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  • Das Publikum hat entschieden: Der Erstplatzierte erhielt Federschmuck, die ersten beiden bekamen Fahrkarten zum Finale; Urkunden und Beifall gab es für alle acht Kandidaten. Foto: Sabrina Cyprich
  • Zehn Minuten für Polyolefine: Felix Dallmann trat für Chemnitz an und sprach über das Recycling von Kunststoff. Foto: Sabrina Cyprich
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Tierische Physik und eine heiße Sache

388 Wissenschaftsbegeisterte beim ostdeutschen Vorentscheid für die Deutsche ScienceSlam-Meisterschaft - TU-Student löst Ticket nach Karlsruhe

Peter der Lemur und Sieglinde die Maulwürfin waren am Abend des 4. Juli 2012 im Chemnitzer Schauspielhaus zu Gast. Beim ostdeutschen Vorentscheid für die Deutschen ScienceSlam-Meisterschaften waren sie die Hauptpersonen im Vortrag des Slam-Siegers André Lampe. Der Physiker aus Berlin sicherte sich neben der Sieger-Krone auch ein Ticket nach Karlsruhe, wo im November der beste Slammer Deutschlands gesucht wird. Ebenfalls den Fahrschein nach Karlsruhe löste Felix Dallmann, der an der TU Chemnitz Chemie studiert und seinen Heimvorteil nutzte.

André Lampe, Doktorand an der Freien Universität Berlin, schlug im vollbesetzten großen Saal des Schauspielhauses die Brücke von den Sehfähigkeiten eines Lemurs und einer Maulwürfin zu den Mikroskopen seiner täglichen Arbeit. Die Maulwürfin Sieglinde ist kurzsichtig und sitzt in ihrem Hügel. Dort hat sie nur ein sehr kleines Guckloch, sieht also nur an einer Stelle, aber dort sehr genau - sie "funktioniert" wie ein Konfokal-Fluoreszenz-Mikroskop. Der Lemur Peter sitzt im Baum, hat einen großen Bereich im Blick, erkennt aber nur Strukturen und keine Details - er entspricht dem Weitfeld-Fluoreszenz-Mikroskop. "Und wozu braucht man das?", fragte Lampe und klärte auf: um moderne Bluttests zu entwickeln - oder genauer: Waltraud, das Bluttestgerät. Dieses arbeitet fluoreszenzbasiert, ist schneller, preiswerter und teilweise genauer als andere Geräte und zudem automatisierbar.

Der Zweitplatzierte Felix Dallmann sprach unter dem Titel "Eine heiße Sache" über seine Diplomarbeit, die er an der Professur Technische Chemie der TU Chemnitz verfasst. Diese beschäftigt sich mit der "Polyolefin-(Re-)Granulation im Rührkesselreaktor" - oder vereinfacht gesagt: dem Kunststoffrecycling. Zu 100 Prozent ist der im Jahr 2011 angefallene Kunststoffabfall verwertet worden, der größte Anteil jedoch wanderte zur Energiegewinnung in die Verbrennung; nur ein kleinerer wurde wirklich recyclet. Das liegt - so Dallmann - auch daran, dass die Molekülketten, aus denen der Kunststoff besteht, beim derzeitigen Recyclingverfahren immer kürzer werden. Und wenn sie zu kurz sind, kann der Mensch sie schmecken - falls sie etwa durch Küchengeräte aus Kunststoff in die Nahrung gelangen. Deshalb befasst der Chemnitzer Student sich mit einem neuen Verfahren, dass diesen Beigeschmack des Recyclings verhindern soll.

Das Publikum vergab nach den einzelnen Vorträgen Schulnoten für die Referenten und wählte so die Top-Vier in eine zweite Entscheidungsrunde. Dort zählte der Applaus des Publikums. Die Qualifikation nach Karlsruhe knapp verpassten dabei Peter Westerhoff, promovierender Medizintechniker an der Charité Berlin, und Dr. Arndt Pechstein, Biochemiker aus Halle. Westerhoff plauderte über die Entwicklung von künstlichen Gelenken. Mit Hilfe von Computerchips messen die Wissenschaftler die Kräfte und Belastungen, die auf diese wirken. Ein Ergebnis: Wird eine Bierflasche am ausgestreckten Arm vom Körper weg gehalten, entsteht in der Schulter eine Belastung, die 120 Prozent des Körpergewichtes entspricht. Wird die Flasche zum Mund geführt, verkleinert sich der Hebelarm und damit die Belastung - Westerhoffs Fazit: "Trinken ist besser als anstoßen." Diese und weitere Faktoren beachten die Ingenieure an der Charité bei der Entwicklung von "Ersatzteilen", jedoch geben sie zu: "Das Original ist immer besser als die Kopie." Auch Pechstein gab Einblicke in seine Forschungsergebnisse: Er konnte nachweisen, dass die Transmitter, die in den Synapsen der menschlichen Nervenzellen für die Informationsweitergabe verantwortlich sind, mit einer Art Klebstoff zusammengehalten werden. Versagt dieser Klebstoff begünstigt dies Krankheiten wie Epilepsie und Parkinson.

Auch die weiteren vier Slammer des Abends boten zehn Minuten Wissenschaft für Ahnungslose und heimsten viel Beifall ein: Nick Drummer (Wirtschaftswissenschaftler aus Freiberg) erklärte, was es mit Eurobonds aufsich hat. Dazu ließ er Angie, Francois und Mario gemeinsam mit einem namenlosen Griechen in eine Vierer-Studenten-WG einziehen und einen gemeinsamen Fernseher kaufen - Ähnlichkeiten mit wahren Begebenheiten natürlich ausgeschlossen. Marlis Bärthel (Mathematikerin aus Jena) sprach unter dem Titel "Robin Hood an der Börse" über die Finanztransaktionssteuer und rechnete anhand zweier Karten spielender Könige vor, dass sich mit der Einführung der Steuer Geld einnehmen lässt - die Märkte hingegen beruhigt sie nicht. Dr. Ina Hoyer (Werkstoffwissenschaftlerin aus Chemnitz) zeigte anhand einer Liebesgeschichte die Unterschiede zwischen den beiden Verfahren Löten und Schweißen auf. Durch den Einsatz von Lot und Flussmittel hatte die Geschichte - in der es um die Anfertigung von Eheringen aus zwei verschiedenen Metallen ging - ein Happy End. Und Dr. Björn Schott (Mediziner aus Magdeburg) sprach über "Junge Draufgänger und bedächtige Alte". Dabei zeigte er, dass ältere Menschen sich bei der bloßen Ankündigung einer Belohnung weit weniger freuen als jüngere. Wird diese dann aber in die Tat umgesetzt, schnellt die Begeisterung der älteren rasant hoch - die Messung ihrer Gehirnaktivitäten verrät es. Moderiert wurde der Abend von TU-Arbeitswissenschaftler Dr. Jens Mühlstedt und Tobias Glufke aus Halle, der bereits Ko-Moderator des Deutschen ScienceSlam-Finales 2011 in Hamburg war.

Im Wintersemester beginnt die dritte Staffel des Chemnitzer ScienceSlams. Wer dann zu den Referenten gehören und um den Wanderpokal kämpfen möchte, kann sich schon jetzt bei der Zauberberg Medien GmbH melden: Telefon 0371 273 247-34, E-Mail scienceslam@zauberberg-medien.de

Katharina Thehos
05.07.2012

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