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Theorie aus Chemnitz trifft Praxis in Sotschi

Im Gespräch: Mirjam Teicher studiert Sports Engineering und war für die Bauerfeind AG im Rahmen eines Praktikums bei den Olympischen Spielen in Sotschi

  • Sports Engineering-Studentin Mirjam Teicher schnupperte Praxisluft an einem besonderen Ort: Vom 29. Januar bis zum 9. Februar 2014 war sie als Mitglied des Olympia-Teams der Bauerfeind AG im russischen Sotschi. Das Unternehmen unterstützt die medizinische Versorgung aller rund 2.900 Athleten aus mehr als 85 Nationen. Foto: Bauerfeind AG/Simone Gebler
  • Für die Winterspiele in Sotschi liefert Bauerfeind als einziger Hersteller der Welt Bandagen, Orthesen, medizinische Kompressionsstrümpfe und orthopädische Einlagen. In allen drei Olympischen Dörfern sind rund um die Uhr Techniker des Unternehmens in den Polikliniken im Einsatz. Im "Endurance Village" unterstützte TU-Studentin Mirjam Teicher die Ärzte bei der Versorgung der Athleten. Foto: Bauerfeind AG/Simone Gebler

Mirjam Teicher studiert seit 2010 Sports Engineering an der TU Chemnitz. Derzeit verfasst sie ihre Bachelorarbeit bei der Bauerfeind AG. Vom 29. Januar bis zum 9. Februar 2014 erlebte sie ein besonderes Highlight: Sie rutschte kurzfristig in das Olympia-Team des Unternehmens und versorgte Sportler im russischen Sotschi. Katharina Thehos sprach mit der 24-Jährigen über ihre Arbeit im Olympischen Dorf und die Verbindung von Theorie und Praxis.

Wie kam es zu dem Olympiaeinsatz?

Ich habe 2013 bei der Bauerfeind AG in Zeulenroda in Thüringen ein Praktikum gemacht und schreibe jetzt dort meine Bachelorarbeit zum Thema Belastbarkeit einer Ellenbogenbandage. Bauerfeind ist Partner der Winterspiele in Sotschi. Sie liefern nicht nur Bandagen, Orthesen, Kompressionsstrümpfe und Einlagen, sondern sind auch mit eigenen Technikern vor Ort. Als ich gefragt wurde, ob ich als Ersatzfrau einspringen kann, habe ich natürlich ja gesagt.

Wo genau haben Sie gearbeitet?

In der Poliklinik im Olympischen Dorf "Endurance Village", in dem die Biathleten und Langläufer ihre Wettkämpfe bestreiten. Das ist zwar das kleinste Dorf, aber meiner Meinung nach das schönste. Sehr idyllisch in den Bergen gelegen, mit viel Schnee und wunderschönen Häusern für die Sportler.

Wie lief die Arbeit vor Ort ab?

Die ersten Kontakte waren ein bisschen schwierig, da die Kommunikation mit den Ärzten in der Klinik größtenteils auf Russisch ablief. Hierbei halfen uns die jungen Medizinstudentinnen, die an der Rezeption gearbeitet haben. Nach ein paar Tagen ging die Arbeit Hand in Hand mit den Ärzten. Kam ein verletzter Athlet in die Poliklinik, erstellte der Arzt die Diagnose und dann - wenn es um Orthopädietechnik ging - überlegten die Ärzte und ich, welches Produkt das Beste ist für den Sportler. Da ich die Produkte von Bauerfeind meist am besten kannte, war meine Empfehlung wirklich gefragt. Meine Aufgabe war dann, die passende Größe zu ermitteln. Orthesen und Schuheinlagen haben wir individuell auf die Beschwerden des Athleten angepasst. Anschließend habe ich den Athleten und seinem Teamarzt oder Physiotherapeuten genau erklärt, wie das Produkt funktioniert und wie es angelegt wird.

Welche Sportler kamen zur Versorgung in die Klinik?

Biathleten und Langläufer aus verschiedenen Ländern. Als das Training begann, stieg die Zahl der Verletzungen spürbar. Das fing bei einer geprellten Hand an und hörte beim lädierten Knöchel auf.

Welche Erfahrungen aus dem Studium haben Ihnen in Sotschi besonders geholfen?

Natürlich ist es gut, eine theoretische Basis mitzubringen, sei es in Biomechanik, Bewegungswissenschaft oder Medizin. Das alles hilft vor allem in der Kommunikation mit den Ärzten. Im vergangenen Semester hatten wir beispielsweise eine Vorlesung "Getriebe und Mechanismentechnik", die mir fundiertes Vorstellungsvermögen für das Anpassen von komplexen Knieorthesen und ähnliches vermittelt hat. Für die Einlagenversorgung haben mir die Blockseminare "Forschungsmethoden der Sportwissenschaft" und "Forschungsgebiete in Bewegungswissenschaft und Sporttechnologie" sehr geholfen. Ein Teil des zweiten Seminars bestand aus sensomotorischen Messungen und Fußdruckmessungen, was unter anderem die Basis für eine orthopädische Einlagenversorgung ist.

Auch mein Auslandssemester in Peru war eine gute Grundlage. Dort habe ich in einem Labor gearbeitet, wo wir uns auch in einer fremden Sprache über wissenschaftliche Inhalte beraten haben. Dabei habe ich Erfahrung im Umgang mit fremden Kulturen und ihren Besonderheiten gesammelt - und gelernt, aktiv nach Unterstützung zu fragen.

Was war Ihr persönliches Highlight bei Olympia?

Den 10-Kilometer-Sprint im Stadion zu sehen. Einer der Biathleten ging gehandicapt ins Rennen: Er war mit verknackstem Knöchel zu uns in die Klinik gekommen und lief zwei Tage später in die Top 20. Wahnsinn. Der Wille eines Athleten überwiegt gegenüber den Schmerzen. Gewonnen hat am Ende Ole Einar Björndalen, was die Stimmung im Stadion zum Überkochen brachte. Ein weiteres Highlight war es, bei der Generalprobe der Eröffnungsfeier live dabei zu sein. Schon dabei gingen Laola-Wellen durch die Zuschauertribünen und das Feuerwerk rundete eine schöne Nacht ab.

Und wie geht es jetzt weiter?

Ich schreibe erstmal meine Bachelorarbeit bei Bauerfeind zu Ende. Beim Praktikum dort und natürlich jetzt in Sotschi habe ich gemerkt, dass ich auch in Zukunft gerne praktisch mit Patienten arbeiten würde. Deswegen überlege ich, ob ich entweder eine Ausbildung als Orthopädiemechanikerin anschließe oder den Master-Studiengang Medical Engineering belege, der im kommenden Wintersemester an der TU Chemnitz startet.

Vielen Dank für das Gespräch!

Katharina Thehos
12.02.2014

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