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Universitätsarchiv
Corona-Archiv

Studieren während der Pandemie, eine Erfahrung

Husen Issa, 7. März 2021
Übersetzung ins Deutsche (Englische Orginalfassung siehe unten)

Ich scrollte gerade auf Facebook nach unten, als ich über den Beitrag zum Austausch von Studienerfahrungen während der COVID-Pandemie stolperte. Da habe ich mir gesagt, das ist etwas, was ich auf jeden Fall machen möchte. Mein Name ist Husen Issa und ich bin Student im ersten Semester des Masterstudiengangs "Automotive Software Engineering" an der TUC. Ich bin vor etwa fünf Monaten nach Chemnitz gezogen, und wie jeder internationale Student war ich sehr aufgeregt, die Stadt, die Gesellschaft, die Kultur und die Hochschulatmosphäre zu erkunden. Als ich in Deutschland ankam, musste ich eine Quarantäne über mich ergehen lassen, und vielleicht ist das der Grund, warum ich die Veranstaltung "Orientierungsschwäche" auslassen musste, bei der frische Studenten, wie ich, von einer gewissen Anleitung profitieren können.

Schließlich, und nachdem die Quarantäne aufgehoben war, war ich in Chemnitz, aber ich kannte buchstäblich niemanden aus meinem Programm, und das ist völlig normal für einen frischen Studenten, da man die Chance bekommt, die anderen während der Vorlesungen kennenzulernen, aber nein, das war nicht wirklich das, was passierte. Ich habe fast die ersten zehn Tage damit verbracht, E-Mails an die Universität zu schicken und um Hilfe bei meinen „Baby-Steps“ zu bitten. Ok, alle ersten Schritte in einer brandneuen Situation sind schwierig, aber was die Situation noch verschlimmerte, war, dass alles online ist. Geschlossene Büros, Hörsäle, Clubs usw. Ich erinnere mich, wie viel ich über die Freizeitangebote der Universität gelesen habe und wie sie alle die gleiche Nachricht hatten: "Leider abgesagt wegen der Pandemie".

Später habe ich mich dann erfolgreich immatrikuliert und angefangen, die Online-Vorlesungen mit meinen Komilitonen zu besuchen, die ich nur vom Namen her im Chat kannte. Ich hatte keine einzige Vorlesung auf dem Campus und war so erpicht darauf, jemanden zu treffen, der dasselbe studiert, dass ich sogar einen Zettel an mein Fenster klebte mit den Worten: "Wenn Sie IT oder ASE (Automotive Software Engineering) studieren, seien Sie nicht schüchtern, klopfen Sie einfach an die Tür und sagen Sie Hallo!". Ironischerweise klopfte nur einer an meine Tür, doch der war auf der Suche nach einer Zigarette.

Das Leben geht weiter und es öffnet Türen, während es andere schließt. Eines Tages lernte ich meinen Nachbarn kennen, dessen Mitbewohner ein Senior im selben Programm war. Er war so freundlich, seine Erfahrungen mit mir zu teilen und mich zu einer What's App-Gruppe von TUC-Studenten hinzuzufügen. Ich erinnere mich, dass ich von einer Gruppe zur nächsten weitergeleitet wurde, bis ich dort ankam, in der Gruppe "Automotive Software Engineering WS 20/21". Ich schickte direkt eine Nachricht, in der ich fragte, ob jemand Lust hätte, sich zu treffen, und dort antwortete mir dieser nette Typ. Wir gingen spazieren, er erzählte großzügig von allem, was er wusste, und er motivierte mich, mein Studium weiter zu betreiben. Seit diesem Tag hatte ich einen neuen Freund.

Die Tage vergingen und die Vorschriften wurden immer strenger, und das Stadtzentrum, in dem ich mich früher lebendig fühlte, verwandelte sich in einen fast verlassenen Ort mit spärlichen Gebäuden. Ich hatte immer vom "Weihnachtsmarkt" gehört und wollte unbedingt das Gefühl erleben, dort zu sein. Aber auch der wurde abgesagt.

Das meiste, was mir von diesen Tagen in Erinnerung geblieben ist, ist, dass ich fast den ganzen Tag vor dem Bildschirm meines Laptops in einem Raum gesessen habe, ohne irgendeinen physischen Kontakt mit irgendjemandem zu haben. Sobald man sich mit dem Laptop langweilt, macht man einfach eine Pause mit dem Smartphone, und glauben Sie mir, Sie werden nicht viel Erfrischung spüren. Lange Winternächte, in denen tagsüber keine Sonne scheint, machen die Situation noch dramatischer.

Jetzt könnte man meinen, dass die Situation katastrophal ist, aber nicht wirklich. Ich bin wirklich dankbar und zufrieden. Durch all das hatte ich mehr Zeit, mich auf mein Studium zu konzentrieren und mich für weitere Module in diesem Semester zu bewerben. Man kann einfach kurzfristig in die Vorlesung einsteigen, ein Nickerchen zwischen den Vorlesungen machen oder sogar sein Essen vorbereiten, während man Online-Kurse besucht. Ja, es gab auch eine gute Seite.

Meine Semesterferien haben nun begonnen, das Wetter ist wärmer, die Menschen sind draußen und es gibt eine Lockerung der Coronavirus-Beschränkungen. Diese Tage haben mich gelehrt, welch gesellige Geschöpfe wir sind und dass Einsamkeit kein Dauerzustand sein kann. Ich würde mich weder als introvertiert noch als extrovertiert bezeichnen. Ich würde einfach sagen: „Es geht um die Balance zwischen der Zeit, die wir mit uns selbst und den anderen verbringen.“

Englische Originalversion

Studying During the Pandemic, an Experience

I was scrolling down on Facebook when I stumbled upon the post about sharing studying experiences during the COVID pandemic. Then I just told myself, that’s something I’d definitely like to do. My name is Husen Issa and I’m a first-year student in the “Automotive Software Engineering” master’s program at TUC. I’ve moved to Chemnitz around five months ago, and like any international student, I was so excited to explore the city, society, culture, and college atmosphere. I had to have a quarantine once I reached Germany, and maybe that’s the reason I had to skip the “Orientation Weak” event, where fresh students, like me, can benefit from some guidance.

Finally, and after the quarantine was lifted, I was in Chemnitz, but I literally knew no one of my program, and that’s totally normal for a fresh student, as one will get the chance to know the others during the lectures, but no, that wasn’t really what happened. I spent almost the first ten days sending emails to the university asking for some help with my baby-steps. Ok, any first steps in a brand new situation would be difficult, but what worsened the situation was that everything is online. Closed offices, lecture halls, clubs...etc., I remember reading about many leisure activities offered by the university and how they all had the same line “Unfortunately, canceled due to the pandemic”.

Later on, I have successfully matriculated and started to attend the online lectures with my colleagues, who I only knew by their names in the chat. I had not a single lecture on the campus and was so eager to meet someone studies the same, I even stuck a paper to my window with these words “If you study IT or ASE (Automotive Software Engineering), don’t be shy, just knock on the door and say Hi!”. Ironically, only one knocked on my door, yet he was looking for a cigarette.

Life goes on and it opens doors while closing others. One day, I got to know my neighbor, whose roommate was a senior in the same program, he was kind enough to share his experience and add me to a What’s App group of TUC students. I remember being forwarded from one group to another until I reached there, “Automotive Software Engineering WS 20/21” group. I directly sent a message asking anyone who would like to meet up, and it was there where this nice guy replied. We went for a walk, he elaborated generously with everything he knew, and he motivated me to catch up with my studies. That day I had a new friend.

Days went and regulations were strengthened more and more, and the city center where I used to feel alive turned to an almost abandoned place with sparse buildings. I’ve always heard about the “Weihnachstenmarkt” and really wanted to experience the feelings of being there, but it was also canceled.

The most thing I’d remember of those days is sitting before my laptop’s screen in the same room for almost the whole day without having any physical contact with anyone. Once you feel bored with your laptop, you just take a break with your smartphone, and believe me you won’t feel much refreshment. Long winter nights with no sunshine during the day add more drama to the scene.

Now you’d think that the situation was catastrophic, but not really.

I’m truly thankful and satisfied. Because of all of this I had more time to focus on my studies and apply to more modules in that semester. You can simply join the lecture before a minute, take a nap between lectures, or even prepare your meal while attending online classes. Yes, there was a shiny side also.

My semester break has begun now, the weather is warmer, people are outside, and there’s a relaxation of coronavirus restrictions. These days taught me how sociable creatures we are and that solitude can’t be a long-term approach. I’d not consider myself as an introvert, nor an extrovert. I’d simply say it’s all about the balance between the time we spend with ourselves and the others.

Husen Issa