Forschungsprofil der Professur
Die Professur Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Methoden der Bildungsforschung deckt in ihrer Forschungsarbeit ein breites Spektrum erziehungswissenschaftlicher Fragestellungen ab. So finden sich neben systematischen und grundlagentheoretischen auch methodologische Arbeiten sowie Forschungsprojekte im Bereich der Bildungs-, der Biographie- und der Unterrichtsforschung. In methodischer Hinsicht sind die Forschungsarbeiten überwiegend dem interpretativen Paradigma verpflichtet. So werden Unterrichtsprozesse vor allem konversationsanalytisch und narrative Interviews prozessstrukuranalytisch untersucht. Im Rahmen institutionsbezogener Forschungen - wie z.B. Evaluationsstudien und Lehrforschungsprojekten zum Absolventenverbleib - kommen hingegen quantitativ-empirische Verfahren zum Einsatz. Die gegenwärtig an der Professur angesiedelten Forschungsprojekte beschäftigen sich mit Bildungsprozessen im Lebenslauf, mit interaktiven Verfahren des Wissenserwerbs in unterrichtlichen Kontexten und mit Testverfahren, die zur Messung zuvor erworbener Kompetenzen eingesetzt werden. Die Professur legt großen Wert auf die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und eine forschungsorientierte Lehre. Die Forschungswerkstatt zur Biographieanalyse und das systematische Angebot in den grundständigen Studiengängen bieten hierfür einen strukturellen Rahmen.
Aktuelle Forschungsprojekte
Mit dem Projekt „Erzählte Stadt“ möchten wir einen Beitrag zum Verständnis der Chemnitzer Stadtgesellschaft leisten. Wir glauben, dass für das Verständnis des Lebens in einer Stadt die alltäglichen Erfahrungen der in ihr lebenden Menschen wichtiger sind als Ereignisse, die schnell im Mittelpunkt der Öffentlichkeit stehen. Wir interessieren uns daher für die je eigenen Lebensgeschichten der hier lebenden Menschen:
- Was haben Sie alles in Ihrem Leben erlebt?
- Wo sind Sie aufgewachsen und wie haben Sie Ihre Kindheit verbracht?
- Und wie ging es dann weiter?
Das Dissertationsprojekt beschäftigt sich mit Wissen(sprozessen) in autobiographisch-narrativen Interviews (nach Fritz Schütze). Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Beobachtung, dass der zum Auswertungsverfahren der Narrationsanalyse gehörende Schritt der Wissenanalyse rein methodisch gedacht ist. Unter der Annahme, dass autobiographisch-narrative Interviews verschiedene Wissensbestände repräsentieren, ist eine ausschließliche Betrachtung der eigentheoretischen Elemente der komplexen lebensgeschichtlichen Erzählung für eine umfangreiche Wissensanalyse unzureichend. Aus diesem Grund zielt die Studie darauf ab, den Fragen, inwiefern Wissen in narrativen Interviews artikuliert wird und auf welcher Ebene des Interviews Wissen vorliegt, nachzugehen. Als Datengrundlage liegen sieben vollständig transkribierte autobiographisch-narrative Interviews vor, die mit Blick auf Wissen als ein zentraler Gegenstand der Biographie analysiert werden.
Christiane Brand, M.A.
Das Promotionsprojekt fokussiert Entwicklungen und Trends innerhalb von qualitativ erziehungswissenschaftlichen Forschungspublikationen. Anlass für die Untersuchung liefern hierbei die geringen – wenn überhaupt in den letzten Jahren und Jahrzehnten vorhandenen – Studien und Betrachtungen der qualitativ erziehungswissenschaftlichen Forschungslandschaft. So zeigen die vorhandenen Studien einerseits rein statistische/bibliographische Daten (bspw. Datenreport Erziehungswissenschaft) auf, oder es rücken andererseits Teildisziplinen und deren Publikationen und Zeitschriftenartikel der Erziehungswissenschaft stärker in den Fokus. Um diese Leerstelle zu bearbeiten, entwickelt das Dissertationsprojekt zum einen ein Kategoriensystem zur Erfassung der Vielfalt von Forschungsansätzen, Themen und qualitativen Methoden, das über die in Fachdatenbanken und Überblicksartikeln verwendeten grobkörnigen Kategorien hinausgeht, und zum anderen werden die so eruierten Forschungsmonographien der Jahre 2013, 2018 und 2023 systematisch verglichen.
Markus Schwarz, M.A.
Abgeschlossene Forschungsprojekte
Im Anschluss an die 2015 erarbeitete Konzeption für die Profilierung sächsischer Schulen zu Klimaschulen erfolgt innerhalb der Schuljahre 2016/17 und 2017/18 sowie 2018/19 und 2019/20 die Begleituntersuchung von zehn ausgewählten Modellschulen auf ihrem Weg zur Klimaschule in Sachsen.
Von sechs studentischen Begleitern werden die Schulen mehrmals besucht. Neben der Methode der teilnehmenden Beobachtung als zentrales Verfahren der Ethnographie kommen gezielte Unterrichtshospitationen und Interviews zum Einsatz, durch die auch subjektive Sichtweisen der Lehrenden und Lernenden auf den Modellversuch abgebildet werden können.
Ziel der Untersuchung ist es, die Prozesse der Schulentwicklung zu dokumentieren und Empfehlungen für ihre Verstetigung zu unterbreiten. Es wird weiterhin angestrebt, Faktoren herauszuarbeiten, die für die Entwicklung förderlich oder hemmend erscheinen. Anhand der Ergebnisse der Evaluation lassen sich Kriterien für Klimaschulen ableiten, die in einer Publikation herausgestellt werden und als Richtlinie für künftige Schulen dienen sollen.
Projektleitung: Prof. Dr. Robert Kreitz
Projektumsetzung: Stephanie Cebulla, M.A., wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und studentische Begleiter/innen
Die Professur Erziehungswissenschaft der TU Chemnitz führt die wissenschaftliche Begleitung des vom Freistaat Sachsen in Kooperation mit der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit finanzierten Projektes „Praxisberater an Schulen“ durch. Praxisberater unterstützen seit 2014 die Berufsorientierung an nun mittlerweile 139 sächsischen Oberschulen, indem sie bereits ab Klasse 7 mit der Durchführung des Potenzialanalyseverfahren „Kompetenzanalyse Profil AC Sachsen“ beginnen. Der damit erarbeitete „Entwicklungsplan“ und die weiteren durch den Praxisberater generierten Angebote zur Berufsvorbereitung an der jeweiligen Schule bilden die Grundlage für die weitere Begleitung der Berufsorientierung von Schülerinnen und Schülern durch Berufsberater ab Klasse 8.
Im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus wird eine Evaluationsstudie durchgeführt, mit der die Potenziale und Grenzen des Projektes analysiert sowie Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Tätigkeit der Praxisberater erarbeitet werden. Im Sinne eines „Mixed-Methods-Verfahrens“ werden sowohl quantitative (Fragebogen) als auch qualitative (leitfadengestützte Experteninterviews, Inhaltsanalyse) Methoden verknüpft. Durch Fragebogenerhebungen werden statistische Auskünfte über die Häufigkeit und den Zusammenhang verschiedener Elemente der Praxisberatung aus der Sicht unterschiedlicher Akteure (Schulleitungen, Praxisberater/innen, Berufsberater/innen, Eltern und Schüler/innen) generiert. Neben Schulen mit Praxisberater/inne/n werden im Sinne eines Matching-Verfahrens auch Schulen befragt die (noch) keine/n Praxisberater/in haben. Das qualitative Teilprojekt des Forschungsdesigns ermöglicht es darüber hinaus, detaillierte Auskünfte über Bedarfe oder Problemlagen dieser Akteure einzuholen, zu vergleichen und zu kontrastieren.
Projektleitung: Prof. Dr. Robert Kreitz
Projektumsetzung: Doris Pfeiffer, M.A., Lisa Maxelon, M.A., Fabian Erdsiek, M.Sc.
Die Professur Erziehungswissenschaft der TU Chemnitz führt die wissenschaftliche Begleitung des vom Freistaat Sachsen in Kooperation mit der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit finanzierten Projektes „Praxisberater an Schulen“ durch. Praxisberater unterstützen seit 2014 die Berufsorientierung an 50 sächsischen Oberschulen, indem sie bereits ab Klasse 7 mit der Durchführung des Potenzialanalyseverfahren „Kompetenzanalyse Profil AC Sachsen“ beginnen. Der damit erarbeitete „Entwicklungsplan“ und die weiteren durch den Praxisberater generierten Module zur Berufsvorbereitung an der jeweiligen Schule bilden die Grundlage für die weitere Begleitung der Berufsorientierung von Schülerinnen und Schülern durch Berufsberater ab Klasse 8.
Im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus wird eine Evaluationsstudie durchgeführt, mit der die Potenziale und Grenzen des Projektes analysiert sowie Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Tätigkeit der Praxisberater erarbeitet werden. Im Sinne eines „Mixed-Methods-Verfahrens“ werden sowohl quantitative (Fragebogen) als auch qualitative (Narrative Gruppeninterviews, Ethnografische Beobachtung, Inhaltsanalyse) Methoden verknüpft. Durch Fragebogenerhebungen werden dabei statistische Auskünfte über die Häufigkeit und den Zusammenhang verschiedener Elemente der Praxisberatung aus der Sicht unterschiedlicher Akteure (Schulleiter, Klassenlehrer, Praxisberater, Berufsberater, Eltern und Schüler) generiert. Der qualitative Teil des Forschungsdesigns ermöglicht es dann, detaillierte Auskünfte über Bedarfe oder Problemlagen dieser Akteure einzuholen, zu vergleichen und zu kontrastieren.
Projektleitung: Prof. Dr. Robert Kreitz
Projektumsetzung: Dipl.-Soz. Frank Beier, Lisa Maxelon M.A., Hanan Fischer (studentische Hilfskraft)
Derzeit wird eine Befragung von Pflegefamilien in der Stadt Chemnitz durchgeführt. Ziel ist es Bedarfe und Problemlagen von Pflegefamilien zu rekonstruieren und zu evaluieren. Der Fragebogen befindet sich online: www.pflegeelternbefragung-chemnitz.de
Projektleitung: Frank Beier
In enger Zusammenarbeit mit dem Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) wird in diesem Projekt eine Konzeption für die Profilierung sächsischer Schulen zu Klimaschulen erarbeitet.
Ziel der Konzeption ist es, eine dauerhaft tragende Struktur auszuarbeiten, in der sächsische Schulen ihr eigenes Schulprofil als sogenannte „Klimaschule“ entwickeln können und in ihrer Region Multiplikatoren für die Themen regionaler Klimawandel sowie Klimafolgen und -schutz für andere Schulen bilden.
Ein schulischer Ansatz dergestalt ist bundesweit – so die ersten Rechercheergebnisse – noch nicht anzutreffen.
Die zu erarbeitende Empfehlung für den Verfahrensablauf einer solchen Profilierung konzentriert sich insbesondere auf die Entwicklung und Gestaltung schulischer Handlungsfelder, die zusammengenommen in ein flexibles Rahmenkonzept einer „Kultur der klimafreundlichen Schule“ münden. Darüber hinaus wird ein Verfahrensablauf zur schrittweisen Umsetzung der Profilierung als „Klimaschule“ konzipiert.
Die Ergebnisse werden in einer Publikation dokumentiert.
Projektleitung: Prof. Dr. Robert Kreitz
Projektumsetzung: Franziska Piva, M.A., Tina Walther, B.A. (wissenschaftliche Hilfskraft)
In dem Forschungsprojekt der Professur Erziehungswissenschaft werden unter Beteiligung der BachelorstudentInnen im Schwerpunkt Bildungsforschung und in Kooperation mit der Stadt Chemnitz die Rahmenbedingungen, Anforderungen und Praktiken der Kindertagesbetreuung, Elternarbeit und Familienbildung erforscht. Dazu werden unterschiedliche Erhebungen mit qualitativen und quantitativen Verfahren der Bildungsforschung angewandt.
Projektleitung: Prof. Dr. Robert Kreitz; Franziska Wyßuwa, M.A.
Abgeschlossene Qualifikationen
Das Forschungsprojekt untersucht die Auswirkungen der polnischen Bildungsreformen von 1999 und 2017 auf Sprachlehrerinnen und -erzieherinnen in Oberschlesien. Im Mittelpunkt steht die Frage, inwieweit diese Reformen die Selbstwahrnehmung und (professionelle) Identität von Sprachlehrkräften beeinflusst haben. Grundlage der Analyse bilden zwölf autobiographisch-narrative Interviews mit Sprachlehrkräften aus ländlichen Regionen Oberschlesiens. Methodisch orientiert sich die Untersuchung an der Narrationsanalyse nach Fritz Schütze und entwickelt ihre theoretischen Erkenntnisse aus den erhobenen Daten. Die Ergebnisse zeigen, dass die von der PiS-Partei (Regierungspartei in Polen 2015–2023) initiierte Bildungsreform von 2017 nicht nur die kulturelle Besonderheit der oberschlesischen Bevölkerung ignoriert, sondern diese auch stigmatisiert. Die Reform verfolgt das Ziel, Individuen, die sich einer monolingualen nationalen Identität widersetzen, zur Assimilation zu drängen. Dies hat nicht nur zu einer Abwertung des Lehrberufs geführt, sondern auch zu einer erneuten Stigmatisierung der oberschlesischen Bevölkerung und ihrer kulturellen Wurzeln.
Die Studie verdeutlicht, dass die Sprachlehrkräfte ihr schlesisches Bewusstsein, ihren Dialekt und/oder ihre Mehrsprachigkeit – trotz der durch die Reform reaktivierten Stigmatisierungserfahrungen – an die nachfolgenden Generationen weitergeben. Die Forschungsergebnisse zeigen auf, dass der Assimilationsdruck nicht nur ein politisches Ziel, sondern auch eine tief verwurzelte gesellschaftliche Realität darstellt, die den Kreislauf der Stigmatisierung über Generationen hinweg aufrechterhält. Für die erziehungswissenschaftliche Forschung bietet die Studie wertvolle Einblicke in die Lebensrealität von Sprachlehrkräften, die in einem mehrsprachigen Umfeld aufgewachsen sind. Ihre Mehrsprachigkeit wurde auch bei der Durchführung der autobiographisch-narrativen Interviews berücksichtigt, indem die Befragten ihre Lebensgeschichten in jener Sprachmischung erzählen konnten, in der sie sich am wohlsten fühlten.
Dr. phil. Stephanie Cebulla
Im Forschungsprojekt werden narrativ-biografische Interviews mit Frauen geführt, die aus politischen Gründen in der DDR inhaftiert wurden. Ziel des Forschungsprojekt ist es, der Frage nachzugehen, wie die politische Inhaftierung in biografischen Handlungsorientierungen eingebettet ist. Nicht zu Letzt steht hinter dem Vorhaben die Frage, wie die politische Verfolgung mit dissidentem Verhalten zusammenhängt, welche Rolle indoktrinäre Erziehungspraxen dabei spielten und wie diese erlebt und biografisch verarbeitet wurden.
Dr. phil. Frank Beier
Gegenstand der Untersuchung ist die Analyse von im Längsschnitt erhobenen autobiographischen Erzählungen von Studierenden, die einen Auslandsstudienaufenthalt in Frankreich verbracht haben. Im Zentrum der Arbeit steht die Frage nach der Relevanz und der Bedeutung kultureller Differenzerfahrungen, welche vor dem jeweiligen lebensgeschichtlichen Hintergrund rekonstruiert werden. Das Längsschnittdesign der Untersuchung erlaubt es dabei, Fragen im Hinblick auf interkulturelles Lernen im informellen Kontext des Auslandsstudienaufenthaltes nachzugehen sowie Einblicke in den Nutzen und die Anwendbarkeit narrativer Mehrfach-Interviews zu geben.
Dr. phil. Steffi Nothnagel