufnahme einer neuen Position inmitten einer Pandemie?

Ich würde sagen, es gibt viele Vorteile, aber auch einige wenige Nachteile. Die Arbeit in einem Unternehmen, das eine Videolösung für die interne Fort- und Weiterbildung sowie für die Erfassung von virtuellen Besprechungen anbietet, hat sicherlich vieles leichter gemacht. Das physische Büro wurde durch Konferenzsysteme für virtuelle Besprechungen, Tools für die Zusammenarbeit und eine integrierte Videobibliothek ersetzt. In vielerlei Hinsicht ist dies tatsächlich eine effizientere Möglichkeit, in einem neuen Job anzufangen. Was sich schwer ersetzen lässt, ist das Kennenlernen der neuen Kollegen bei einer Partie Tischtennis im Büro oder das Bier im Pub nach getaner Arbeit.

(Das Interview führte Evamaria Moore.)

Mario Steinebach
13.01.2021

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