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Juniorprofessur Soziologie mit Schwerpunkt Technik
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Exploring the Hidden Web. Zu den Nutzungsweisen, Eigenschaften und Spezifika anonymer Kommunikation im Internet

Laufzeit 08/2015-12/2016

gefördert von der Volkswagenstiftung

Zusammenfassung

Das Forschungsprojekt „Exploring the Hidden Web. Zu den Nutzungsweisen, Eigenschaften und Spezifika anonymer Kommunikation im Internet“ ging im Rahmen des von der Volkswagen-Stiftung ausgeschriebenen Programms „Offen - für Außergewöhnliches“ von vier zentralen Fragestellungen aus. Erstens sollte erforscht werden, worüber im Hidden Web kommuniziert wird. Zweitens ging es darum, welche Medien dafür genutzt werden. Und drittens sollte danach gefragt werden, wie unter den Bedingungen der Anonymität das für Interaktionen notwendige Vertrauen hergestellt wird. Für diese drei Aspekte sollte viertens jeweils untersucht werden, welche Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Schnittstellen zu frei zugänglichen, gemeinhin als Internet bezeichneten Medien („Clearnet“) bestehen. Diese Fragen wurden im Rahmen eines explorativen, qualitativen Vorgehens untersucht. Dabei wurden, aufgrund forschungsökonomischer Erwägungen sowie angesichts des schwierigen Feldzugangs auf Ebene der Individuen, Dokumentenanalysen mit inhaltsanalytischen Auswertungen durchgeführt. Trotz großer Ungewissheiten, ob und wie sich diese zum einen verborgene und zum anderen dynamische Kommunikationssphäre des Hidden Web erforschen lässt, konnten in der kurzen Zeit hochgradig relevante Befunde erzielt und teilweise bereits publiziert werden.
Für die erste Forschungsfrage konnten wir zeigen, dass sich die größte Bandbreite an Inhalten im Bereich des Handels verorten lässt. Ein zweiter Komplex an Inhalten der Hidden-Web-Kommunikation stellen selbstbezügliche Inhalte dar, die die Nutzung des Hidden Web ermöglichen, vereinfachen und unterstützen. Neben diesen beiden Schwerpunkten findet sich eine Vielzahl weiterer inhaltlicher Kategorien, wie etwa Sexualität, Politik, Musik, Kunst und Kultur.
Diese Ergebnisse sind dahingehend überraschend, als dass die Kommunikation im Hidden Web ein deutlich kleineres Spektrum an Themen abdeckt als das Clearnet. Daran anknüpfend wurde mit einem stärker analytischen Interesse untersucht, warum überhaupt entsprechende Dienste im Hidden Web angeboten werden. Es zeigten sich vier zentrale Motive: Gewinne erzielen, (anonyme) Kommunikation ermöglichen, Kritik äußern und Unterhaltung anbieten. Die Medien des Hidden Web entsprechen zu wesentlichen Teilen denen des Clearnets, sind aber durch eine geringere Usability, Differenziertheit und Professionalität gekennzeichnet. Darüber hinaus finden sich einige vornehmlich technische Innovationen, die in der Regel mit den Unsicherheiten des Verkaufsprozesses zusammenhängen.
Hinsichtlich der Vertrauensbildung konnte auf Basis einer umfangreichen Untersuchung von Märkten, Foren, Bewertungsplattformen und Shops am Beispiel des E-Commerce gezeigt werden, dass sich die drei grundlegenden Spielarten von Vertrauen — process based, characteristic based und institution based trust — auch im Hidden Web wiederfinden, jedoch auf spezifische Weise verändert sind. Unter besonderer Berücksichtigung der Anonymität stellte sich heraus, dass die User von der unzugänglichen Ebene des Individuums zur Ebene der sozialen Rolle wechselten und Vertrauen dann entsteht, wenn User den Rollenerwartungen entsprechend handeln.

Summary

The research project “Exploring the Hidden Web. Use, features and specific character of anonymous communication on the Internet”, as a part of the VolkswagenStiftung funding initiative “Off the beaten track”, was based on four distinct issues: The central research questions pursued are (a) what the topics of communication on the Hidden Web are and (b) which media is used for the communication. Another issue building on this is (c) how, under the condition of anonymity, the trust necessary for any communication is built. Regarding these three aspects, the question is to be posed of (d) which differences, common aspects and interfaces there are with freely-accessible media, commonly referred to as the Internet (“Clearnet”). The empirical foundation of this project is an explorative, qualitative approach. This was — due to economical research efficiency and in light of the difficult access to the field — realized by means of document analysis and content analysis. Despite major uncertainties if and how the hidden and highly dynamic domain of communication of the Hidden Web can be explored, profoundly relevant findings could be produced and published within a short space of time.
Referring to the first research question we could show that the most common contents are related to trading. A second complex of contents on the Hidden Web is self-referential content that facilitates, simplifies and supports the usage of the Hidden Web. Beside those emphases a plurality of additional content categories, such as sexuality, politics, music, arts and culture, has been found.
The results are insofar surprising as the communication on the Hidden Web cover clearly fewer subjects than those on the Clearnet. According to this it was analyzed why services on the Hidden Web are even offered? It turned out there are four primary reasons to: make profit, enable (anonymous) communication, criticize and entertain. The media of the Hidden Web are to a significant extent similar to those of the Clearnet. Although they are characterized by a smaller amount of usability, differentiation and professionality. Furthermore some innovations (e.g. multisig-escrow) related to the uncertainties of the selling process have been found. 
In regard to the process of trust building based on extensive investigations of markets, forums, rating platforms and online shops we found that the three main varieties of trust — process based, character based und institution based trust — are of importance on the Hidden Web too, although they are modified in a specific manner. Finally, we could show that under special consideration of the high degree of anonymity, users switch from the inaccessible individuell level to the level of social roles. Trust is the result of accordance role expectations and role performance.