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Professur Montage- und Handhabungstechnik
Professur Montage- und Handhabungstechnik

Dieser Tag gibt uns Anlaß, einen Hochschullehrer und Wissenschaftler zu ehren, dessen Arbeitsleben ganz besonders eng mit der Entwicklung unserer Universität, fast seit ihrer Gründung, verbunden ist. Mit seinem wissenschaftlichen Werk und seiner Persönlichkeit hat Prof. Volmer hervorragend zur Begründung des nationalen und internationalen Rufes der Technischen Universität Chemnitz beigetragen. So ist es uns heute eine besondere Verpflichtung und ein herzliches Bedürfnis, Rückblick auf ein Lebenswerk zu halten, das als Vorbild für jeden angehenden Ingenieur und Wissenschaftler dienen kann.

Zuallererst gratulieren wir Prof. Volmer ganz herzlich zum 70. Geburtstag und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute, vor allem Gesundheit und Zufriedenheit.

Die wichtigsten Stationen im beruflichen Leben von Prof. Volmer waren:

  • 19.1.1930
  • Geboren in Dresden.
  • 1948
  • Abitur in Dresden.
  • 1949-53
  • Studium des Maschinenbaus, Fachrichtung Fördertechnik, in Dresden.
  • 1953-57
  • Assistent und Oberassistent bei Prof. Lichtenheldt.
  • 1956
  • Promotion mit dem Thema "Ein Beitrag zur Erzeugung von Koppelkurven"
  • 1957-62
  • Wissenschaftlicher Mitarbeiter im VEB Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt.
  • 1959
  • Erste Vorlesung an der Technischen Hochschule Karl-Marx-Stadt.
  • 1966
  • Habilitation mit dem Thema "Theorie und Konstruktion der Sternradgetriebe" bei Prof. Lichtenheldt.
  • 1967
  • Berufung zum Professor mit Lehrauftrag.
  • 1968-72
  • Erster Direktor der Sektion Maschinen-Bauelemente.
  • 1969
  • Berufung zum ordentlichen Professor für Getriebetechnik.
  • 1980-84
  • Leiter des Wissenschaftsbereichs Konstruktion.
  • 1994
  • Ehrendoktor der Moskauer Technologischen Universität.
  • 1995
  • Pensionierung.
  • 2015
  • verstorben

    Die ganz besondere Aufmerksamkeit des Jubilars galt vom Anfang seines Wirkens als Hochschullehrer an der Entwicklung der Getriebetechnik zu einer modernen Technikwissenschaft. Er hat dieses Anliegen in seinen Büchern, wissenschaftlichen Vorträgen und nicht zuletzt in seinen Vorlesungen eindrucksvoll demonstriert und umgesetzt. An die Vorlesungen in Getriebeanalyse, -synthese und Spezielle Kapitel der Getriebetechnik erinnern sich ehemalige Studenten vieler Jahrgänge mit Begeisterung und großem Respekt, vor allem wegen der ganz besonderen Fähigkeit des Lesenden, strenge wissenschaftliche Klarheit mit hoher Anschaulichkeit und einer ingenieurmäßigen Betrachtungsweise zu verbinden.

    Im Jahre 1969 erschien die erste Ausgabe des Getriebetechnik-Lehrbuchs, das, obwohl oder gerade weil es unter Mitwirkung von 12 Autoren entstanden war, das technische Fachgebiet Getriebetechnik in einer bis dahin nicht erreichten Systematisierung und Vollständigkeit und mit einer einheitlichen mathematischen Fundierung darstellte. Viele in diesem Buch entwickelten oder erstmals genau definierten Begriffe zum Aufbau und zur Ordnung der Getriebe, die streng wissenschaftliche, an den Gesetzen der Kinematik orientierte Bezeichnungsweise und viele verallgemeinernde methodische Ansätze, z.B. in der Lagengeometrie, sind in Deutschland nahezu zu einem Standard geworden und haben viele nachfolgende Autoren beeinflußt.

    Die in ihrem Anspruch, Inhalt und in ihrer Wirkung wohl einzigartige grüne Buchreihe zur Getriebetechnik, an deren Entstehen mehr als eine Generation Karl-Marx-Städter und sächsischer Getriebetechniker beteiligt war, umfaßt insgesamt 8 Titel.

    Drei Fachbücher zur Industrierobotertechnik ergänzen die Bibliographie:

    Getriebetechnik - Lehrbuch, Verlag Technik 1969-87, 5 Auflagen,
    Getriebetechnik - Aufgabensammlung, Verlag Technik und Vieweg Verlag 1972 und 1979,
    Getriebetechnik - Leitfaden, Verlag Technik und Vieweg Verlag 1973-85, 3 Auflagen,
    Getriebetechnik - Umlaufrädergetriebe, Verlag Technik, 1973-90, 4 Auflagen,
    Kurvengetriebe, Verlag Technik 1976,
    Koppelgetriebe, Verlag Technik 1976,
    Industrieroboter, Verlag Technik 1981,
    Industrieroboter - Entwicklung, Verlag Technik 1983 und Hüthig-Verlag 1984 und 1985,
    Kurvengetriebe - CAD/CAM, Verlag Technik und Hüthig-Verlag 1989,
    Industrieroboter - Funktion und Gestaltung, Verlag Technik 1992,
    Getriebetechnik - Grundlagen, Verlag Technik 1992 und 1995.

    Die Bücher Getriebetechnik-Lehrbuch, -Koppelgetriebe und -Kurvengetriebe wurden ins Chinesische und das Buch Kurvengetriebe ins Ungarische übersetzt.

    Das wissenschaftliche Werk von Prof. Volmer umfaßt weiterhin über 220 Publikationen, Berichte und Übersetzungen. Ihm wurden 14 Patente erteilt. Er hat 33 Kandidaten erfolgreich zur Promotion und Habilitation geführt.

    Sein besonderes Interesse galt frühzeitig der Einführung analytischer Lösungsmethoden in die Getriebeberechnung und -auslegung und deren rechentechnischer Umsetzung. Als an unserer Universität noch kein Rechner existierte, entwickelten die Mitarbeiter Programme zur Getriebeanalyse auf Großrechenanlagen in Rostock und Dresden. Bereits ... wurde das Praktikum Rechnergestützte Getriebeauslegung auf einem HP-Tischrechner in die Lehre eingeführt.

    Wichtige Stationen der Softwareentwicklung waren:

  • 1970
  • Programm zur Entwicklung von Kurvengetrieben.
  • 1975
  • Analyseprogramm für Räderkoppelgetriebe,
    Programm zur Analyse von Industrierobotern serieller Struktur auf Großrechner,
    PC-Programm für die Auslegung und Fertigung von Kurvengetrieben.
  • 1989
  • erste PC-Programme für die Steuerung von Servoantrieben in Getrieben.

    Als einer der ersten Getriebetechniker Deutschlands und als einer der ersten Techniker der DDR überhaupt erkannte und benannte Prof. Volmer die enorme Bedeutung der Industrieroboter für die Automatisierung im Maschinenbau, und er formulierte die Aufgaben, die diese neue Technik dem Getriebetechniker stellte. Vor allem die Auslegung und Steuerung spezieller Bewegungseinheiten in der Montageautomatisierung wählte er zu seinem Betätigungsfeld. Mit seinen Mitarbeitern, zu denen jetzt auch ein Steuerungstechniker gehörte, baute er Labormuster von Handhabungsgeräten, Greifern, Wechseleinrichtungen und Fügemechanismen, um den Nachweis für die theoretischen Ergebnisse zu erbringen und um die Skeptiker, deren es viele gab, von der neuen Technik zu überzeugen.

    Als die dezentralen Antriebe Ende der 80er Jahre begannen, auch in den Verarbeitungsmaschinenbau Einzug zu halten, wurde in diesem und anderem Zusammenhang immer öfter der Begriff "Mechatronik" benutzt. Prof. Volmer kam damals nicht umhin, darauf hinzuweisen, daß mechatronische Antriebe schon seit einigen Jahren Gegenstand der Forschung an seinem Lehrstuhl waren. Speziell hatten er und seine Mitarbeiter sich das Ziel gestellt, mechanische Getriebe und gesteuerte Direktantriebe so zu, im wahrsten Sinne des Wortes, mechatronischen Systemen zu verbinden, daß die Vorteile beider Antriebselemente genutzt werden konnten.

    Unter dem Oberbegriff "Mechatronik" kann man folgende wichtige Stationen nennen:

  • 1976
  • Fertigstellung des ersten frei programmierbaren Industrieroboters der DDR.
  • 1981
  • erste automatisierte Montage einer Maschinenbaugruppe mit Industrieroboter,
    Fügemechnismen für die Montage von Teilen mit Übergangs- und Preßpassung.
  • 1988
  • erste Prototypen von Getrieben mit gesteuerten Antrieben.
  • 1994
  • Aufbau einer komplexen Montagestation mit zwei Industrierobotern, automatischer Transporteinrichtung und gesteuerten und ungesteuerten Fügemechanismen.

    Seit 1969 war Prof. Volmer Bezirksvorsitzender der Kammer der Technik. In dieser und anderen Funktionen hat er, zum Beispiel in zahlreichen Weiterbildungsveranstaltungen und Arbeitsgruppen, die Zusammenarbeit der Hochschule mit der Industrie nachhaltig befördert. Dabei lag ihm, der sich nicht scheute, gegen konservative und träge Tendenzen anzukämpfen, besonders die Verbreitung moderner Technologien wie die der Industrierobotertechnik und der Montageautomatisierung am Herzen.

    Mit großem Engagement und dem damals notwendigen besonderen Enthusiasmus hat Prof. Volmer wichtige internationale Tagungen, stets mit großer Industriebeteiligung, in Karl-Marx-Stadt organisiert:

  • 1964
  • Internationale Tagung Getriebetechnik Karl-Marx-Stadt
  • 1970
  • Fachtagung Getriebetechnik Karl-Marx-Stadt, (220 Teilnehmer)
  • 1981
  • Fachtagung Getriebetechnik Karl-Marx-Stadt, (285 Teilnehmer)
  • 1983
  • Fachtagung Handhabetechnik / Industrieroboter Karl-Marx-Stadt, (323 Teilnehmer)

    Noch in den letzten Jahren seines Wirkens an der Technischen Universität, in denen er auch gesundheitliche Probleme überwinden mußte, hat Prof. Volmer bedeutende Akzente in der Forschung gesetzt. So hat er nach 1990 für Drittmittelprojekte 1,7 Mio. Mark eingeworben und damit wichtige Arbeitsmöglichkeiten in einer schwierigen Zeit der Umstrukturierung der Universität geschaffen. Nach seiner Verabschiedung in den Ruhestand hielt er regelmäßigen Kontakt zum Lehrstuhl. Er hielt Gastvorlesungen in der Türkei und in China. Als Mitglied von Ausschüssen des VDI beteiligt er sich aktiv und ehrenamtlich an der Entwicklung und Herausgabe neuer Richtlinien zur Getriebetechnik.

    Wichtig war dem Jubilar stets die Kommunikation mit Fachkollegen, wenn Sie ihm von staatlicher Seite auch oft erschwert wurde. Viele Reisen, ein Studienaufenthalt in der Sowjetunion und zahlreiche Besuche, Gastvorlesungen und Studienaufenthalte von Wissenschaftlern in Karl-Marx-Stadt und Chemnitz haben den internationalen Charakter des Lehrstuhls Getriebetechnik geprägt. Die hohe internationale Anerkennung, die er erfuhr, drückt sich unter anderem darin aus, daß er viele Jahre und noch in seinem Ruhestand deutscher Herausgeber der wichtigsten internationalen Fachzeitschrift auf dem Gebiet der Getriebetechnik Mechanism and Machine Theory war.

    Die genannten Arbeitsergebnisse konnten nur von einem Menschen mit überdurchschnittlicher Willens- und Arbeitskraft geleistet werden. In der Person des Jubilars verbinden sich diese Eigenschaften mit außergewöhnlicher Ingenieurkunst und Intuition und einer besonderen Liebe zur Technik. Letztere schließt die Überzeugung ein, daß Technik prinzipiell progressiv und notwendig ist, eine Überzeugung, die heute leider, auch unter Ingenieuren nicht mehr selbstverständlich ist.

    Gleichzeitig kennen wir den Jubilar als einen gar nicht verbissenen, eloquenten Menschen mit einem ausgeprägten Interesse für Kultur und Gesellschaft und eigenen künstlerischen Ambitionen. Die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben unserer Stadt, Theater, Konzert, Ausstellungen und die eigene künstlerische Betätigung als Mitglied des Universitätschores sind für ihn ein wichtiger Lebensinhalt.

    Wir stellen fest und freuen uns darüber, daß Prof. Volmer heute, fünf Jahre nach seinem Eintritt in den Ruhestand, bei bester Gesundheit ist und zahlreiche Projekte verfolgt, die es ihm kaum erlauben, weniger mit seiner Zeit zu haushalten als in den Jahren der Berufstätigkeit.

    Als leidenschaftlicher Holzbearbeiter und Drechsler liegt ihm, wie vielen Menschen heute, die Pflege und Weiterentwicklung der traditionellen Handwerkskunst am Herzen. Er hat sich in den letzten Jahren intensiv mit der Theorie und technischen Realisierung des Drehens von Ellipsen und des Ovalschneidens von Glas befaßt. Auf diesem Gebiet pflegt er viele internationale Kontakte. So ist er Mitautor zweier 1995 bei der englischen Society of Ornamental Turners erschienener Schriften und eines in Australien erschienenen Buches. Eine australische Firma hat Interesse, die von ihm konstruierte und aufgebaute Maschine in Serie zu bauen.

    Daß ihm die Lust auf wissenschaftliche Arbeit und die Freude an handwerklicher und künstlerischer Betätigung stets erhalten bleibt, daß er allezeit gesund und zufrieden ist und viel Glück in seiner Familie erfährt, wünschen wir ihm ganz herzlich. Mit unserer Gratulation zum 70. verbinden wir unseren Dank für seine Arbeit und unsere Hoffnung auf einen weiteren engen Kontakt zwischen ihm und der Universität.



    Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. K.- J. Matthes
    Prorektor für Forschung