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Ein geschätzter Spezialist für Eisenbetonbauten

Architekt Max Waldemar Pfalz (1874-1929) führte den Eisenbetonbau in der Lehre an den Technischen Staatslehranstalten Chemnitz ein und leitete die Abteilung Baustoffe der Materialprüfanstalt

  • Porträt eines Mannes
    Das Foto von Max Waldemar Pfalz (1874-1929) stammt aus einem Professorenalbum der Technischen Staatslehranstalten Chemnitz. Foto: Universitätsarchiv der TU Chemnitz (UAC 502/197)

Max Waldemar Pfalz wurde am 30. August 1874 in Chemnitz geboren. Schon als Schüler an der Höheren Knabenschule interessierte sich Pfalz für die Architektur, das Baugeschehen und die Kunstgeschichte in seiner Heimatstadt. Nach einer Ausbildung zum Zimmerer studierte er an der Staatlichen Baugewerkenschule Chemnitz das Fach Bauwissenschaften. Unterrichtet wurde Pfalz von ausgewiesenen Lehrkräften für Angewandte Mathematik, Praktische Mechanik (z. B. Brunnen- und Mühlenbau), Architektonisches Zeichnen, Eisenbetonbau und Baukunst. Für seinen erfolgreichen Abschluss wurde der junge Absolvent mit der „Silbernen Preismedaille“ ausgezeichnet.

Weiterführende Bau- und Kunststudien führten Pfalz an die Technische Hochschule (TH) Berlin und die Kunstakademie in Dresden. Einen nachhaltigen Einfluss auf den wissbegierigen Bau- und Kunststudenten hatten die Vorlesungen und Übungen unter Paul Wallot (1841-1912). Der Erbauer des Berliner Reichstagsgebäudes (1894) und des Dresdner Sächsischen Ständehauses (1907) wirkte auch als Lehrbeauftragter an der Kunstakademie und der TH in Dresden.

Erste berufliche Erfahrungen sammelte Pfalz in leitenden Stellungen in Architekturbüros in Bodenbach (Rheinland-Pfalz) und Dresden sowie als Architekt bei der Dombauverwaltung in Berlin. Unter Verleihung der Staatsdienerschaft übernahm Pfalz 1898 eine Lehrtätigkeit an den Technischen Staatslehranstalten Chemnitz, einer Vorläufereinrichtung der heutigen Technischen Universität. In der hiesigen Bauabteilung unterrichtete er die Studierenden in den Fächern Architektur, Hochbau, Baumechanik, Eisenbetonbau und Entwerfen von Baukonstruktionen. Seine Auszubildenden machte er insbesondere mit den theoretischen Grundlagen der Baumechanik vertraut. Es handelte sich dabei um ein Grundlagenfach, „das Architekten und Bauingenieure in die Lage versetzen sollte, sicher und fest zu konstruieren“, so Pfalz. Der Dozent hatte maßgeblichen Anteil an der Einführung des 1907 erstmalig aufgenommenen Unterrichts in Eisenbetonbau. Seine Kurse über die Ausführung und Berechnung von Eisenbetonkonstruktionen hielt er nicht nur vor Studierenden, sondern ebenso vor gestandenen Baumeistern und Bauleitern, denen oft die Zeit und Gelegenheit fehlte, sich selbständig mit dieser noch jungen Bauweise vertraut zu machen.

Parallel zur Einführung des Eisenbetonbaus wurde ab 1907 der Anteil der technischen Pflichtfächer am Stundenvolumen beträchtlich erweitert, so z. B. der Unterricht in Baumechanik, Freihandzeichnen, Bauzeichnen und Gestaltungslehre, Entwerfen von Hochbauten und in der gesamten Baukonstruktionslehre. Deshalb unterbreitete Pfalz 1911 den Vorschlag, die Bauabteilung etwa vom dritten Semester an in zwei Fachrichtungen aufzuteilen: 1. Eine architektonische Abteilung für Architekten, die das künstlerische Entwerfen für die Studierenden in den Vordergrund stellen sollte. 2. Eine bautechnische Abteilung für Hochbauingenieure, die verstärkt auf den Holzbau, den Eisenbau, den Eisenbeton, die Mechanik und andere wesentliche konstruktiven Fächer ausgerichtet werden sollte. Doch erst 1929 wurde an den Technischen Staatslehranstalten Chemnitz diese bereits seit längerer Zeit praktizierte Trennung in der Ausbildung - einerseits für Architekten und andererseits für Hochbauingenieure - auch offiziell in den Lehrplänen festgeschrieben.

Parallel zu seiner Lehrtätigkeit stand Pfalz stets in engster Fühlung mit der Praxis: Als Sachverständiger für Eisenbetonbauten leitete er die Ausführung einer Anzahl von privaten Industriebauten in Sachsen. Auch bei Bauausführungen und statischen Berechnungen im Kirchenbau war sein Wissen gefragt. Die Stadt Annaberg unterstützte Pfalz bei Sicherungsarbeiten der 1909 errichteten Fachschule für Posamenten-Industrie, wo es aufgrund von Rissen in den Eisenbetondecken zu Problemen mit der Statik gekommen war. An den Technischen Staatslehranstalten Chemnitz leitete Pfalz die Abteilung Baustoffe der Materialprüfanstalt. Es war für Pfalz eine anspruchsvolle Aufgabe, die Baustoffabteilung der Materialprüfanstalt zu leiten, denn „neueste wissenschaftliche Erkenntnisse fanden von hier aus den Weg in die Bauindustrie.“

Am 11. August 1916 erhielt Pfalz seine Einberufung zum Heeresdienst. Seit Sommer 1914 tobte der Erste Weltkrieg (1914-1918) mit seinen verhängnisvollen Materialschlachten und den Millionen an Verwundeten und Toten unter den Soldaten. Aufgrund seines Alters (42 Jahre) und der Tatsache, dass von den einst insgesamt 60 Lehrkräften bereits 21 im Heer standen, konnte die Direktion ihren Architekten Pfalz an der Einrichtung als Lehrer erhalten.

Pfalz wurde 1917 als ständiges Mitglied in die Chemnitzer Baumeisterprüfungsbehörde aufgenommen. Bereits seit 1908 war er in der Funktion eines Vertreters in dieser Behörde. Sein nunmehr ständiges Wirken in der Baumeisterprüfungsbehörde war zugleich eine offizielle Würdigung seiner bisherigen Leistungen.

Eine enge berufliche und freundschaftliche Verbindung verband Pfalz mit dem ebenfalls in Chemnitz geborenen Architekten Professor Dr. Heinrich Straumer (1876-1937). Unter den bereits genannten Paul Wallot hatte sich Straumer beim Bau des Berliner Reichstagsgebäudes „einen Namen unter den deutschen Architekten gemacht“. In Chemnitz waren es die Paulikirche (1912) und das Gebäude der Dresdner Bank (1923), die von Straumer entworfen wurden. Pfalz und Straumer projektierten Ende der 1920er Jahre gemeinsam im Bauhausstil den Hotelneubau “Chemnitzer Hof” (Eröffnung am 7. Oktober 1930).

Aber eine verhängnisvolle schwere Krankheit riss Pfalz heraus aus seiner nunmehr letzten Schaffensperiode. Am 5. August 1929 verstarb er im Alter von 55 Jahren. Pfalz hinterließ eine Witwe, zwei erwachsene Töchter und einen noch minderjährigen Sohn.

(Autor: Dr. Bernd Sommer, Geschichtslehrer an der Oberschule Schönau in Chemnitz)

Quellen und Literatur: Universitätsarchiv der TU Chemnitz: Personalakten Max Waldemar Pfalz. – Jahresberichte der Technischen Staatslehranstalten von 1898 bis 1930. – Akten aus der Bauabteilung der Chemnitzer Gewerbeakademie. 

Mario Steinebach
04.12.2023

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