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Mit Hochgeschwindigkeit zu effizienten Produktionsketten in der Blechteilefertigung

Die von der TU Chemnitz koordinierte DFG-Forschungsgruppe „FUNDAM³ENT“ zieht nach einem Jahr eine positive Zwischenbilanz für die Erforschung effizienterer Wege zur Metallfertigung für Produkte u. a. in der Elektro- und Medizintechnik oder Automobilindustrie

Im Rahmen des zweiten Statusseminars der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschungsgruppe (FOR) „Funktionsflächen durch adiabatische Hochgeschwindigkeitsprozesse: Mikrostruktur, Mechanismen und Modellentwicklung – FUNDAM³ENT“ zogen Projektleiterinnen und -leiter sowie weitere an der FOR „FUNDAM³ENT“ Beteiligte ein überaus positives Zwischenfazit. Das Seminar fand vom 18. bis 19. September 2023 am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) in Chemnitz statt. Die halbjährlich stattfindenden Statusseminare dienen dem gegenseitigen Austausch innerhalb des Konsortiums sowie der strategischen Planung der weiteren Forschungsarbeiten.

„Durch die engagierte Zusammenarbeit aller Beteiligten und die Bündelung der Expertisen aus Werkstoffwissenschaft, Werkstofftechnik und Produktionstechnik konnten der Fachöffentlichkeit bereits erste interessante Forschungsergebnisse auf Konferenzen wie der ‚FEMS EUROMAT 2023‘ präsentiert werden. Auch die Einbindung internationaler Gastwissenschaftler sowie das Mitwirken von Studierenden an verschiedenen Arbeitsaufgaben der Forschungsgruppe sind als ein wichtiger Erfolg zu werten. Diese Ergebnisse schaffen die Basis für eine weitere zielgerichtete Bearbeitung der wissenschaftlichen Fragestellungen“, fasst Prof. Dr. Thomas Lampke, Inhaber der Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik (WOT) der Technischen Universität Chemnitz (TUC) und Sprecher der FOR, zusammen.

Effizientere Wege für die Bearbeitung und Produktion von Blechbauteilen finden

Das Konsortium widmet sich seit dem Start der FOR im September 2022 der spannenden Frage, unter welchen Voraussetzungen durch Hochgeschwindigkeits-Scherschneiden (HGSS) Schnittflächen an Blechen erzeugt werden können, die sich durch eine besonders geringe Rauheit, Gratfreiheit und eine hohe Härte auszeichnen. Das konventionelle Scherschneiden kommt vorrangig bei der Großserienfertigung von Blechbauteilen zum Einsatz. Dies umfasst ein weites Spektrum von kleinsten Teilen für die Elektro- oder Medizintechnik über Maschinenelemente wie zum Beispiel Lochbleche oder Kettenräder bis hin zu Fahrzeugtüren für den Automobilbau.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler präsentierten vor Ort den Arbeitsfortschritt der insgesamt sechs Teilprojekte. Die anschließende, intensive Diskussion schärfte den Fokus für die umfangreichen Forschungsfragen der DFG-Forschungsgruppe. Die bisherigen Forschungsarbeiten zeigen, dass die nur bei hohen Verformungsgeschwindigkeiten auftretenden adiabatischen Scherbänder (ASB) in der Schnittfläche hierbei offenbar eine wichtige Rolle spielen.

Forschungsdatenmanagement im Open-Source-Format

Darüber hinaus gab es einen konstruktiven Dialog zum Thema Forschungsdatenmanagement. Dass hierfür eine eigene, auf dem quelloffenen System „openBIS“ basierende Datenverwaltungsinstanz installiert wurde, zeigt die besondere Bedeutung, mit der dieser Aspekt in der Forschungsgruppe behandelt wird. Über die Integration elektronischer Laborbücher und die forschungsstellenübergreifende Verarbeitung der Daten wird hierbei den internationalen FAIR-Prinzipien, nach denen Daten auffindbar (Findable), zugänglich (Accessible), Interoperabel und wiederverwendbar (Reusable) sein sollen, Rechnung getragen. Damit verpflichtet sich die FOR zum einen der Einhaltung der Leitlinien der Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, zum anderen leistet sie über die Nachnutzbarkeit der Daten für zukünftige Forschungsprojekte auch einen wesentlichen Beitrag zum nachhaltigen und ressourceneffizienten Umgang mit Daten und adressiert damit ein Themenfeld, das aufgrund der exponentiell steigenden Menge und zunehmenden Komplexität der Forschungsdaten immer wichtiger wird. Die durchgängige Erfassung und sinnvolle Strukturierung der Daten ist dabei die Voraussetzung für deren Interoperabilität und damit eine entscheidende Grundlage dafür, dass zukünftig durch Methoden des maschinellen Lernens bzw. den Einsatz künstlicher Intelligenz neue Erkenntnisse gewonnen werden können.

Neuartige Anlage für frische Forschungsimpulse

Abgerundet wurde das Statusseminar durch die Vorführung von zwei HGSS-Anlagen im Versuchsfeld des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU). Neben einem hydraulisch angetriebenen HGSS-System kam dabei auch eine neuartige, durch einen elektromagnetischen Impuls beschleunigte Anlage zum Einsatz, mit der nochmals deutlich höhere Schnittgeschwindigkeiten erzielt werden können. Dies wiederum ist eine wichtige Voraussetzung für die Bildung von ASB insbesondere in gut wärmeleitenden Werkstoffen.

Die Neu- bzw. Weiterentwicklung hydraulisch bzw. elektromagnetisch angetriebener Schneidwerkzeuge und die Inbetriebnahme einer neu konzipierten Tribometeraufnahme mit der zugehörigen Messtechnik für Verschleißuntersuchungen von HGSS-Schnittflächen ist Teil der wichtigsten Aufgaben der nächsten Wochen und Monate.

Darüber hinaus stehen die Organisation eines Promotionsseminars zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie ein Symposium auf dem Materials Science and Engineering Congress (MSE) 2024 in Darmstadt auf der Agenda. Parallel dazu treiben die Beteiligten Kooperationen mit verschiedenen internationalen Expertinnen und Experten über Gastaufenthalte bei den an der Forschungsgruppe beteiligten Institutionen voran.

Hintergrund: Forschungsgruppe „FUNDAM³ENT

Die DFG fördert die FOR FUNDAM³ENT im ersten vierjährigen Förderzeitraum mit rund 3,72 Millionen Euro – davon gehen etwa 1,54 Millionen Euro an die TU Chemnitz. Sprecher ist Prof. Dr. Thomas Lampke, Inhaber der Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik der TUC.

Im Fokus der Forschung steht die systematische Erforschung der verschiedenen werkstoff- und prozessseitigen Einflussfaktoren beim HGSS auf die Bildung von ASB. Im Idealfall lassen sich so bisher notwendige energieintensive Nachbearbeitungsschritte einsparen, wodurch die Prozesskette der Blechteilefertigung deutlich verkürzt wird. Sowohl aus ökonomischer als auch aus ökologischer Sicht ergeben sich somit große Potenziale für ein weites Werkstoffspektrum von Leichtmetallen wie Aluminium bis hin zu höchstfesten Stählen.

Zum Konsortium gehören Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU München, des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik (IWM) in Freiburg, der TU Dortmund, des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) sowie der Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik und der Professur Werkstoffwissenschaft der TUC.

Weitere Informationen sind online verfügbar: http://www.for-5380.de

Kontakt: Dr. Rico Drehmann, Tel. 0371 531-39331, E-Mail rico.drehmann@mb.tu-chemnitz.de und Prof. Dr. Thomas Lampke, Tel. 0371 531-36163, E-Mail thomas.lampke@mb.tu-chemnitz.de

Matthias Fejes
19.10.2023

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