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Heizen mit Rechenzentren?!

4. Treffen des KETEC-Industriebeirats der Forschungsplattform Kälte- und Energietechnik (KETEC) widmete sich dem Thema „Rückgewinnung der Abwärme aus Rechenzentren“

Die Forschungsplattform Kälte- und Energietechnik (KETEC) hatte am 28. November 2023 Expertinnen und Experten aus den Bereichen Kälte-, Klima- und Informationstechnik zum 4. Treffen des KETEC-Industriebeirats an der Technischen Universität Chemnitz (TUC) eingeladen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die „Rückgewinnung der Abwärme aus Rechenzentren“. Obwohl es sich um ein Spezialthema handelt, war das Treffen sehr gut besucht. Es kamen aus ganz Deutschland Vertreterinnen und Vertreter der Rechenzentrumsbranche, von Stadtwerken, von öffentlichen Einrichtungen sowie von anderen Bildungs- und Forschungseinrichtungen. Das Interesse an diesem Thema ist nicht verwunderlich, weil in Europa rund zwei Prozent des Elektroenergiebedarfs auf den Betrieb von Rechenzentren zurückzuführen sind. Aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen muss die Abwärme, die mitunter einige Megawatt pro Rechenzentrum beträgt, für Heizzwecke eingesetzt werden.

Prof. Dr. Thorsten Urbaneck, KETEC-Projektkoordinator von der Professur Technische Thermodynamik der TUC, führte durch die Veranstaltung. Einleitend zeigte er, dass schon vor knapp zehn Jahren wichtige Grundlagen für die Steigerung der Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energiequellen im Rahmen des RenewIT-Projektes erarbeitet wurden. In der Zwischenzeit haben Rechenzentrumsplaner und -betreiber viel in dieser Richtung getan. Allerdings werden noch immer viele Rechenzentren mit Luft gekühlt, welches eine Wärmerückgewinnung aufgrund der Lufttemperaturen zwischen 15 °C und 32 °C erschwert. Werden die Server mit einer Flüssigkeitskühlung ausgerüstet, sind Wassertemperaturen von 45 °C bis 55 °C im normalen Betrieb möglich. Moderne Heizungssysteme können dann direkt versorgt werden. Für höhere Temperaturen sind Wärmepumpen problemlos einsetzbar. Dies erfordert eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Expertinnen und Experten aus dem Bereich der Informations- und Energietechnik.

Maximilian Stahlhut von der Professur Technische Thermodynamik hielt den ersten Fachvortrag. Er untersuchte mit einer Anlagensimulation verschiedene Rechenzentrumsgrößen zur fiktiven Wärmeversorgung des Brühls in Chemnitz. Mit Kennzahlen konnte er sinnvolle bzw. machbare Bereiche für eine Wärmeversorgung aufzeigen. „Das ist unter Experten ein heißes Thema, da das jüngst verabschiedete Energieeffizienz-Gesetz Rechenzentrumsbetreiber verpflichtet, einen Anteil ihrer Abwärme nutzbringend einzusetzen“, so Urbaneck.

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE Freiburg arbeitet innerhalb der Forschungsplattform KETEC mit der Professur Technische Thermodynamik im Teilprojekt 11 eng zusammen. Dr. Gerrid Füldner, Experte für Adsorptionstechnik beim Fraunhofer ISE, erläuterte in seinem Vortrag neue Möglichkeiten, wenn Stoffe eingesetzt werden, die noch mehr Wasser adsorbieren können. Hier lassen sich zukünftig bessere Kältemaschinen bauen. Dies erfordert aber eine preiswerte Produktion von metallorganischen Gerüstverbindungen.

Dr. Bodo Burandt vom Institut für Luft- und Kältetechnik gGmbH Dresden, ebenfalls KETEC-Projektpartner, stellte Arbeiten zur direkten Chip-Kühlung vor. Der neue Ansatz sieht die Kühlung mit Dampferzeugung vor. „Er diskutierte auch die Leckage-Problematik, die praktisch aber als unkritisch eingeschätzt werden muss“, sagt Urbaneck.

Den Vorträgen aus Forschung und Entwicklung folgten mehrere Praxisvorträge. Die Firma Megware ist ein Vorreiter in Sachen Flüssigkeitskühlung und mischt als mittelständiges Unternehmen bei High-Perfomance-Computing-Rechenzentren ganz vorn mit – und das weltweit. Dr. Axel Auweter, Geschäftsführer der in Chemnitz ansässigen Firma Megware, gab einen Einblick in die Abwärmenutzung aus High-Perfomance-Computing-Rechenzentren. Aufgrund der energetisch-ökologischen Anforderungen müssen heute Errichter ganzheitliche Anforderungen der Auftraggeber, wie z. B. die Abwärmenutzung, erfüllen.

Dr. Berthold Mengede von der Assmann Beraten + Planen GmbH berichtete über planerische und regulatorische Herausforderungen bei der Kühlung und Wärmerückgewinnung von Rechenzentren. Menge ist auch Experte im Bereich der Normung und Richtlinienarbeit. „Hier muss man beachten, dass die Rechenzentrumsbrache eine sehr hohe Entwicklungsgeschwindigkeit besitzt. Das kann dazu führen, dass Regelwerke von der technischen Entwicklung überholt werden“, berichtet Urbaneck.

Im Anschluss wurden die neusten Test- und Versuchsstände der Professur Technische Thermodynamik an der TUC vorgestellt. Neuste Errungenschaft ist ein flüssigkeitsgekühlter Server mit Anlagen- und Monitoring-Technik. Dieser wird für die Untersuchungen zur Abwärmenutzung eingesetzt. Später soll dieser Server die zentrale Datenverarbeitung auf der Plattform für Energie- und Kältetechnik in Reichenbach im Vogtland übernehmen.

Hintergrund: Forschungsplattform Kälte- und Energietechnik (KETEC)

Mit insgesamt 15 Millionen Euro fördert das Bundesministe­rium für Bildung und Forschung bis April 2025 den Aufbau einer „Forschungsplattform Kälte- und Energietech­nik“ in Reichenbach im Vogtland durch die TU Chemnitz, die Institut für Luft- und Kältetechnik gGmbH Dresden sowie das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE Freiburg. Federführend auf Chemnitzer Seite ist die Professur Technische Thermodynamik (Leitung: Prof. Dr. Markus Richter) mit dem KETEC-Projektkoordinator Prof. Dr. Thorsten Urbaneck. Im Rahmen des Vorhabens ent­steht neben einem Spitzenforschungszentrum für die Kälte- und Klimatechnik auch eine neue Außenstelle der TU Chem­nitz. Dort sollen zukünftig neue Kältemittel und Speicherstoffe untersucht werden. Weiterhin sind unter anderem die Entwicklung von Kältemaschinen, Wärmepumpen, Rückkühlern sowie Wärme- und Kältespeichern geplant. Auch der energieeffiziente Betrieb von Rechenzentren ist ein Schwerpunkt der 13 Teilprojekte. Weitere Informationen sind auf der Website www.ketec.online zu finden, wo auch der 24 Mitglieder umfassende Industriebeirat von KETEC vorgestellt wird.

Weitere Informationen erteilen Prof. Dr. Thorsten Urbaneck, Professur Technische Thermodynamik, Telefon +49 (0) 371 531-32463, E-Mail thorsten.urbaneck@mb.tu-chemnitz.de, und Prof. Dr. Markus Richter, Telefon +49 (0) 371 531-38050, E-Mail m.richter@mb.tu-chemnitz.de.

Mario Steinebach
30.11.2023

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