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Seniorenkolleg an der TU Chemnitz
Gießereitechnik in Sachsen – gestern und heute
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Referent: Dr. Günter Schäfer, Förderverein Sächsisches Industriemuseum Chemnitz

„Zwischen gestern und heute spannt sich in der Gießereitechnik ein weiter Bogen“, das sagte Günter Schäfer zu Beginn seiner Vorlesung. Dabei erfuhren die etwa 600 Teilnehmer des Seniorenkollegs vordergründig das Wichtigste über die Geschichte der Gießerei. So gelte die Eisenzeit als Epoche der Ur- und Frühgeschichte, in der Metallgegenstände vorwiegend aus Eisen hergestellt wurden. „Diese Epoche umfasst etwa den Zeitraum  des achten Jahrhunderts vor Christus“, betonte Schäfer. Das Mittelalter habe zur Blüte der Schmiede geführt. Ende des 15. – Anfang des 16. Jahrhunderts sei das Eisen erstmals flüssig gemacht wurden. „Das war die Sternstunde der Gießer“, wies der Referent hin.

Im Jahr 1855 sei es zum ersten Mal gelungen, Stahl in Formen zu gießen.  Dabei wurden auch zahlreiche Maschinenteile gegossen. Schäfer bezeichnete das Ganze als eine „industrielle Revolution“.  Dennoch hätten sich die Gießer oftmals ein wenig mystisch gesehen. „Das hat einzig und allein an der Sichtweise gelegen. Es herrschte die sogenannte Holz-Zeit. Viele Maschinen wurden noch aus Holz hergestellt“, erklärte der Redner. Dazu sei der Grundsatz der Mühlenbauer gekommen, der lautete: „Benutze nie Eisen, wenn es auch Holz tut“.  Doch mehr und mehr habe man die Vorteile des Gießens von Metallen erkannt. Zu diesen gehörten unter anderem die große Werkstoffvielfalt sowie die freie Gestaltungsmöglichkeit. Auch im damaligen Chemnitz fand die Gießerei Einzug. „1828 wurde das erste Tiegelgussverfahren durchgeführt“, sagte Schäfer. Elf Jahre später habe man den ersten Kupolofen angeblasen.  Dabei handle es sich um einen Schachtofen, in dem Metalle geschmolzen werden können.

In Chemnitz habe es im Jahr 1865 16 Eisen-, 10 Metall- und zwei Glockengießer sowie 36 Metallfabrikanten gegeben. „Dabei wurden nicht nur Gussteile für den Maschinenbau, sondern auch Teile für Haus, Hof und Garten gefertigt“, ergänzte der Referent. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts sei das Formen und Gießen noch reine Handarbeit gewesen. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts setzte die Maschinenarbeit ein. „Die Zahl der Gießereien ging im 19. Jahrhundert im damaligen Kammerbezirk Chemnitz steil nach oben“, wies Schäfer hin. Dennoch hatten es viele schwer und überstanden nur ein Jahr. Darüber hinaus bekamen zahlreiche Gießereien den Charakter einer Werkstatt – wurden Abteilungen in Maschinenbaubetrieben.

Zum Schluss der Vorlesung erfuhren die Besucher noch  etwas über die derzeitige Situation der Gießereien in Chemnitz. Das größte Unternehmen sei die Sachsen Guss GmbH, die aus der ehemaligen Harlass-Gießerei und späteren Flender Guss AG sowie Siemens Gusstechnik hervorgegangen ist. „In der Trompetter Guss GmbH in der Schönherrstraße wird die Tradition des Gießens fortgesetzt. Seit etwa 160 Jahren wird hier gegossen“, betonte Schäfer. Auch die Computertechnik habe in der Gießereitechnik Einzug gehalten. So werde zum Beispiel  die Erstarrungszeit einer Form berechnet.

„Warum weisen die Lauchhammer-Eisenkunstgussfiguren in Wolkenburg eine grafitartige Oberfläche aus? – lautete eine Frage der Senioren. Dazu  Schäfer: „Die Gussteile sind konserviert, es wir eine ölige Lösung aufgetragen. Dabei gibt es verschiedene Überzugsstoffe.“ Darüber hinaus wollte man  wissen, aus welchem Material die Gießformen bestehen. Nach den Worten des Redners seien diese nach wie vor aus Sand.

12. April 2016

Autor: Bernd Wild, Seniorenkolleg