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Pressestelle und Crossmedia-Redaktion
Pressemitteilungen

Pressemitteilung vom 02.02.1999

Experten für Osteuropäische Wirtschaft in Chemnitz

Wenn Kalle Marx das noch erleben könnte...

Internationale Experten für Osteuropäische Wirtschaft treffen sich in Chemnitz (Pressemitteilung 12/99)

Sie haben es nicht einfach seit dem Zusammenbruch des Kommunismus: die Wirtschaftssysteme der Länder des ehemaligen Ostblocks. Trotz aller Probleme hatten es die neuen Bundesländer noch am leichtesten, konnten sie doch der wirtschaftlich starken Bundesrepublik beitreten. Mit viel größeren Schwierigkeiten hatten dagegen Rußland, Polen, Tschechien und Ungarn zu kämpfen.

Welche unterschiedlichen Wege diese Länder beim Übergang von der Staats- zur Marktwirtschaft gingen, welche Erfolge und Mißerfolge sich dabei zeigten, ist das Thema der wissenschaftlichen Konferenz "Financial turbulences and capital markets in transition countries" (etwa: Finanzielle Unruhen und der Kapitalmarkt in Übergangsländern), die am Donnerstag, dem 4. und Freitag, dem 5. Februar 1998 im Wasserschloß Klaffenbach vor den Toren von Chemnitz stattfindet. Organisiert wird die Tagung von Prof. Dr. Jens Hölscher vom Institut für Deutschlandstudien im englischen Birmingham, derzeit Gastprofessor an der Commerzbank-Stiftungsprofessur für Monetäre Ökonomie und Finanzwirtschaft der Chemnitzer Uni. Der Wissenschaftler ist begeistert von den Chemnitzer Studenten: "So stark motivierte junge Leute trifft man sonst nur selten."

Am Rande der Konferenz wird der Direktor der Chemnitzer Commerzbank-Filiale, Bernd Ilbertz, dem Rektor der TU Chemnitz, Prof. Dr. Christian von Borczyskowski, einen Scheck über 10.000 Mark überreichen. Das Geld ist je zur Hälfte für die beiden besten Diplomarbeiten dieses Jahres bei den Chemnitzer Wirtschaftswissenschaftlern bestimmt - es ist bereits die dritte derartige Spende für die Universität in den letzten drei Jahren. Die Universität und die Commerzbank, die ihre Wurzeln unter anderem auf den Chemnitzer Bankverein von 1871 zurückführt, haben seit Jahren ein gutes Verhältnis zueinander. Erst vor wenigen Wochen half die Bank dabei, die neue und in Deutschland bisher einmalige Studienrichtung "Investment Banking" aus der Taufe zu heben.

Zur Tagung selbst werden hochkarätige Referenten aus Rußland, Tschechien, Ungarn, Polen, Großbritannien, den USA und natürlich aus Deutschland erwartet, darunter Prof. Zbigniev Polanski von der polnischen Nationalbank und Prof. Vladislav Semenkov von der Russischen Akademie der Wissenschaften.

Tatsächlich fällt auf, daß nicht alle Staaten des RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe), dem östlichen Gegenstück zur EU, den Sprung in den freien Markt geschafft haben. Während sich Rußland von Krise zu Krise schleppt, sah es anfangs in Tschechien weit besser aus. Doch mittlerweile bricht die Wirtschaft dort ein: Im vergangenen Jahr ging das Bruttosozialprodukt um rund drei Prozent zurück. "Die haben große Fehler gemacht, als sie die ehemaligen Staatsunternehmen privatisierten", so Prof. Hölscher. Anteilscheine an den Firmen, die die Regierung an die Bevölkerung ausgegeben hatte, wurden meist schnell von Investmentfonds aufgekauft. Deren Eigentümer aber waren die Banken, und die waren nach wie vor staatlich: Die Privatisierung war nichts als schöner Schein. Mittlerweile gelten fast ein Drittel der Kredite an die Unternehmen als "faul".

Besser lief es da schon in Polen. Doch auch dort sieht Prof. Hölscher wegen der Entwicklung der Außenwirtschaft Gefahren am Horizont. Nach innen jedoch sei der polnische Weg tragfähig. "Ungarn dagegen ist ein Erfolgsmodell, dort hat man alles richtig gemacht, von denen können wir noch was lernen", schätzt der Wirtschaftsexperte das Land an Theiß und Donau ein. Dort habe man die einstigen Staatsfirmen vollständig privatisiert. Das hatte freilich seinen Preis: Mehr als die Hälfte des Kapitals liegt im Ausland, nicht unbedingt zur Freude der Ungarn. Eine andere Möglichkeit, so Prof. Hölscher, habe es aber angesichts der Fehler der Vergangenheit nicht gegeben. "Hätte Rußland den gleichen Weg gewählt, hätte es jetzt wohl kaum solche großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten - um ein internationales Eingreifen kommt man dort wohl ebenfalls nicht herum. Dazu muß aber erst einmal eine größere Rechtssicherheit geschaffen werden."

Weitere Informationen: Technische Universität Chemnitz, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Reichenhainer Straße 39, 09107 Chemnitz, Prof. Dr. Jens Hölscher, Tel. 03 71/5 31-39 72, Fax 03 71/5 31-39 81, E-mail: j.hoelscher@wirtschaft.tu-chemnitz.de

Hinweis für Fotografen: Der 10.000-Mark-Scheck wird dem Rektor am Donnerstag um 19.00 Uhr im Restaurant "Torwache" des Wasserschlosses Klaffenbach übergeben.