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Pressemitteilung vom 12.12.1997

Sauberer - Sparsamer - Leiser


Sauberer - Sparsamer - Leiser
Chemnitzer Forscher verhelfen Magnesium Kolben zur Hochform

Sie müssen viel leisten, die Kolben in einem Verbrennungsmotor.
Mehrere tausend Mal in der Minute werden sie beschleunigt und
abgebremst, wobei sie Temperaturen von über 200 Grad Celsius
aushalten müssen. Das Gewicht, aber auch die äußere Form der
Kolbenoberfläche entscheiden mit darüber, wie hoch Verbrauch und
Schadstoffausstoß sind. Doch beides zu reduzieren ist nicht einfach.
Weil die Kunden nach immer mehr Komfort verlangen, werden die Autos
schwerer, obwohl die Materialien selbst immer leichter werden.
Deshalb zählt jedes Gramm, wenn man dem Ziel näher kommen will,
mit drei oder vier Litern Benzin auf hundert Kilometer auszukommen.

Einen Schritt in die richtige Richtung gehen jetzt Wissenschaftler
der Chemnitzer Uni: Gemeinsam mit Forschern der TU Clausthal und der
Industrie   darunter BMW   arbeiten sie an der Entwicklung neuartiger
Kolben aus einer kohlefaserverstärkten Magnesiumlegierung. Solcherart
aufgebaute Kolben sind rund ein Viertel leichter als die bisher
üblichen Motorkolben, die meist aus einer Aluminium Silizium-Legierung
bestehen. Folge: Weniger Gewicht muß bewegt werden, die dabei
auftretenden Kräfte sind geringer, Motorgehäuse und Lager werden
leichter. Die Gewichtseinsparung mag gering erscheinen, dennoch kommt
über die Lebensdauer des Motors ein Minderverbrauch zusammen, der sich
sehen lassen kann. Die besondere Fertigungstechnik macht außerdem
völlig neue Kolbenkonstruktionen möglich, die mithelfen, den
Schadstoffausstoß zu verringern. Damit sind die Vorteile der
Magnesium-Verbundkolben noch nicht erschöpft. So dehnen sie sich etwa
bei Erwärmung weniger stark aus als herkömmliche Alu Kolben. Zudem
lassen sie sich paßgenauer herstellen. Motoren mit derartigen Kolben
sind deshalb besonders laufruhig und leise. So einfach wie es sich
anhört, ist das Ganze freilich nicht. Magnesium nämlich ist bei
Temperaturen über 250 Grad nicht mehr fest genug und neigt zu
Verformungen, dem sogenannten Kriechen. Dem sollen die eingelagerten
Kohlefasern entgegenwirken, die sehr fest und gleichzeitig sehr steif
sind. Überdies haben sie etwa die gleiche Dichte wie Magnesium und
sind daher leichter als andere Fasern, etwa aus Aluminiumoxid. Für die
Kolbenfertigung werden zunächst Formkörper aus Kohlefasern
hergestellt, die - ähnlich wie ein Schwamm - zahlreiche Hohlräume
aufweisen. In diese wird dann unter Druck das geschmolzene Magnesium
eingepreßt. Die Schwierigkeit dabei: Kohlenstoffasern neigen dazu,
sich in der Magnesiumlegierung aufzulösen und ändern dabei deren
Eigenschaften. Dies versucht man durch Schutzschichten zu verhindern,
die auf die Fasern aufgebracht werden und gleichzeitig die Haftung
zwischen Metall und Faser verbessern. Hier setzen die Chemnitzer
Wissenschaftler um Prof. Dr. Bernhard Wielage vom Lehrstuhl für
Verbundwerkstoffe an. Sie entwickeln neue Techniken für die
Herstellung der Faserkörper und auch die schützenden Beschichtungen.
Der neue Kolben soll so bald wie möglich in der Großserie eingesetzt
werden. Vorher jedoch werden die Magnesiumverbundkolben erst einmal
auf den Teststrecken von BMW bis an ihre Leistungsgrenzen erprobt.

Weitere Informationen: Technische Universität Chemnitz, Fakultät für
Maschinenbau und Verfahrenstechnik, Erfenschlager Str. 73, 09107
Chemnitz, Prof. Dr. Bernhard Wielage, Telefon (03 71) 5 31-61 69, Fax
(03 71) 5 31-61 79, e-mail: bernhard.wielage@wsk.tu-chemnitz.de

(Autor: Hubert J. Giess)