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Institut für Betriebswissenschaften und Fabriksysteme in Chemnitz begeht Jubiläum

60-Jahre Lehre und Forschung auf den Gebieten Betriebs- und Arbeitsgestaltung an der TU Chemnitz und ihren Vorläufereinrichtungen

Am 20. und 21. Oktober 2016 treffen sich Wissenschaftler und Praktiker unter dem Motto „Smarte Fabrik und Smarte Arbeit – Industrie 4.0“ am Institut für Betriebswissenschaften und Fabriksysteme der Technischen Universität Chemnitz. Bei dieser traditionellen Tagung blicken sie auch auf die 60-jährige Geschichte des Instituts zurück.

Es ist der Anspruch einer systematischen Weiterentwicklung von Lehre und Forschung seit der Institutsgründung durch Prof. Dr. August Schläfer, der die Gebiete der Planung und das Betreiben von Fabriken und Produktionsstätten ins Leben gerufen hat. Dies für Industrie und Dienstleistungen nach dem Grundsatz der Einheit von Mensch, Technik und Organisation. Gegenstand von Forschung und Lehre des Institutes war und ist das Planen und das Betreiben von Fabriken und Produktionsstätten sowie deren Vernetzung zu komplexen Wertschöpfungsketten von der Geschäftsmodellbildung über die Produktionsprogrammplanung zu den Produktions-, Logistik- (TUL) und Arbeitssystemen.

Das Institut steht dabei auf nationaler und internationaler Ebene im engen Kontakt zu den Vertretern der Wissenschaft und Industrie in regionalem, nationalem und globalem Maßstab. Ein Schwerpunkt war und ist die Ausbildung und Lehre von ganzheitlichen Denkansätzen mit Expertenwissen zur vernetzten, wandlungsfähigen und energieeffizienten Fabrik sowie die Verzahnung von Methoden- und Objektbereich. Letzteres bildet unter anderem die Grundlage für die Digitalisierung.

In den vergangenen 60 Jahren wurden etwa 3.000 Diplom-Ingenieure, Master of Science und Bachelor of Science ausgebildet. 200 abgeschlossene Promotionen und Habilitationen sowie 21 Wissenschaftler, die als Professoren berufen wurden, sind Ausdruck einer stolzen Bilanz.

Laborative Basis für Forschung und Ausbildung

Forschung und Ausbildung erfolgten stets mit praktischer Unterstützung durch Labore, Technika und der industriellen Praxis. 1986 wurde das „Technikum automatisierte bedienarme Produktion“ als CIM-Fabrik (computerintegrated manufacturing) anlässlich der Feierlichkeiten zur Verleihung des Status einer Technischen Universität übergeben. Es wurde eine durchgängig automatisierte und rechnergesteuerte Produktionsstätte mit den Teilbereichen Lager, Lagerbedienung, Kommissionierung mit Robotern, den relevanten Flur- und Überflurfördertechnik einschließlich Übergabestationen zwischen den automatisierten Transport- und Lagersystemen sowie den Produktionsmaschinen realisiert. Die automatisierte Prozesssteuerung erfolgte über einen rechnergesteuerten Leitstand.

Methodische Grundlage bildete die produktionsnahe Prozesssimulation sowie die durchgängige Digitalisierung der gesamten Lösung. Ein erstes abgeschlossenes Praxisergebnis war die Fertigung und Montage über hybride Montagezellen und Roboter für Tischbohrmaschinen (Thum) als CIM-Fabrik. Die ständige Weiterentwicklung in den 1990er Jahren erfolgte durch Integration des technischen Arbeitsschutzes (Mensch-Maschine-Roboter) und dem Einsatz rechnergeführter, lasergesteuerter Transportfahrzeuge. Damit wurden wesentliche Grundlagen zur Entwicklung von CIM-Fabriken in Verbindung mit der Industrie (z.B. „Fritz Heckert Kombinat“ Chemnitz) geschaffen.

Im Jahr 1991 wurde das CIM-Technologie Transferzentrum (CIM-TTZ) gegründet, an dem sich die Fabrikplaner mit ausgewählten CIM-Bausteinen und dem Aufbau des Speziallabors „Materialfluss und Logistik“ beteiligten. Ein weiteres Highlight stellte die Entwicklung des rechnergestützten Fabrikplanungs- und Projektierungssystems CAD-FAIF dar, welches eine digitale, rationelle Aufbereitung der betrieblichen Primärdaten zur Fabrikplanung und -steuerung ermöglichte.

Der Fokus der Lehre und Forschung des Institutes lag in den 1990er Jahren auf vernetzten Produktions- und Dienstleistungsstrukturen. Somit waren synergetische und regionale Kooperationsnetze der Produktion, Modell- und Testfabrik sowie Kompetenz-, Logistik- und Simulationsnetze für KMU Forschungsschwerpunkte. Durch Unterstützung der IBM Deutschland wurde das Fabrikinformationssystem Chemnitz (FIS-C), mit dem unternehmerische Geschäftsprozesse optimiert und im Steuerungslabor verifiziert werden konnten, am Institut entwickelt und etabliert.

Die Neugründung des IBF und dessen Weiterentwicklung von 1995 bis 2016

Im Jahr 1995 erfolgte die lang vorbereitete Neugründung des Institutes für Betriebswissenschaften und Fabriksysteme (IBF) als freiwilliger Zusammenschluss der Professuren Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Produktionsprozesssteuerung und Fabrikautomatisierung sowie Arbeitswissenschaft. Neben den betriebswissenschaftlichen Instituten der ETH Zürich, der TU Wien und der TU München war es das vierte seiner Art im mitteleuropäischen Raum. In dieser Zeit entwickelte sich eine intensive Zusammenarbeit mit betriebs- und arbeitswissenschaftlichen Instituten an Hochschulen bzw. Universitäten in Deutschland und dem Ausland. Besonderer Dank bei der Unterstützung des Transformationsprozesses geht an Prof. Spur (TU Berlin), Prof. Wiendahl (Universität Hannover), Prof. Pritschow, Prof. Westkämper (Universität Stuttgart) und Prof. Schenk (Universität Magdeburg).

In der Lehre setzte sich das Institut das Ziel, universitäre Diplom-Ingenieure mit solidem theoretischen Grundlagenwissen und betriebswissenschaftlichem Fachwissen, gepaart mit der Fähigkeit zur Teamarbeit für die Bewältigung von Problem¬lösungsprozessen auf der Grundlage eines ganzheitlichen Denkansatzes für Produktion und Dienstleistung auszubilden. Ein erster Schritt war die Ausbildung in der Fachrichtung „Fabriksysteme“, die in Deutschland in dieser Form ein Novum darstellte.

Weitere Aktivitäten nach der Neugründung des Institutes waren u.a. die Neuberufung von Honorarprofessoren zum „Baumanagement“, die Entwicklung des interaktiven Planungswerkzeuges visTable zur intuitiven Layout-Planung, Gestaltung und Materialflussoptimierung von einzelnen Fertigungsabschnitten bis hin zu kompletten Fabriken, ein Innovationskolleg (IK) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) auf dem Gebiet der Produktionstechnik im Maschinenbau mit dem Titel „Bildung eines vernetzten Logistik- und Simulationszentrums“, die Einrichtung des Studiengangs „Systems Engineering“ zum Wintersemester 1999/2000, die Initiative zum Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen, die Vordringlichen Aktion VA16 „Flexible temporäre Fabrik“ , der Sonderforschungsbereich SFB 457 „Hierarchielose regionale Produktionsnetze“ – unter der Sprecherschaft des IBF – mit einem kompetenzzellenbasierten Vernetzungsansatz als Grundlage für die Digitalisierung von Produktions- und Dienstleistungsnetzen.

Ausbau der Versuchsfeldlandschaft

Mit der Neuberufung der Professur für Fabrikplanung und Fabrikbetrieb (2002) sowie der Professur für Arbeitswissenschaft (2004) erfolgten der Ausbau und die Modernisierung der Institutsgebäude, z.B. das ehemalige Technikum zur Experimentier- und Digitalfabrik (EDF) in drei Ausbaustufen, das Projekthaus METEOR sowie die vierte Ausbaustufe der EDF. Diese Erweiterungen bilden die Grundlage für eines von zehn Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren „Digitalisierung zum Anfassen“.

Das Institut für Betriebswissenschaften und Fabriksysteme verfügt heute über eine umfassende Laborlandschaft mit einer Vielzahl von Speziallaboren und Testumgebungen. Angefangen von der Experimentier- und Digitalfabrik (EDF), als „komplette Minifabrik“, CAD-Systemen und Virtual Reality-Technologien bis hin zu Arbeitsumwelt-, Biometrik-, Ergonomie- und Usability-Laboren sowie Mobility Lab (Fahrsimulator) und weiteren Labs.

(Autor: Prof. Dr. Siegfried Wirth, längjähriger Institusdirektor)

Mario Steinebach
18.10.2016

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