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Neue Kultur und einige Überraschungen im Reich der Mitte

Matthias Hadinek berichtet über sein Semester an der Xiamen University in China – Bewerbungen für ein Auslandsstudium für Studierende der Wirtschaftswissenschaften sind ab dem 10. Februar 2015 möglich

  • Eintauchen in eine fremde Kultur: Finance-Student Matthias Hadinek lernte in China neben der Universität auch Land und Leute kennen. Foto: privat

Auslands­semester sind eine attraktive Möglichkeit, interkulturelle Kompetenzen zu erwerben und gleichzeitig durch Anerkennung von ausländischen Prüfungs­leistungen den Studien­fortschritt voranzutreiben. Immer mehr Studierende der Fakultät für Wirtschafts­wissenschaften machen von der Möglichkeit Gebrauch, bei einer von gut 60 europäischen oder einem weiteren halben Dutzend außereuropäischen Partner­universitäten der TU Chemnitz ein oder zwei Semester im Ausland zu studieren. In den vergangenen Jahren gewannen vor allem die asiatischen Programme vermehrt an Zulauf, sodass sich Studierende der Wirtschafts­wissenschaften vermehrt für China oder Südkorea als Auslandsstudienland entscheiden. Einer von ihnen war Matthias Hadinek, der im Folgenden von seinen Erfahrungen an der Xiamen University in China berichtet.

Vor der Abreise nach China, im Winter­semester 2013/14, habe ich mich mit einem Freund über das Auslandssemester und die Bewerbung dafür unterhalten. Als ich ihm sagte, dass man ein Motivations­schreiben einreichen müsse, musste er lachen und meinte, dass man doch sowieso gute Gründe haben müsse, für sechs Monate nach China zu gehen. Damals habe ich noch mit ihm gelacht. Nach den sechs Monaten verstand ich, was er meinte.

Aber ganz von Anfang: Als Master Finance-Student habe ich mir vorgenommen, unbedingt noch ein Auslandssemester zu absolvieren, bevor es in den harten Arbeitsalltag geht. Da ich schon als Backpacker mehrmals in Asien unterwegs war, wollte ich nun ein wenig tiefer in die Kultur eines asiatischen Landes eintauchen. Da trotz der Reisen „Zhongguo“ (chinesisch für China) noch ein weißer Fleck auf meiner Karte war, China als Wirtschaftsmacht und viel­gepriesener Markt der Zukunft auch als Finance-Student Sinn zu machen schien und die Fakultät für Wirtschafts­wissenschaften ein neues Austausch­programm mit der Universität Xiamen in Leben gerufen hat, fiel nun meine Wahl auf das Reich der Mitte. Da ich damals auch noch nie etwas von Xiamen gehört hatte und ich erst zur zweiten "Generation" von Austausch­studenten gehörte, war auch eine gewisse "Goldgräber­stimmung" dabei.

Xiamen liegt auf einer Insel im äußersten Süd-Osten Chinas an der Formosastraße. Obwohl es mit seinen über drei Millionen Einwohnern für chinesische Verhältnisse ein besseres Dorf zu seinen scheint, war es in den letzten Jahren das zweit­beliebteste Binnen­urlaubs­ziel der Chinesen, was auf seine schöne Architektur, aber vor allem auf die Insel Gulan Yu zurückzuführen ist. Auch die Universität genießt ein sehr hohes Ansehen (und einen wunderbaren Campus) und ich erntete so einige achtungsvolle Blicke von Chinesen, als ich ihnen sagte, wo in China ich studiere.

Das Studium an der Universität Xiamen ist sehr viel schulischer aufgebaut als an der TU Chemnitz. Anwesenheits­pflicht gilt für alle Kurse, „Homeassignments“ und Präsentationen sind Teil des täglichen Lebens. Auch umfasst eine Unterrichts­einheit drei Stunden und die Pausen werden von Professor zu Professor unterschiedlich eingelegt. Es ist mir schon passiert, dass der Professor zehn Minuten vor Schluss die Pause eingefügt hat. Auch war es eine interessante Erfahrung, Samstag­abend und Sonntagmorgen in die Uni gehen zu müssen, da der Professor extra für die Vorlesung aus Hongkong kam und dementsprechend nur am Wochenende Zeit hatte. Die von mir besuchten Kurse waren in der Regel praktischer ausgerichtet als an der TU, was eine schöne Anwendung bzw. Abrundung des hier erlernten theoretischen Wissens war, ganz zu schweigen von Kursen, die hier gar nicht angeboten werden.

Was einen angehenden Austausch­studenten in China aber wohl am meisten interessieren dürfte, ist das alltägliche Leben und die fremde Kultur. Auch wenn ich schon ein paar Mal in Asien als Tourist unterwegs war, so war ich doch von der "Anders­artigkeit" der Chinesen nachhaltig beeindruckt. Natürlich befasst man sich vor dem Antritt des Auslands­semesters ein wenig mit der Kultur des jeweiligen Landes, aber die kulturellen Eigenheiten dann doch am eigenen Leib zu erleben, ist etwas anderes. Startete man noch hoch­motiviert und offen für alles Neue, so verlässt einen, oder zumindest mich, bald die Begeisterung für das Unbekannte, sobald man das zehnte Mal mit einem Problem zum Beispiel am Bahnhof stehen gelassen wurde ("Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!"), wenn man sich nicht im perfekten „Minnan Yu“, dem regionalen Dialekt, verständlich machen konnte. Auch das leiden­schaftlich praktizierte lautstarke rumspucken trägt nicht gerade zum Wohlbefinden bei, wenn es zwei Meter neben dem eigenen Restaurant­tisch oder im Supermarkt neben dem Obst ausgeübt wird. Jedoch wird es diesen Ablauf aus anfänglicher Euphorie, gefolgt von Genervt­heit und abgerundet von einer gesunden Eingewöhnung in jedem fremden Kulturraum geben und ist nicht speziell China anzulasten. Lässt man sich aber auf die fremde Umwelt ein und mokiert sich nicht über die Abwesenheit von Döner und Currywurst, so wird man doch in eine Kultur einsteigen, deren Menschen einen mit ihrer Neugierde, Hilfs­bereitschaft und Disziplin nachhaltig beeindrucken und man zum Schluss kommt, dass sich Deutschland eine kleine Scheibe davon abschneiden könnte. Auch hält China einige Über­raschungen bereit und wirft einige Vorurteile über den Haufen. So passierte es mir, dass ich in Hongkong einige Seiten aus meinem Lonely Planet kopieren wollte, man mich aber freundlichst darauf hinwies, dass dies nicht möglich sei – aufgrund des Copyrights!

Ob sich nun ein Auslands­semester an der Universität Xiamen lohnt, hängt von den individuellen Wünschen und Vorstellungen ab. Persönlich wollte ich mein Auslands­semester nie als Urlaubssemester ansehen und das meiste aus dieser Zeit rausholen. Mit dieser Einstellung kann ein Auslandssemester sehr viel stressiger sein, als ein normales und von Dauerparty und Spaß kann nicht mehr die Rede sein. Dafür belohnt es einen mit einem einmaligen Lebens­abschnitt, unendlich vielen neuen Eindrücken und mit Sicherheit auch mit einem gewissen Karriere­vorteil. Damit es sich lohnt, sollte man genau wissen, wofür man es macht, und es nicht aus einer Laune heraus entscheiden. Insgesamt gab es mehr als nur zwei Augenblicke, wo ich nichts Positives an der Uni, China und dem Rest der Welt gesehen habe. Aber als ich Xiamen verlassen habe, war ich doch melancholisch und habe begriffen, dass die Zeit, trotz so mancher Schwierigkeiten, einmalig und eigentlich gar nicht mal so schlecht war. Somit kann ich Auslands­semester nicht unbedingt jedem empfehlen. Neugierde, eine gewisse Leidens­fähigkeit, Ehrgeiz und Selbst­ständigkeit sollte man mitbringen, um solch eine Chance effektiv zu nutzen und am Ende nicht nur von endlosen Beachpartys berichten zu können.

Kontakt zum Autor des Erfahrungs­berichts: Matthias Hadinek, E-Mail mhadinek@googlemail.com

Interessierte Studierende der Fakultät für Wirtschafts­wissenschaften – in Ausnahme­fällen aber auch Studierende von anderen Fakultäten – können sich ab dem 10. Februar 2015 auf die noch verfügbaren Auslands­studienplätze bewerben. Aufgrund einer Erweiterung des Abkommens mit der Xiamen University stehen aktuell noch Plätze zur Verfügung. Außerdem stehen fünf neue Austausch­plätze an der National Taiwan University of Science and Technology zur Verfügung.

Weitere Informationen zum Bewerbungsverfahren und zu den Partneruniversitäten erhalten Interessierte auf der Homepage des Internationalen Büros der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften (https://www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/studium/international) oder bei Dr. Marius Grathwohl, E-Mail marius.grathwohl@wirtschaft.tu-chemnitz.de.

Katharina Thehos
05.02.2015

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