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Pressemitteilung vom 14.01.1999

Das dritte Jahrtausend beginnt 2001

Das dritte Jahrtausend beginnt 2001
- oder der feine Unterschied zwischen Datumswechsel und Jahrtausendwende

Die Welt scheint Kopf zu stehen: Auf der Straße, in Zeitungen, im Internet - überall wird die Frage diskutiert "Wann ist denn nun die Jahrtausendwende?". Glaubt man den ausgefallenen Silvesterangeboten und den dazugehörigen Werbebotschaften, ist es der Sprung vom 31. Dezember 1999 zum 1. Januar 2000. Doch der Chemnitzer Mathematiker Prof. Dr. Eberhard Lanckau sieht das etwas anders: "Wer zu Silvester 1999 um Mitternacht auf das neue Jahrtausend anstößt, feiert tatsächlich ein Jahr zu früh. Das dritte Jahrtausend und damit auch das 21. Jahrhundert starten nämlich erst am 1. Januar 2001. Denn es gibt kein Jahr Null - auf das Jahr 1 vor Christus folgte sofort das Jahr 1 nach Christus. Und dieses erste Jahr nach Christus endete rein rechnerisch genau ein Jahr nach Beginn unserer Zeitrechnung. Daher enden die ersten 2000 Jahre nach Christus - das zweite Jahrtausend und übrigens auch das zwanzigste Jahrhundert - ganz genau am 31. Dezember 2000 um 24.00 Uhr."

Daß der Begriff "Jahrhundert" von den Mathematikern und vom Rest des Volkes unterschiedlich ausgelegt wird, beweist auch ein Blick in die Ausgabe von Meyers Lexikon aus dem Jahre 1927: "Das erste Jahrhundert einer Zeitrechnung beginnt mit dem Jahr 1 und schließt mit dem Jahr 100; das 20. Jahrhundert hat mit dem 1. Januar 1901 begonnen." Doch schon im nächsten Satz erläutert das Lexikon eine andere Auslegung: "In der Praxis begann man ein neues Jahr jedoch meist am 1. Januar 1600, 1700, 1800, 1900 zu zählen." Lanckau spannt den Bogen in die Gegenwart: "Das aktuelle Jahrtausend-Fieber zeigt nun, daß dies beim Datumswechsel zum Jahr 2000 nicht anders ist. Viele Anbieter irgendwelcher Produkte mit Bezug auf die vermeintliche Datumswechsel orientieren sich an dieser gängigen Praxis. Und ebenso verbinden sich seit Jahrhunderten mit solchen runden Jahreszahlen Befürchtungen und Hoffnungen der Menschen."

Eine ähnliche Verwirrung beobachtet der Mathe-Professor der Chemnitzer Universität auch bei zahlreichen Gesprächen rund ums Lebensalter und möchte deshalb auch hier etwas klarstellen: Wenn ein Mensch beispielsweise 39 Jahre alt wird, beginnt an diesem Tag das 40. Lebensjahr. Doch niemand sagt, er sei schon 40 Jahre alt. An jedem folgenden Tag bis zum nächsten Geburtstag befindet man sich also im 40. Lebensjahr. Die Mathematiker unterscheiden in diesem Zusammenhang die sogenannte Kardinal- und Ordinalzählung: Während die Kardinalzählung die Angabe einer Anzahl ist, werden bei der Ordinalzählung die einzelne Elemente einer Menge abgezählt. Bei der Kardinalzählung gibt es den Wert 0 solange, bis ein vollständiges Element gezählt werden kann. Bei der Ordinalzählung erhält bereits das erste unvollständige Element die Ordinalzahl 1. Bezogen auf das Beispiel mit den Geburtstagen ist die Zahl 39 - also der 39. Geburtstag - eine Kardinalzahl und das 40. Lebensjahr eine Ordinalzahl. Dazu der Chemnitzer Mathematiker: "Und da unsere Zeitrechnung nun einmal mit Tagen, Monaten und Jahren als Ordinalzählung festgelegt wurde, ist es nun einmal so, daß erst am 31. Dezember 2000 zweitausend vollständige Jahre um sind". Es sei freilich schwer, jemandem zu erklären, daß beispielsweise am 15. Januar 1999 erst ca. 1998,04 Jahre unserer Zeitrechnung vergangen sind. Daß aber am 1. Februar ein Monat dieses Jahres vergangen sein wird, leuchtet wohl jedem ein", so Lanckau.

"Doch diese Überlegungen sollten uns in der bevorstehenden Silvesternacht auf keinen Fall vom Feiern abhalten", meint der Professor. Es sei im Vergleich zur Jahreszahl 2001 ohnehin die magische Zahl 2000, von der die größere Verführung ausgehe. "Die bevorstehenden kuriosen Silvesterfeierlichkeiten rund um den Globus gehen damit völlig in Ordnung", erklärt Lanckau, der übrigens diesen Jahreswechsel ganz gemütlich mit seiner Familie in Chemnitz verbringen wird.

(Autor: Mario Steinebach)

Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Eberhard Lanckau, Telefon 03 71 / 5 31 - 84 33, Telefax 03 71 / 5 31 - 49 47.