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Zwischen Faszination und Frust

Die Physikerin Dr. Meiken Falke beschreitet mit Hilfe der Elektronenmikroskopie neue wissenschaftliche Pfade - Ihre Zukunft sieht sie im Ausland, wenn sich in Deutschland die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht ändern

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Dr. Meiken Falke Foto: privat

Seit Sommer vergangenen Jahres forscht die Physikerin Dr. Meiken Falke wieder auf deutschem Boden. Im Jahr 2002 unterbrach sie für drei Jahre ihre Habilitationsstelle an der Professur Oberflächen- und Grenzflächenphysik der Technischen Universität Chemnitz, um am englischen SuperSTEM-Laboratorium in Daresbury zu arbeiten. Den Schritt nach Großbritannien ging sie gemeinsam mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern. In Daresbury unterstützte sie den Aufbau und den Betrieb eines ganz besonderen Rastertransmissionselektronenmikroskops. Es gehört zu den drei weltweit vorhandenen Mikroskopen dieser Art, die mit einem so genannten Aberrationskorrektor ausgestattet sind. "Mit Hilfe der Korrektur bekommt das Objektiv sozusagen eine Brille auf und fokussiert die Elektronen in einem möglichst kleinen Punkt. Dieser ist kleiner als ein Atomdurchmesser und wird über die Probe gerastert."

Vor allem in der Forschung an Nanopartikeln und in der Biomedizin findet dieser technische Fortschritt in der Mikroskopie großen Anklang. Interessante Rückschlüsse auf den Zusammenhang von Alzheimer und Umweltverschmutzung ergaben sich zum Beispiel in einer Zusammenarbeit des SuperSTEM-Labors mit der Universität in Lancaster. Mit Hilfe des neu entwickelten Elektronenmikroskops wurden Metallanreicherungen in Proteinen des Gehirns analysiert, um herauszufinden, ob diese ein Auslöser für die häufige Abnahme der Gedächtnis- und Denkleistungen im Alter sind. Neben der Forschung an verschiedenartigen Nanopartikeln für die industrielle Nutzung, zum Beispiel für die Katalyse, sind die Untersuchung von Nanopartikeln im Lungengewebe und Eisenspeichermolekülen in der Leber weitere Projekte in Zusammenarbeit mit der Biomedizin.

"Die Anwendung meines Wissens und der neuen instrumentellen Analytikmöglichkeiten auf dem Gebiet der Medizin und umweltrelevanter Materialien reizen mich sehr", so die Chemnitzer Physikerin. Auch das Institut für Physik der TU Chemnitz profitierte bereits davon. So konnten in Daresbury erstmalig Grenzflächenstrukturen aufgedeckt werden, die theoretisch zwar vorausgesagt, bisher jedoch nie experimentell bewiesen werden konnten. "Am Chemnitzer Physikinstitut wird dafür seit mehreren Jahren das Probenmaterial Silicid auf Silicium - für die Anwendung in neuen Halbleiterbauelementen - hergestellt und untersucht", berichtet Falke.

Meiken Falke nahm 2005 ihre Habilitationsstelle an der TU Chemnitz wieder auf und arbeitet heute unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Hietschold an der Professur Analytik an Festkörperoberflächen. Sie beschäftigt sich inzwischen auch mit der Elektronenmikroskopie an metallorganischen Molekülen, die an der Professur mit Rastertunnel- und Rasterkraftmikroskopie in sub-atomarer Auflösung untersucht werden. Ihre Anstellung ist nach dem noch gültigen deutschen Hochschulrahmengesetz (HRG) jedoch auf sechs Jahre befristet und endet für die promovierte Physikerin Anfang 2008. "Selbst eine Beschäftigung auf einer aus Projektmitteln finanzierten Stelle ist danach nicht mehr möglich, an keiner deutschen Universität, weil dafür die Regelungen nach dem HRG und Teilzeit- und Befristungsgesetz zu unklar sind. Fachhochschulen und reine Forschungsinstitute bieten die einzigen und an wenigen Fingern abzählbaren Alternativen", so die Physikerin.

Auch ihr Wunsch, ein vergleichbares Elektronenmikroskop, wie es in Daresbury steht, an die Chemnitzer Universität oder nach Sachsen zu holen, lässt sich nur schwer erfüllen, abgesehen davon, dass die ihr an der Universität verbliebene Anstellungszeit für den Anschub eines Projektes dieses Umfangs nicht ausreicht. Bei diesen Gedanken schlagen zwei Herzen in ihrer Brust. "Wenn sich an den gesetzlichen Regelungen nichts ändert, kann ich meinen jetzigen Beruf im deutschen Hochschulwesen nicht mehr ausüben. Ich kenne kein Land, in dem es solche Fristenregelungen gibt, aber ich kenne einige gute deutsche Physiker, die sich inzwischen an ausländischen Hochschulen fest etabliert haben. Unseren Universitäten sollte es leichter gemacht werden, solche Experten zu halten und ihnen vernünftige Perspektiven zu bieten". Dabei meint sie nicht die Gehälter - der Lebensstandard in England beispielsweise ist niedriger als in Deutschland - sie spricht von der möglichen persönlichen Perspektive in der Einheit von Forschung und Lehre. Dabei beruft sie sich auf ein Sprichwort unter den Wissenschaftlern in der Elektronenmikroskopie: "In Deutschland kann man promovieren, in England bekommt man immer eine Postdocstelle und wenn man eine Professorenstelle sucht, geht man in die USA".

Dennoch setzt sie einen Teil ihrer Hoffnung in das neue Wissenschaftszeitvertragsgesetz, welches voraussichtlich im Frühjahr 2007 erlassen werden und die Fristenregelung zumindest etwas entschärfen soll. "Ich hoffe, es tritt auch wirklich in Kraft", so Meiken Falke, "und ich hoffe, dass Länder und Universitäten sich darauf vorbereiten und Wege finden können, diesen kleinen Schritt in die richtige Richtung mit weiteren anknüpfenden Modellen zu untersetzen, welche die Zukunftsaussichten deutscher Akademiker in ihrer eigenen Heimat verbessern".

(Autorin: Antje Brabandt)

Mario Steinebach
10.01.2007

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