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Visuelle Kommunikation und Mediensoziologie
Visuelle Kommunikation und Mediensoziologie

Berliner Methodentreffen 2019

Workshop: Figurative Hermeneutik / Bildclusteranalyse

Prof. Dr. Michael R. Müller

 

Mit der Technisierung der alltäglichen Sozialkommunikation und der digitalen Reproduzierbarkeit von Bilddarstellungen verändern sich auch die Bedingungen und die Möglichkeiten der sozial- und kulturwissenschaftlichen Bildanalyse. Wer bildanalytisch arbeitet, hat es heute nicht selten mit 'Bildern im Plural' zu tun, mit großen Bilddatenmengen also, mit Bildserien, Bildzusammenstellungen, Bildarchiven etc. All dies macht sich forschungspraktisch in zweifacher Hinsicht bemerkbar. Zum einen bietet die Verfügbarkeit großer Bilddatenbestände relativ neuartige Möglichkeiten der Analyse von Bilddarstellungen. Insbesondere der serielle, auf Grundlage umfassender Bilddaten immer wieder variierte Bildvergleich ist, wie schon E. Goffman gezeigt hat, ein effektives und effizientes analytisches Verfahren. Zum anderen rücken über das Einzelbild hinaus immer öfter auch andere Typen und Klassen natürlicher Bilddaten ins wissenschaftliche Interesse. An sogenannte "Hyperimages" (Thürlemann) ist hier zudenken, d.h. an komplexe Bildzusammenstellungen in Form von Weblogs, Bildtafeln, Fotostrecken, Ausstellungen etc., aber auch an stark konventionalisierte Gebrauchsweisen von Bildern, an "visuelle Idiome" etwa der Migration oder des "gender displays" (Goffman). ­

Thema des Workshops sind die Prinzipien und Verfahrensweisen genuin bildvergleichend angelegter (d.h. figurativer) Analysen von Bilddaten. Diskutiert werden (1) der Begriff des vergleichenden Sehens und die Bedeutung des vergleichenden Sehens für die wissenschaftliche Bildanalyse. Im Anschluss werden (2) die Möglichkeiten und Prinzipien der seriell vergleichenden Analyse a) von Einzelbildern, b) von Hyperimages und c) von visuellen Idiomen anhand von Fallbeispielen erörtert. Der Workshop schließt (3) mit einer kurzen grundlagentheoretischen Reflexion über die Genese ikonischer Formen im menschlichen Darstellungshandeln. Die Durchführung einer seriell vergleichenden Bildanalyse durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Workshops ist vorgesehen. Laptops, Tablets etc., mit deren Hilfe während des Workshops zusätzliche Vergleichsmaterialien recherchiert werden können, sind von Vorteil.

Literatur

  • Breckner, Roswitha (2018). Denkräume im Bildhandeln auf Facebook. Ein Fallbeispiel in biographieanalytischer Perspektive. In Michael R. Müller & Hans-Georg Soeffner (Hrsg.), Das Bild als soziologisches Problem. Herausforderungen einer Theorie visueller Sozialkommunikation (S.70-94). Weinheim/Basel: Beltz Juventa.
  • Goffman, Erving (1981). Geschlecht und Werbung. Frankfurt am Main: Suhrkamp, [insb. S.104-317].
  • Müller, Michael R. (2012). Figurative Hermeneutik. Zur methodologischen Konzeption einer Wissenssoziologie des Bildes. Sozialer Sinn. Zeitschrift für hermeneutische Sozialforschung, 1/2012, 129–161.
  • Müller, Michael R. (2016). Bildcluster. Zur Hermeneutik einer veränderten sozialen Gebrauchsweise der Fotografie. Sozialer Sinn. Zeitschrift für hermeneutische Sozialforschung, 1/2016, 95-142, https://www.degruyter.com/downloadpdf/j/sosi.2016.17.issue-1/sosi-2016-0004/sosi-2016-0004.pdf.
  • Müller, Michael R. (2019). Kritik des Sehens. Drei Thesen zu einer hermeneutischen Wissenssoziologie ikonischer Formen, Manuskript. (Das Manuskript kann Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Workshops im Vorfeld zugänglich gemacht werden).
  • Raab, Jürgen (2011). Wissenssoziologisches Vergleichen. In Andreas Mauz & Hartmut von Sassen (Hrsg.), Hermeneutik des Vergleichs. Strukturen, Anwendungen und Grenzen komparativer Verfahren (S.91-114). Würzburg: Könighausen & Neumann.
  • Soeffner, Hans-Georg (2006). Visual Sociology on the Base of 'Visual Photographic Concentration'. In Hubert Knoblauch, Bernt Schnettler, Jürgen Raab & Hans-Georg Soeffner (Hrsg.), Video Analysis – Methodology and Methods. Qualitative Audiovisual Data Analysis in Sociology (S. 205-217). Frankfurt am Main: Peter Lang.
  • Thürlemann, Felix (2005). Bild gegen Bild. Für eine Theorie des vergleichenden Sehens. In Aleida Assmann, Ulrich Gaier & Gisela Trommsdorff (Hrsg.), Zwischen Literatur und Anthropologie – Diskurse, Medien, Performanzen (S.163-174). Tübingen: Gunter Narr.

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Link zur Anmeldung:

http://www.berliner-methodentreffen.de/ablauf/2019.html