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National Model United Nations
NMUN

„Unser Land Südsudan“ NMUN 2023

 

 

Das Land

Der Binnenstaat Südsudan liegt in Ostafrika. Die Hauptstadt der Republik und gleichzeitig größte Stadt des Landes ist Juba. Mit einer Fläche von rund 644.000 Quadratkilometern ist das Land fast doppelt so groß wie Deutschland. Der Südsudan ist allerdings dünn besiedelt: Aktuell leben dort rund 11 Millionen Menschen, wovon circa ein Fünftel in Städten leben. Die Bevölkerungszahl entwickelt des Staates entwickelt sich jedoch rasant: Er hat eine der höchsten Geburtenraten der Welt. Eine Frau gebärt im Durchschnitt 4,5 Kinder. Die jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung lag im Jahr 2021 bei rund zwei Prozent. Prognosen der UN DESA, Hauptabteilung Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten der Vereinten Nationen, sagen voraus, dass die Zahl der Einwohner:innen somit auf 17,5 Millionen im Jahr 2050 steigen wird. Die Republik ist eine der Nationen mit dem niedrigsten Durchschnittsalter weltweit: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist jünger als 18 Jahre. Im Schnitt beträgt die Lebenserwartung rund 58,1 Jahre (Frauen rund 59,6 Jahre; Männer rund 56,6 Jahre). Der Südsudan gehört außerdem zu den ärmsten Ländern der Welt. Im Index der menschlichen Entwicklung (Human Development Index, HDI) der Vereinten Nationen belegte es 2019 den Platz 186 von insgesamt 189 ausgewerteten Ländern.

Der Südsudan ist eine präsidentielle Republik. Im Jahr 2005 übernahm Salva Kiir Mayardit die Führung der Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung (SPLM/A). Daraufhin wurde er auch Präsident der damaligen autonomen Region Südsudan und Vizepräsident des Sudan. Im Jahr 2011 mit der Unabhängigkeit des Südsudans wurde er der erste regierende Präsident des Landes, was ihn ebenfalls zum Regierungschef und Oberbefehlshaber der Streitkräfte macht. Er ist bis heute der amtierende Präsident. Die bisher einzigen Wahlen im Sudan haben im Jahr 2010, also noch vor der Unabhängigkeit des Staates stattgefunden. Seitdem sind sie wiederholt verschoben worden, was immer häufiger Anlass für weitere Konflikte ist. Der Südsudan gilt nach der Einschätzung der Vereinten Nationen als gescheiterter Staat.

Ein Großteil des Nordens der Landesfläche wird durch Savannen und Trockenwälder geprägt, der Süden durch tropischen Regenwald. Der Weiße Nil durchfließt das Land. Er bildet mit dem Sudd, je nach Jahreszeit, eine der größten Sumpflandschaften der Welt. Der höchste Berg des Südsudans ist mit 3187 Metern der Kinyeti in den Imatong-Bergen.

Der Südsudan ist ein Vielvölkerstaat. Die größte Bevölkerungsgruppe sind die zu den Niloten zählenden Dinka. Darüber hinaus gibt es die ebenfalls nilotischen Nuer und Schilluk, die Azande und viele weitere ethnische Gruppen. Die Verfassung von 2011 sieht Englisch als alleinige Amtssprache vor, während Sudanesisch-Arabisch und Juba-Arabisch als Verkehrssprache häufig vorkommen. Alle einheimischen Sprachen werden weiterhin als Nationalsprachen anerkannt, wovon die meisten der nilosaharischen Sprachfamilie angehören. Über drei Viertel der Menschen bekennt sich im Kontrast zum islamisch geprägten Sudan zum Christentum oder anderen regionalen Religionen.

 

Wirtschaft und Herausforderungen

Im Südsudan lebt fast die Hälfte der Bevölkerung (rund 42 %) von unter 1,90 Dollar pro Tag. Damit gehört das Land zu den ärmsten der Welt und zu den von der UN im besonderen Maße unterstützten „Least Developed Countries“ (LDC).

Südsudan gilt durch den andauernden Bürgerkrieg als Gescheiterter Staat und kann damit seine grundlegenden Funktionen wie den Schutz im Inneren und nach außen, sowie die Bereitstellung von Infrastruktur wie fließend Wasser und Strom (selbst in der Hauptstadt) und die Versorgung der Bevölkerung nicht bereitstellen. Es fehlt auch an grundlegender medizinischer Versorgung, weswegen das Land eine sehr hohe Kindersterblichkeit, sowie die höchste Sterblichkeitsrate bei Gebärenden aufweist: In ganz Afrika liegt die Müttersterblichkeitsrate im Durchschnitt bei etwa 500 von 100.000 Geburten und damit um drei Viertel unter dem Stand im Südsudan (2.054 von jeweils 100.000 Gebärenden). Auch die die mangelnde Bereitstellung von Bildung zeigt sich im Besonderen bei Frauen, die zu beinah 90 % der Analphabeten darstellen.

Trotz des Reichtums an Bodenschätzen, insbesondere Erdöl, aber auch Gold, Diamanten, Silber und seltenen Erden gibt es laut der Welthungerhilfe Versorgungsschwierigkeiten mit ausreichend Nahrung für 7,7 Millionen Menschen, was einen Anteil von 70% der Bevölkerung darstellt. Damit hat die Menge der Bevölkerung, die nicht genügend zu essen haben, den höchsten Stand seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 2011 erreicht. Viele Familien haben keine Nahrungsmittelvorräte mehr, da durch Dürren, Überschwemmungen und Konflikte die Ernten des Vorjahres gering ausgefallen sind. Neben vielen anderen Ländern Afrikas erfahren auch die Menschen im Südsudan eine Verschärfung der Situation durch Störungen und Ausfällen der Lieferketten, welche durch den Krieg in der Ukraine verursacht werden. Die Angebotsknappheit lässt die Preise der Lebensmittel extrem steigen, sodass die Anzahl der Menschen, die sich ausreichend mit Nahrungsmittel versorgen können, noch weiter sinkt. Eine weitere Herausforderung der Versorgungssicherheit ist die Anzahl der Geflüchteten. 4,3 Millionen Menschen sind laut der UN Flüchtlingshilfe durch den Konflikt heimatlos geworden – das entspricht ein Drittel der Bevölkerung – 2 Millionen davon sind Binnengeflüchtete, während der Rest Schutz in den Nachbarländern Uganda, Sudan, Äthiopien und Kenia sucht.

Fehlende Investitionen stellen eine große Herausforderung zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage im Südsudan dar. Der Südsudan ist auf Unterstützungen von außen, wie Programme und Fonds der UN, angewiesen. Allerding werden wegen steigenden Bedarfs und unzureichender Finanzierung viele Gelder umverteilt oder gestrichen. So hat das Welternährungsprogramm (WFP) nun die Lebensmittelverteilung für 1,7 Millionen Menschen im Südsudan ausgesetzt.

Bis zur kurzzeitigen Stilllegung der Erdölpipeline zum Sudan im Jahr 2012 haben die Einnahmen aus diesem Bereich 98% der gesamten Einnahmen des Südsudans ausgemacht. Der Südsudan verfügt über 80 % des bekannten Ölvorkommens des Gesamtsudans und ist durch seinen fehlenden Zugang zum Meer auf den Export über den Sudan angewiesen. Mittlerweile gibt es Übereinkommen mit Äthiopien, welche den Bau von zusätzlichen Straßen für den Erdöltransport regeln. Eine starke Minderung der täglichen Exportmenge von 300.000 (2014) Barrel auf nur noch ca. 100.000 Barrel (2017) konnte aber nicht verhindert werden. Die Hälfte der Erlöse geht dabei als Transitgebühr an den Sudan, ein großer Teil der verbleibenden Mittel an die chinesischen Produzierenden.

Trotz dieser vielen Schwierigkeiten prognostiziert der International Monetary Fund nach starken Einbußen im Corona-Jahr 2020 ein Wachstum des realen Bruttoeinkommens bei ca. 5-6 %, welcher allerdings ab nächstem Jahr immer weiter sinken wird. Das Land wird sich durch die fehlenden Möglichkeiten eines Failed States wirtschaftlich nicht sein Potenzial entfalten können.

 

Geschichte

Als erst seit 2011 unabhängiges und damit jüngstes souveränes Land der Erde ist die Geschichte der Republik Südsudan eng mit der des (Nord-)Sudan verbunden. Erste Siedlungen im Gebiet des heutigen Sudan finden sich bereits im 8. Jahrhundert v. Chr., als die Region eng an Ägypten gebunden war. Im 13. Jahrhundert erreichte dann der Islam weite Teile des afrikanischen Kontinents und prägt bis heute die Kultur des Sudan. Im Zuge der vor allem europäisch getriebenen Kolonialisierung im 19. Jahrhundert eroberte Großbritannien den heutigen Sudan und löste die bis dahin vorherrschende osmanisch-ägyptische Vorherrschaft ab. Die Briten betrachteten den Sudan primär als Baumwoll- und Sklavenlieferant, was den Nordteil des Landes gegenüber dem Südteil wirtschaftlich begünstigte. Diese zunehmend geografische Trennung der Landesteile begründet auch den bis heute andauernden Konflikt zwischen Sudan und Südsudan, welche zudem u.a. auf die im Südteil des Landes intensiver stattfindende christliche Missionierung zurückzuführen ist. Der britischen Fremdherrschaft folgte die gesamtstaatliche Souveränität der Republik Sudan im Jahr 1956. Aufgrund jahrzehntelanger Ungleichbehandlung und der Bevorzugung des Islam gegenüber dem christlich dominierten Süden kam es zum von Machtfragen ausgelösten Bürgerkrieg im gerade unabhängig gewordenen Land. Trotz des 1972 unterzeichneten und formale Gleichberechtigung garantierenden „Abkommen von Addis Abeba“ lähmte der Konflikt das Land noch länger, wobei sich der Bürgerkrieg mit der Entdeckung von wertvollen Ölressourcen im Süden zunehmend vom Religions- zum Wirtschaftskonflikt entwickelte. So dauerte der Bürgerkrieg – mit kürzeren, friedlicheren Phasen – bis zum „Friedensabkommen von Naivasha“ am 9. Januar 2005 an. Trotz der Einigung war die Basis für einen Gesamtstaat  nicht mehr gegeben, weshalb der Friedensvertrag weitgehende Autonomierechte für den Südsudan vorsah. Zudem inkludierte der Vertrag ein Unabhängigkeitsreferendum im südlichen Landesteil. Infolgedessen erklärte sich die Republik Südsudan am 9. Juli 2011 und mit einer Mehrheit von 99% für unabhängig und ist damit jüngster Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen. Doch auch heute belasten ungeklärte Fragen – zum Beispiel zur genauen Grenzziehung in den Regionen Abyei, in den Nuba-Bergen und der Region An-Nil al-azraq – das Land weiterhin. Trauriger Höhepunkt war ein neuerlicher Bürgerkrieg im Südsudan von 2013 bis 2018, welcher sich an Machtverhältnissen und Einflussfragen entzündete. Seit seinem Ende am 27. Juni 2018 herrscht Frieden im Südsudan.

 

Außenpolitik

Als eines der ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder der Welt ist der Südsudan außenpolitisch multipolar ausgerichtet, um die Entwicklung des Landes zu gewährleisten. Der Staat verfolgt eine Balance zwischen Beziehungen zu den Staaten der Afrikanischen Union, den arabischen Staaten und dem Westen. Dies zeigt sich auch an den Mitgliedschaften des Landes in Internationalen Organisationen: So ist der Südsudan u.a. Mitglied der Vereinten Nationen (UN), der Afrikanischen Union (AU), der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) und wurde von der Arabischen Liga zum Beitritt eingeladen. Aufgrund der noch jungen Souveränität des Landes sind einige weitere Beitrittsprozesse – insbesondere in spezialisierten Organisationen – noch nicht abgeschlossen.

Mit Blick auf die westliche Anbindung erwies sich in der Vergangenheit die US-amerikanische Einstufung des (Nord-)Sudan als „Terrorstaat“ als Hürde, da diese jegliche Unterstützung deutlich erschwerte. Die USA begründeten diese Einschätzung mit dem Aufenthalt und existierenden Geschäftsbeziehungen Osama bin Ladens im Sudan. Eine Revision dieses Status erfolgte erst unter US-Präsident Trump im Dezember 2020. Zudem intensivierten sich mit dem wachsenden Interesses Chinas am afrikanischen Kontinent auch die Beziehungen zwischen China und dem Südsudan. So verteidigte der Südsudan beispielsweise das Vorgehen Chinas gegenüber der uigurischen Minderheit in der Region Xinjang, während China einer der wesentlichsten Finanziers im Bereich Entwicklungshilfe darstellt. Bezüglich der Republik Sudan sind die zwischenstaatlichen Beziehungen aufgrund der blutigen Vergangenheit noch immer schlecht. Nichtsdestoweniger war die Republik Sudan das erste Land der Welt, welches den neuen Südsudan als unabhängigen Staat anerkannte.