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„Unsere moderne Kultur ist ohne ihre antiken Grundlagen nicht zu verstehen“

Elf Fragen an Jun.-Prof. Dr. Marian Nebelin, der seit Oktober 2015 Inhaber der Juniorprofessur Antike und Europa mit besonderer Berücksichtigung der Antikerezeption ist

  • Spuren der Antike in Chemnitz: Jun.-Prof. Dr. Marian Nebelin am Scherbenlabor im Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz - Scherben von Keramikgefäßen sind die häufigsten archäologischen Objekte. Foto: Steve Conrad

Jun.-Prof. Dr. Marian Nebelin (34) ist seit Oktober 2015 Inhaber der Juniorprofessur Antike und Europa mit besonderer Berücksichtigung der Antikerezeption. In elf Antworten gibt er den Lesern von „Uni aktuell“ Einblicke in seinen Werdegang, seine Ziele und seine Zeit in Chemnitz.

Was versteht man eigentlich unter Ihrem Fachgebiet Antike und Europa mit besonderer Berücksichtigung der Antikerezeption?

Die Juniorprofessur vereint zwei eng miteinander verwandte Schwerpunktsetzungen innerhalb der Geschichtswissenschaften: Zum einen befasse ich mich mit den Ursprüngen Europas in den Kulturen der Antike; es geht also letztlich um deren Geschichte als Vorgeschichte unserer Gegenwart. Das ist ein geradezu „klassischer“ althistorischer Schwerpunkt. Zum anderen aber befasse ich mich auch damit, wie die Antike in späteren Epochen wahrgenommen, dargestellt und nutzbar gemacht worden ist; das ist der Bereich der Antikerezeption.

Die TU Chemnitz ist für mich als Juniorprofessor die richtige Wahl, weil…

…sie sich durch ein äußerst angenehmes und inspirierendes kollegiales Umfeld sowie durch aufgeschlossene und interessierte Studierende auszeichnet.

Stellen Sie uns kurz Ihre akademische Laufbahn vor.

In Dresden und Paris habe ich Geschichte, evangelische Theologie und Philosophie/Ethik studiert. Im Anschluss nahm ich ein Jahr lang ein Graduiertenstipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung wahr, um dann von 2010 bis zu mein Rufantritt in Chemnitz als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fach Alte Geschichte an der HU Berlin tätig zu sein. Zuvor wurde ich 2014 an der TU Dresden mit einer Arbeit über die Semantik des Politischen bei Cicero promoviert.

Beschreiben Sie Ihre Studienzeit in maximal 15 Worten.

Meine Studienzeit war frei, lektürereich, politisch, spannend, horizonterweiternd, prägend –irgendwann aber beengend und damit vorbei.

Hatten Sie während Ihrer Studienzeit Vorbilder, die Sie zur wissenschaftlichen Karriere ermutigt haben?

Für die Wissenschaft muss man sich selbst entscheiden. Aber natürlich gab es Menschen, die mich als Wissenschaftler geprägt haben und bis heute prägen. Für die Studienzeit wären exemplarisch zu nennen: Mein Vater, der Neuzeithistoriker ist und mit dem ich einen politischen Fokus teile, mein Doktorvater Martin Jehne, dessen pragmatischem institutionengeschichtlichen Zugriff (und Humor) ich viel verdanke, sowie meine Frau, die als Althistorikerin verwandte, aber gerade nicht identische Wege geht.

Was geben Sie jungen Studierenden und Absolventen mit auf den Weg?

Studieren Sie nur, was Sie wirklich interessiert. Werden Sie nur Geisteswissenschaftler, wenn Sie es lieben zu lesen und zu schreiben. Dann aber scheuen Sie keine Mühen: Was Sie tun, sollte Ihre Passion sein, und in der Wissenschaft bedeutet das eben, dass Leidenschaft und Leiden manchmal durchaus zusammengehören – gerade wenn die Leidenschaft am Ende überwiegt.

Was möchten Sie künftig in der Lehre erreichen?

Ich möchte Studierende für die Beschäftigung mit den Kulturen der Antike begeistern. Es geht darum, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass die Geschichte der Antike in der Gegenwart nicht zu Ende ist: Unsere moderne Kultur ist ohne ihre antiken Grundlagen nicht zu verstehen.

Welche Impulse setzen Sie in der Forschung an der TU Chemnitz?

Mein Hauptarbeitsthema ist die Geschichte des Politischen. Daran interessiert mich grundsätzlich, wie Menschen ihr Zusammenleben, aber auch ihre Konflikte realisiert und institutionalisiert haben. An den Kulturen der Antike ist dabei von besonderem Interesse, dass ihnen das Bewusstsein für die Prekarität ihres eigenen kollektiven Überlebens besonders gegenwärtig war. Wie die in diesen Kulturen entwickelten Vorstellungen vom Politischen wiederum nachwirkten – wie also beispielsweise aus der antiken die moderne Demokratie wurde – prägt dann auch meinen zweiten, den rezeptionsgeschichtlichen Interessensschwerpunkt.

Es gibt rund 45.000 Professoren an deutschen Hochschulen. Was hebt Sie ab?

Bei 45.000 Professoren müsste die Frage wohl eher lauten: Was eint uns?

Welchen Ort in Chemnitz zeigen Sie Gästen am liebsten?

Das hängt definitiv von den Besuchern ab; aber das Ensemble des Karl-Marx-Monuments gehört sicher dazu.

Wie bringen Sie sich ins Leben der Stadt ein?

Geschichtswissenschaft macht dann am meisten Sinn, wenn sie unmittelbar auch für Nichthistoriker von Interesse ist. Deshalb wirken die Historiker des Instituts für Europäische Geschichte der TU Chemnitz nicht allein über ihre Publikationen, sondern über die Zusammenarbeit beispielsweise mit Museen und Vereinen auch direkt in die Chemnitzer Bürgerschaft hinein. Ich bilde da keine Ausnahme und bereite derzeit entsprechende Kooperationen vor.

Weitere Informationen zur Professur: https://www.tu-chemnitz.de/phil/geschichte/ag

Katharina Thehos
18.03.2016

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