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Wo die Freiräume des Studiums viele Perspektiven eröffnen

Stefan Günther, der an der TU Chemnitz Interkulturelle Kommunikation studierte, ist der Region treu geblieben und arbeitet heute bei der Firma Efficon in Meerane

Herr Günther, können Sie sich kurz vorstellen?

Ich bin 33 Jahre alt und lebe aktuell mit meiner Partnerin in Chemnitz. Mein Lebenslauf war nicht immer der geradlinigste und die Zeit des Studiums der Interkulturellen Kommunikation an der TU Chemnitz war dementsprechend von vielen Nebenprojekten begleitet. Zudem habe ich über zehn Jahre als Sicherheitsmitarbeiter im Eventbereich gearbeitet. Vor einem Jahr bin ich mit meinem Uni-Studium fertig geworden und stehe seitdem fest im Berufsleben.

Was hat Sie bewogen, an der TU Chemnitz den Bachelor- und anschließend den Masterstudiengang Interkulturelle Kommunikation zu studieren? Würden Sie das gleiche Studium und den gleichen Studienort aus heutiger Sicht wieder wählen – und wenn ja, warum?

Eine romantische Kennenlerngeschichte gibt es leider nicht, aber die Motivation für meine Studienwahl geht auf drei zentrale Aspekte zurück: Einerseits hatte ich bereits zwei Jahre erfolglos Informatik an der TU Chemnitz studiert, mit der ernüchternden Erkenntnis, dass mir zwar die Uni wirklich sehr gefällt, ich aber für die Informatik einfach nicht gemacht bin.  Daher wuchs in mir der Wunsch, in die Geisteswissenschaften zu wechseln. Zudem war ich 2012 eine Weile als Wachmann in einer Chemnitzer Flüchtlingsunterkunft tätig gewesen, was für mich eine äußerst prägende Erfahrung darstellte und den Studiengang Interkulturelle Kommunikation damals bereits auf meinen Radar brachte. Als drittes wollte ich einen Studiengang, der mir genug Freiraum lässt, die Grenzen der eigenen Disziplin auch einmal zu verlassen. Ich blicke gerne nach links und rechts. Die Grenze zwischen ‚aufgeschlossen für neues‘ und ‚leicht abzulenken‘ verläuft dabei übrigens fließend.  Und die bunte Mischung von Kulturwissenschaften, Sprachwissenschaften, aber auch Europastudien, Medienwissenschaften sowie eine sehr gute Methodenausbildung in qualitativer Sozialforschung, wie man sie bei der Interkulturellen Kommunikation in Chemnitz erfährt, hatte es mir damals sehr angetan. Außerdem habe ich die kritische Ausrichtung des Studiengangs immer sehr geschätzt. Und am Ende hat es mir dann so gut gefallen, dass ich auch noch den entsprechenden Master in Chemnitz angeschlossen habe.

Welche Höhen und Tiefen gab es während Ihres Studiums?

Als Geisteswissenschaftler wird man früh mit dem Vorurteil konfrontiert, dass man später ja eh nur Taxi fährt. Aus diesem Grund wollte ich mir selbst beweisen, dass das Quark ist und so hatte ich immer mehrere Nebenjobs während des Studiums – oftmals Stellen als studentische Hilfskraft an fachfremden Einrichtungen, wie beispielsweise der Fakultät für Maschinenbau und beim Gründernetzwerk SAXEED. Aber ich war auch vier Jahre lang Tutor an der heimischen Professur für Interkulturelle Kommunikation, was fachlich und persönlich eine sehr schöne Zeit war. Einerseits waren dies natürlich großartige Möglichkeiten, erste praktische Erfahrungen zu sammeln und sich auszuprobieren. Aber darunter haben gerade im Bachelorstudium auch die Noten gelitten, weshalb ich lernen musste, Prioritäten zu setzten und meine Wochen entsprechend zu planen. Alles unter einen Hut zu bekommen – ich war einige Zeit auch bei der Chemnitzer Arbeiterkind.de-Gruppe aktiv – war nicht immer leicht. Aber ich muss sagen, ich kann mich nicht entsinnen, einmal nicht die Unterstützung meines universitäreren Umfelds gehabt zu haben – egal ob Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen bis hin zur Verwaltung.

Was war Ihre prägendste bzw. schönste Erinnerung, wenn Sie an Ihre Studienzeit zurückdenken?

Oh, da gab es einige. Aber wenn ich mich für eines entscheiden müsste, dann wäre das wohl die Gründung der studentischen Initiative „Broterwerb“. Wir wollten das Thema Berufsorientierung in den Geistes- und Sozialwissenschaften stärker thematisieren und organisierten deshalb über vier Jahre hinweg jährlich eine Podiumsdiskussion zum Thema ‚Berufseinstieg mit Geistes- und Sozialwissenschaften‘ mit Absolventinnen und Absolventen, Professorinnen und Professoren sowie und Vertreterinnen und Vertretern des Career Service. Das bedeutete, wir mussten uns um die Räumlichkeiten kümmern, Referentinnen und Referenten akquirieren und ordentlich die Werbetrommel rühren. Aber besonders die ersten beiden Jahre waren dann auch ein voller Erfolg, mit 50 bis 60 Teilnehmenden pro Veranstaltung.

Bereits während Ihres Studiums haben Sie beruflich Fuß gefasst. Sie arbeiten seit knapp drei Jahren bei der Firma Efficon GmbH & Co. KG in Meerane und sind dort seit kurzem Recruiting Specialist. Was verbirgt sich dahinter und was sind Ihre täglichen Aufgaben?

EffiCon ist ein regionaler IT- und Engineering-Dienstleister aus Meerane. Wir verbinden Fachpersonal mit den passenden Unternehmen. Ich agiere auf Bewerberseite und nehme entweder direkt Bewerbungen entgegen oder gehe eigenständig in sozialen Netzwerken wie XING oder LinkedIn aktiv auf die Suche nach potenziellen Kandidaten. Solche Direktansprachen machen mir aktuell besonders viel Spaß, weil man einerseits in der Lage sein muss, auf Grundlage der Stellenausschreibung vom Kunden, die richtigen Profile ausfindig zu machen, und gleichzeitig natürlich auch gute kommunikative Fähigkeiten braucht, wenn es in den Erstkontakt geht. Die nötigen Recherchefertigkeiten, um mir Berufsfelder zu erschließen oder mich auch mal in fremde Fachkulturen reinzudenken, habe ich beispielsweise über mein geisteswissenschaftliches Studium erworben. Im Studium waren es noch Werke des französischen Philosophen Michael Foucault. Nun lese ich eine Einführung in die Energiewirtschaft, um Kundenunternehmen und Bewerber besser zu verstehen.

Im Blog Ihres Unternehmens ist ein spannender Beitrag mit dem Titel „27 Semester an der TU Chemnitz“ veröffentlicht. Was hat es mit der Semesteranzahl auf sich?

Es stellte sich mit der Zeit heraus, dass zu unserem Büro-Team mehrere Alumni der TU Chemnitz gehören und dies über einen recht langen Zeitraum hinweg. Insgesamt kommen wir auf die namensgebenden 27 Semester. Ich habe mich dann mit allen einmal hingesetzt, um über ihre Zeit an der TU Chemnitz zu sprechen – was äußerst spannend war, weil zum Beispiel mein Chef noch den alten Weinholdbau kannte und beispielsweise unsere ehemalige Teamchefin des Recruitings maßgeblich an der Gründung der Initiative Europastudien e. V. beteiligt war. Aus diesen interessanten Gesprächen heraus ist dann der von Ihnen erwähnte Blogbeitrag für unsere Website entstanden. Und gerade für ältere Semester der Uni, die gerne etwas in Erinnerungen schwelgen möchten, ist er durchaus lesenswert, wie ich finde.

Wofür begeistern Sie sich im Privaten am meisten? Ich habe gelesen, dass Sie Trainer bzw. aktives Mitglied im Kampfsport-Club Chemnitz sind.

Man muss leider sagen, ich war Mitglied. Der Verein wird in Kürze aufgelöst. Aber er hat mein Leben 22 Jahre lang begleitet und davon war ich 13 Jahre selbst als Trainer aktiv. Wir waren ein klassischer Breitensport-Verein, bei dem Spaß und die Freude am Sport im Mittelpunkt standen. Gerade das ein oder andere Kind hat man über einen solchen langen Zeitraum hinweg durchaus mit aufwachsen sehen. Unabhängig davon war ich schon immer sportlich sehr aktiv und bin seit Dezember letzten Jahres in einem kleinen Fitnessstudio angemeldet, wo ich mich austoben kann.

Haben Sie noch andere Hobbies oder spannende Projekte, die Sie verfolgen?

Meine sonstigen Hobbies sind recht unspektakulär. Ich lese sehr gern und aktuell schreibe ich an einem Beitrag für einen Sammelband des Berufsverbandes deutscher Soziologinnen und Soziologen. Das Oberthema ist die sozialwissenschaftliche Beobachtung von Krisen und ich widme mich einer kritischen Analyse der positiven Kultur des Scheiterns – ein Thema, das aus meiner Masterarbeit heraus entstanden ist.

Ich vermute, dass Sie aus der Region stammen und der Region bisher immer treu geblieben sind. Warum ist Ihnen das wichtig?

Ich kann sogar sagen, bei meinem Geburtsort im Ausweis steht sogar noch Karl-Marx-Stadt. Aber ich habe auch lange Zeit im Erzgebirge gelebt. Ich schätze, ich hatte immer ganz unterschiedliche Bezugspunkte zu Chemnitz, die sich gut ergänzt und mir die Stadt von vielen verschiedenen Seiten gezeigt haben. Einerseits natürlich die Uni, aber auch der Security-Job und meine Trainer-Tätigkeit im Sportverein. Besonders interessant war es immer, wenn mich im Sicherheitsdienst auf Events plötzlich Studierende angesprochen haben, die mich eigentlich nur als ihren Tutor kannten.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Langfristig strebe ich eine Promotion an, weil ich während meiner Masterarbeit gemerkt habe, dass mir der Schreibprozess eines wissenschaftlichen Textes – das Basteln, Grübeln und Umformulieren – viel Freude bereitet. Außerdem habe ich einen Narren an meinem Thema gefressen und kann es einfach nicht weglegen. Als nächstes möchte ich aber erst einmal meine Fertigkeiten als Recruiter ausbauen und Erfahrung in der mittelständischen Wirtschaft sammeln.

Welche Tipps haben Sie für frische Absolventinnen und Absolventen für den Berufseinstieg?

Ein gut gepflegtes XING- oder LinkedIn-Profil kann durchaus die Grundlage dafür bilden, dass Personen, die eine spannende Stelle zu besetzen haben, auf einen aufmerksam werden. Eine Aussage, die ich früher wohl so nicht getroffen hätte, aber mein jetziger Chef hat mich damals auf Xing angeschrieben. Und auf diese Weise habe ich auch meinen ersten Lehrauftrag an einer Fachhochschule erhalten.

(Die Fragen stellte Stephanie Höber, Alumni-Koordinatorin der TU Chemnitz.)

Mario Steinebach
04.03.2024

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