Entwicklung einer zyklisch modulierten, formmassen- und bauteilspezifischen Werkzeugtemperaturregelung für die Verarbeitung duroplastischer Formmassen
Aufgrund gestiegener Materialanforderungen gewinnen duroplastische Kunststoffe zunehmend an technischer Bedeutung. Sie zeichnen sich durch eine hohe Temperaturbeständigkeit, eine geringe Kriechneigung, hervorragende Oberflächenqualität sowie einen geringen thermischen Ausdehnungskoeffizienten aus. Durch gestiegene Temperaturanforderungen im Motorraum steigt die Nachfrage nach duroplastischen Materialien besonders in der Automotiv-Industrie.
Weitere Vorteile im Vergleich zu Metallen (z.B. Aluminium) und technischen Thermoplasten (z.B. PA-GF50) bieten Duroplasten hinsichtlich einer energie- und ressourceneffiziente Herstellung und Verarbeitung. Diese ergeben sich aus den geringeren Prozesstemperaturen sowie den niedrigeren Prozessdrücken.
Probleme hinsichtlich der Verarbeitung duroplastischer Materialien entstehen durch Chargenschwankungen der verwendeten Formmassen. Unterschiede in der Formmassenzusammensetzung (u.a. Füllstoffgehalt und Härteranteil), dem Vorkonditionierungsgrad sowie unterschiedliche Feuchtegehalte beeinflussen das Fließ-Härtungsverhalten und führen zu materialbedingten Prozessschwankungen. Eine solche undefinierte Änderung des Fließ-Härtungsverhaltens kann mittels konventioneller Prozesstechniken nicht erfasst werden. Des Weiteren können herkömmliche Temperiersysteme nicht auf die auftretenden Schwankungen reagieren. Dies führt zu stark schwankenden Bauteilqualitäten und somit zu einem Ausschuss von bis zu 30 %.
Herkömmliche Regelsysteme zur Werkzeugtemperierung neigen aufgrund ihres trägen Werkzeugtemperatur- und Regelansprechverhaltens zum deutlichen Überschwingen des Temperaturverlaufes. Des Weiteren erfolgt die Temperierung auch in Phasen in denen dies aus technologischer Sicht nicht notwendig ist, z.B. während des Bauteilauswurfes oder der Reinigung der Kavität. Daraus ergeben sich ein gesteigerter energetischer Verbrauch (bis zu 10 %) und verlängerte Zykluszeiten (bis zu 15 %).
Ziel des geplanten Verbundprojektes ist daher die Entwicklung einer zyklisch modulierten, formmassen- und bauteilspezifischen Werkzeugtemperaturregelung für die Verarbeitung duroplastischer Formmassen. Zum einen kann durch eine dynamische Werkzeugtemperierung ein Überschwingen unterbunden werden und die Temperierung nur dann vorgenommen werden, wenn es prozesstechnisch notwendig ist. Somit können energetische Vorteile realisiert werden. Zum anderen kann die dynamische Temperaturregelung zum Ausgleich materialbedingter Prozessschwankungen genutzt werden. Anhand aufgenommener Maschinendaten und implementierter Werkzeugsensorik können rheologische Daten online erfasst und die Temperierparameter (Temperatur, Zeit) dynamisch angepasst werden. Durch die Anpassung der Werkzeugtemperierung an den jeweiligen Formmassenzustand können Chargenschwankungen ausgeglichen und somit hohe Ausschussquoten vermieden werden.
Das vorliegende Forschungsprojekt wird von den Verbundpartnern Professur Kunststoffe der TU Chemnitz und Aumo GmbH Radebeul bearbeitet. Das Vorhaben umfasst die Entwicklung einer Temperaturregelung in einem elektrisch beheizten Werkzeug basierend auf formmassenspezifischen Prozessdaten und Sensorsignalen sowie die Aufstellung und Implementierung neuer Regelalgorithmen. Des Weiteren werden die Materialien offline (im Anlieferungszustand) sowie online (während der Verarbeitung) systematisch charakterisiert, um mögliche Zusammenhänge zwischen Materialverhalten und Prozessschwankungen bzw. der Bauteilqualität zu ermitteln.
Anhand von Spritzgießversuchen soll die Funktionsweise der entwickelten Regelalgorithmen hinsichtlich der Wirksamkeit (Formmassenunterschiede, Bauteilqualität) nachgewiesen werden.
Die Kooperation der Verbundpartner ermöglicht eine fachbereichsübergreifende Zusammenarbeit. Durch das Vereinen der kunststofftechnischen Kompetenzen mit dem Fachwissen im Bereich der Werkzeugsensorik und Werkzeugtemperierung können beide Einrichtungen ihre Kenntnisse in Bezug auf die Duroplastverarbeitung ausbauen und dem Industriepartner neue Absatzmärkte erschließen.
Ansprechpartner: | |||
Thomas Scheffler | Reichenhainer Straße 70, Raum D202 09126 Chemnitz | Telefon: +49 (0) 371 531 39486 E-Mail: thomas.scheffler@mb.tu-chemnitz.de | Themenübersicht |
Nils Schmeißer | Reichenhainer Straße 70, Raum D009 09126 Chemnitz | Telefon: +49 (0) 371 531 30508 E-Mail: nils.schmeisser@mb.tu-chemnitz.de |