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Pressestelle und Crossmedia-Redaktion
Pressemitteilungen

Pressemitteilung vom 16.02.1999

Vortragsreihe: "Medizin im Spannungsfeld
zwischen Wissenschaft und Gesellschaft"

Der interessante Vortrag
Die Geister, die ich rief ... - Wie die Technik die Medizin verändert

Krankenhaus - das Wort allein genügt, um vielen Menschen einen kalten Schauer den Rücken hinunterzujagen. Viele fürchten sich vor der Sterilität dort, vor einer, wie sie vermuten, "kalten Apparatemedizin", der sie sich mehr oder weniger hilflos ausgeliefert fühlen. Die immer stärkere Technisierung der Medizin ist die Kehrseite des medizinischen Fortschritts. Der war nie größer, als in den vergangenen 120 Jahren. Das wird besonders an der Lebenserwartung und an der Kindersterblichkeit deutlich: Während um 1875 ein neugeborenes Kind in Deutschland im Schnitt gerade mal 37 Jahre alt wurde, kann ein heute Geborener mit 76 Jahren rechnen - eine glatte Verdopplung. Starben damals von 1000 lebend Geborenen 230 vor ihrem ersten Geburtstag, sind es heute nicht einmal mehr sieben - ein beispielloser Triumph der Wissenschaft. Fortschritte im Gesundheitswesen, aber auch ihre Kehrseite sind Thema der Vortragsreihe "Medizin im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Gesellschaft", die die Chemnitzer Uni und das Klinikum Chemnitz gGmbH seit dem vergangenen Jahr anbieten. Am 24. Februar 1999 um 17.30 Uhr wird die Reihe im Hörsaal 201 des Uni-Hauptgebäudes in der Straße der Nationen 62 fortgesetzt. Dann spricht Dr. med. Axel Müller von der Klinik für Innere Medizin I, Krankenhaus Küchwald, über das Thema "Die Umsetzung technischer Lösungen in der Medizin - die nicht endende Geschichte vom Zauberlehrling". Der medizinische Fortschritt der letzten hundert Jahre ist wesentlich auf die parallel dazu laufende technische Entwicklung zurückzuführen: 1895 wurden die Röntgenstrahlen entdeckt, in den Jahren und Jahrzehnten danach Verfahren zum Erkennen von Krankheiten per Ultraschall und die Endoskopie entwickelt, mit der der Körper durch seine natürlichen Öffnungen untersucht werden kann - vor nicht allzu langer Zeit wäre hier oft noch eine Operation nötig gewesen. Damit läßt sich eine Diagnose nicht nur genauer, sondern auch schonender stellen. Kein Wunder, daß diese Verfahren bei Patienten beliebt sind. Besonders die Mikroelektronik hat in den letzten Jahren viel zur Verlängerung des Lebens beigetragen - ohne sie wäre eine moderne Intensivstation undenkbar. Nur so lassen sich etwa Atmung und Herztätigkeit rund um die Uhr überwachen und bei Schwierigkeiten sofort ein Arzt herbeirufen. Längst auch können technische Geräte einige Körperfunktionen zumindest zeitweilig komplett ersetzen, wie etwa die Herz-Lungen-Maschine oder das Dialysegerät. Immer leistungsfähigere Computer haben in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, daß dies immer besser gelingt. Auch der Herzschrittmacher ist hier zu nennen, der schon Hunderttausenden das Leben gerettet hat. Und dennoch: Viele Menschen reagieren zwiespältig auf all die Technik, haben gar eine unbestimmte Angst davor. Sie empfinden all die Apparate als inhuman. Angst machen auch die neuesten Entwicklungen, etwa in der Biotechnologie. Sie macht es möglich, direkt in das Erbgut von Säugetieren und letztlich auch Menschen einzugreifen. Das eröffnet weitere große Chancen, birgt jedoch auch unvorhersehbare Risiken. Wen wundert es da, das die Gesellschaft über ihren Einsatz uneins ist, ihn einerseits euphorisch begrüßt, andererseits aber auch strikt ablehnt.