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Seniorenkolleg an der TU Chemnitz
Mein Leben für die Glocken und Glockenspiele
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Margarete Schilling, Autorin und Expertin für Glocken, Apolda
Foto: Seniorenkolleg

Mit einem Glockengeläut überhaupt hat sie erstmals negative Bekanntschaft gemacht – denn es war im Zweiten Weltkrieg. Dennoch -  der Klang habe sie  fasziniert. Heute kennt sie die Glockengießerei aus dem Effeff. Ihr Name: Margarete Schilling. Zum Seniorenkolleg gab die 83-Jährige am 26.4.2016 vor den knapp 700 Teilnehmenden einen kleinen Einblick in ihr Leben in der Glockengießerei Schilling in Apolda und als Autorin zu diesem Thema.

Mitte der 1960-er Jahre lernte sie Peter Schilling kennen und zog mit der Heirat von Jena nach Apolda. Mit Unterstützung ihres Ehemannes und ihres Schwiegervaters wuchs sie rasch in das Glockenguss-Familienunternehmen hinein und war bald an vielen Projekten beteiligt. „Auch das Glockenspiel im Chemnitzer Rathaus wurde von der Glockengießerei Apolda gegossen und eingebaut“, sagte Schilling.

Als eine bittere Stunde für das Unternehmen bezeichnete die Referentin das Jahr 1972. „Da wurde die Glockengießerei Schilling zwangsenteignet und als volkseigener Betrieb unter dem Namen „VEB Apoldaer Glockengießerei“ weitergeführt“, hob sie hervor. Innerhalb  von zehn Minuten sei alles besiegelt gewesen.  „Wir besaßen nichts mehr. Alles wurde uns weggenommen, angefangen vom Auto über die Fahrräder bis hin zu den Reißbrettern“, erinnert sich Schilling. Ihr Mann sei formal als Betriebsdirektor und sie als Technischer Direktor eingesetzt worden. „Ich hatte auch die Wahl und konnte als Krankenschwester weiterarbeiten“, ergänzte die 83-Jährige. Es seien schwierige Jahre auf sie zugekommen. Fazit: Margarte Schilling und ihr Ehemann verließen ihr einstiges Unternehmen.

„Wir wollten aber die Familientradition fortsetzen und wagten einen Neuanfang  - allerdings als freiberufliche Künstler“, so die Referentin. Man sei auf Kirchtürme gestiegen und erstellte Klanganalysen der dortigen Glocken. „Zudem haben wir anderen bei der Glockengießerei beraten sowie Glocken und Glockenspiele projektiert“.  Darüber hinaus hat sie ein Faltblatt über das Glockenspiel herausgebracht. „Dieses Publikationstätigkeit ist vom Umfang her immer größer geworden“, betonte Schilling. Ende der 1990-er Jahre ging die Jahrhunderte alte Ära der Glockengießer-Dynastie Schilling aus Apolda zu Ende.

Margarete Schilling sei aber schon Ende der 1970-er-Jahre als Autorin tätig gewesen. „Zahlreiche meiner Veröffentlichungen sind unter anderem im Glockenmuseum Apolda zu finden“, wies die Rednerin hin.  Viele eigene Ausstellungen führte sie beispielsweise nach Jerusalem oder England. In knapp einem Monat gestalte sie eine Exposition in der Schweiz.

„Wie lange dauert das Erkalten der Glocke nach dem Gießen?“, lautete eine der anschließenden Fragen. Das sei nach den Worten von Schilling ein sehr unterschiedlicher Prozess. „Das Erkalten kann einen oder mehrere Tage und sogar Wochen dauern“, betonte die Referentin. Ein anderer Besucher vom Seniorenkolleg wollte wissen, wohin stellt man sich in Chemnitz auf dem Markt, um den besten Klang des Glockenspiels vom Rathaus wahrzunehmen. „Das muss man selbst ausprobieren, denn es spielen viele Faktoren, wie Straßenbahnen oder Autos, eine Rolle“, so die Antwort.
Mit 50 interessierten Teilnehmenden wird Frau Schilling  am  12.5.2016  eine Bildungsexkursion nach Apolda und Nebra unternehmen, um in den Museen vor Ort ihre Vorlesung mit praktischen Beispielen zu ergänzen..

26. April 2016

Autor: Bernd Wild, Seniorenkolleg