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Klassenzimmer ohne Gott

Kirstin Wappler, die an der TU Chemnitz auf dem Gebiet der Politikwissenschaft promovierte, beleuchtet in ihrem Buch den Schulalltag von Christen in der DDR

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Buchcover: Mecke Druck und Verlag, Duderstadt (Eichsfeld).

Wer nachvollziehen möchte, wie der Schulalltag von Christen in der DDR aussah, dem sei das Buch von Kirstin Wappler "Klassenzimmer ohne Gott - Schulen im katholischen Eichsfeld und protestantischen Erzgebirge unter SED-Herrschaft" empfohlen. Das Buch, das kürzlich im Mecke Verlag Duderstadt erschien, ist die gekürzter Form von Wapplers Dissertation auf dem Gebiet der Politikwissenschaft, die von Prof. Dr. Eckhard Jesse an der TU Chemnitz betreut wurde.

Die Autorin untersuchte den Umgang von Christen mit dem SED-Schulsystem in zwei Gebieten, die sich vom DDR-Durchschnitt deutlich unterschieden. Gemeint sind das Eichsfeld und das Erzgebirge, wo sich Religiosität auch unter der SED-Herrschaft behaupten konnte. Menschen, die hier zu Hause sind, zeichnen sich noch heute durch ihre tiefe Verbundenheit und starke Identifikation mit der Heimat aus. Auf der Basis von Gesprächen mit 56 Zeitzeugen und umfangreichen Quellenmaterials rekonstruiert Wappler den Schulalltag in der DDR aus der Perspektive der Betroffenen. Sie veranschaulicht, wie die SED im Schulbereich ihren Herrschaftsanspruch durchzusetzen versuchte und wie es christlichen Lehrern, Schülern und Eltern dennoch über die gesamte Zeit der Diktatur gelang, ihren Einfluss geltend zu machen.

Die Arbeit richtet den Fokus auf die Perspektive der Betroffenen. "Das DDR-Erziehungswesen wird heute oft recht unkritisch reflektiert", schätzt Wappler ein. Deshalb sei es wichtig, daran zu erinnern, dass die SED-Machthaber Schüler systematisch in ihrem Bildungsweg behinderten, die nicht an der Jugendweihe teilnahmen oder sich für die Bausoldaten entschieden. "Christliche Lehrer wurden wegen ihres Bekenntnisses unter Druck gesetzt und in vielen Fällen aus dem Schuldienst entlassen. Trotz anhaltender Repressionen konnten Christen sowohl im Erzgebirge als auch im Eichsfeld Einfluss geltend machen. Dies gelang in den gemäßigteren 80er Jahren naturgemäß leichter als in den 50er oder 60er Jahren", so Wappler. Neben dem Mut vieler Christen hat die Promovendin beeindruckt, dass es immer - auch kirchenferne - Lehrer gab, die sich engagiert für benachteiligte christliche Schüler eingesetzt haben. "Mitmenschlichkeit erhält sich eben auch unter den Bedingungen einer Diktatur", meint Wappler.

Anhand eines in vier Zeitabschnitte gegliederten Vergleichs arbeitet Wappler in ihrem Buch Gemeinsamkeiten und Unterschiede des SED-Vorgehens wie auch der Abwehr in beiden Regionen heraus. Die gut lesbare, mit vielen Zitaten angereicherte Arbeit lässt ein Stück Zeit- und Regionalgeschichte lebendig werden.

Kirstin Wappler, in Gera geboren und in Olbernhau im Erzgebirge aufgewachsen, arbeitet heute als Pressereferentin in der Pressestelle der Sächsischen Staatskanzlei in Dresden.

Bibliographische Angaben: Kirstin Wappler: Klassenzimmer ohne Gott - Schulen im katholischen Eichsfeld und protestantischen Erzgebirge unter SED-Herrschaft. Duderstadt: Verlag Mecke Druck 2007, 256 S., ISBN 978-3-936617-68-9, Preis: 14,90 Euro.

Leseprobe: http://www.meckedruck.de/cubecart/readings/LP-978-3-936617-68-9.pdf

Weitere Informationen: Kirstin Wappler, E-Mail kirstinwappler@web.de

Mario Steinebach
22.11.2007

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