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Regionale Kooperation hemmt Internationalisierung

Prof. Dr. Suleika Bort untersuchte den Einfluss multinationaler Unternehmen auf das Internationalisierungsverhalten von Start-ups – Veröffentlichung in renommierter Fachzeitschrift

Die Erschließung internationaler Märkte – für Start-ups sowie kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) ist dieser Schritt oft mit großen Herausforderungen verbunden. Multinationale Unternehmen (MNCs) haben hier meist die Nase vorn. Warum das so ist, haben Forscherinnen und Forscher aus Chemnitz, Mannheim und Tel Aviv untersucht.

In ihrer Studie mit dem Titel „The influence of MNCs on international alliance formation behavior of co-located start-ups“ untersuchten Prof. Dr. Suleika Bort, Inhaberin der Professur für Organisation und Internationales Management der Technischen Universität Chemnitz, und ihre Kollegen Barak Aharonson (Tel Aviv University) sowie Prof. Dr. Michael Woywode (Universität Mannheim), wie und unter welchen Umständen die Internationalisierung von Start-ups und KMUs von der Zusammenarbeit mit multinationalen Unternehmen beeinflusst wird. Der Artikel erscheint in dem renommierten internationalen Journal „Organization Science“.

Wissen generieren durch stellvertretendes Lernen

„Wir haben untersucht, unter welchen Bedingungen multinationale Unternehmen als Vorbild für die Start-ups und KMUs dienen“, erklärt Prof. Suleika Bort. Dieser Vorgang wird auch als „stellvertretendes Lernen“ bezeichnet – ein Prozess, durch den ein Beobachter aus dem Verhalten und den Folgen eines Modells lernt und nicht aus Ergebnissen, die sich aus seinen eigenen Leistungsversuchen ergeben. Das „stellvertretende Lernen“ hilft so Start-ups, Wissen zu gewinnen und Chancen aus der Erfahrung anderer Organisationen zu erzielen. „Die Faktoren, die zu Abweichungen beim stellvertretenden Lernen führen können, werden in unserer Forschungsarbeit analysiert“, so Bort.

Praxiswissen durch Interviews mit Branchenexperten und Unternehmen

Das internationale Forschungsteam untersuchte die Aktivitäten von 960 deutschen Biotechnologie-Start-ups in 19 deutschen Biotechnologieindustrien. Zu diesem Zweck stellten sie Daten aus verschiedenen Quellen zusammen. Darunter fallen auch die Jahrbücher der deutschen Biotechnologiebranche. Durch diese Methode identifizierten die Forscherinnen und Forscher aktive Biotechnologieunternehmen sowie die inländischen und ausländischen MNCs mit Sitz in Deutschland. Das deutsche Handelsregister wurde ebenfalls herangezogen, um Gründung, Fusionen und Übernahme sowie Standort und andere rechtliche Aspekte der Start-ups zu ermitteln.

Die Forschungsarbeit stützt sich zudem auf fachliche Gutachten und praktische Expertise: Mehrere Interviews mit Branchenexperten und Unternehmen der Biotechnologiebranche wurden für die Untersuchung geführt. „So konnten wir besser verstehen, welche Motive, aber auch welche Herausforderungen, entscheidend für die Internationalisierung von Start-ups sind“, berichtet Bort. 

Internationalisierung durch multinationale Unternehmen nicht immer gefördert

Die Studie zeigt, dass die Kooperationen mit multinationalen Unternehmen die Internationalisierung von Start-ups und KMUs nicht immer fördern. Oft sehen die kleineren Unternehmen die Kooperation mit multinationalen Unternehmen schon als Ersatz für die eigene Internationalisierung – und vernachlässigen die Ausdehnung der unternehmerischen Tätigkeiten über die nationalen Grenzen hinaus.

Zudem untersuchen die Forscher weitere Einflussfaktoren, beispielsweise wie forschungsstark die MNCs sind und ob es zu unterschiedlichen Ergebnissen führt, falls diese Unternehmen ihren Hauptsitz in Deutschland bzw. im Ausland haben.

Standort des MNCs ist entscheidend

Insgesamt zeigt die Studie, dass Start-ups sowie KMUs in ihrem Internationalisierungsverhalten nicht nur von anderen Start-ups und KMUs beeinflusst werden, sondern auch von MNCs in der Region profitieren. Start-ups können die Erfahrung und das Wissen von Organisationen, die am selben Standort ansässig sind, nutzen. Das Verhalten bei der Bildung internationaler Allianzen kann so gefördert werden.

Die Studie hebt hervor, dass der Standort des MNCs entscheidend ist: Je nachdem, ob es sich bei den multinationalen Unternehmen um ein inländisches oder ausländisches Unternehmen handelt, wirkt sich das unterschiedlich auf das „stellvertretende Lernen“ aus.  

Ein Ergebnis hat die Forscherinnen und Forscher dabei besonders überrascht: Je stärker die großen MNCs und die kleinen Start-Ups in der Region zusammenarbeiten, desto weniger bilden die Start-Ups internationale Allianzen. „Start-Ups sollten sich daher gut überlegen, mit wie vielen MNCs sie kooperieren“, erklärt Bort. „Sie müssen sich darauf einstellen, dass ihre eigene direkte Internationalisierungsaktivität reduziert werden könnte.“ Das Gleiche gilt auch für die Zusammenarbeit mit ausländischen multinationalen Firmen: die Zusammenarbeit mit ausländischen MNCs führt dazu, dass die Start-ups weniger direkten Internationalisierungsaufwand betreiben.

Multimedia

In der Reihe „TUCpersönlich“ liegt ein Podcast mit Prof. Dr. Suleika Bort vor. Darin berichtet sie u.a. von den Herausforderungen des wissenschaftlichen Arbeitens in „Down Under“ und warum es für Bort wünschenswert wäre, dass Kryptowährungen in unseren Alltag einziehen

Veröffentlichung: Aharonson, B., Bort, S., Woywode, M. (2020). The Influence of Multinational Corporations on International Alliance Formation Behavior of Colocated Start-Ups. Organization Science, https://doi.org/10.1287/orsc.2019.1315

Weitere Informationen erteilt: Prof. Dr. Suleika Bort, Professur für Organisation und Internationales Management, Tel. 0371/531-34906, E-Mail Suleika.Bort@wirtschaft.tu-chemnitz.de

(Autorin: Julia Henkel)

Matthias Fejes
09.03.2020

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