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Interkulturelle Kommunikation
Forschungsprojekte

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Dr. Melanie Hühn und Master-Studierende der IKK: The Smoking Chemnitzer:in. Stereotype und Repräsentationen im regionalen Kunsthandwerk

Das „Raachermannel“, zu Hochdeutsch Räuchermännchen, ist in Chemnitz und der Erzgebirgsregion für viele Menschen ein typischer Begleiter in den Wintermonaten, der vor allem in der Weihnachtszeit mit verschiedensten Duftnoten räuchern darf.

Die traditionelle Holzfigur, erfunden vor circa 200 Jahren, ist bis heute primär männlich konnotiert. Warum ist dem so? Wieso werden vor allem sogenannte „typische“ Männerberufe dargestellt, wie beispielsweise Nachtwächter, Spielzeugmacher, Bergmann und Förster? Warum gibt es nur wenige weibliche Figuren? Im Rahmen eines Forschungsseminars der IKK (Master Interkulturelle Kommunikation – Interkulturelle Kompetenz) zu den Themen Tradition, Gender, Stereotype und Repräsentationen gehen wir diesen Fragen auf den Grund. Mit ethnografischen Methoden möchten wir uns mit geschlechtertypischen Stereotypen auseinandersetzen und uns gleichzeitig auf die Suche nach Frauen und marginalisierten Gruppen, die das Chemnitzer Stadtbild prägen, begeben: Auf der Grundlage ihrer Erkenntnisse entwerfen die Studierenden in Gruppenarbeit eine neue Räucherfigur: the smoking Chemnitzer:in. Dadurch wird sichtbar, dass Traditionen immer schon geschaffen sind und sich beständig verändern. Zugleich kann deutlich werden, dass erfundene Traditionen immer auch Identität schaffen sollen und politisch wirksam werden, wurden Brauchtum und vermeintliche Volkskunst doch besonders im 19. Jahrhundert und der gesellschaftlichen Modernisierung relevant als Ausdruck regionalen und nationalen Wesens. Die vermeintliche Tradition soll auf diese Weise in ihrem historischen Kontext von Entstehen, Handwerk und Verbreitung kritisch aufgearbeitet werden.

Die sieben beteiligten Masterstudierenden haben im April 2023 ein einjähriges Forschungsseminar begonnen, das Exkursionen ins sächsische Seiffen, ins Dresdner Volkskunstmuseum, zu Frauenorten in Chemnitz usw. beinhaltet. Neben der Auseinandersetzung mit theoretischen Konzepten setzen sie sich auch vor Ort mit der regionalen „Volkskunst“ auseinander und übernehmen Aufgaben des Projektmanagements und der Öffentlichkeitsarbeit. Seit Juni forschen sie innerhalb von vier Teilprojekten zu Chemnitzer Frauen und queeren Personen, führen Interviews, machen teilnehmende Beobachtung und Dokumentenanalysen. Anschließend wurde das Forschungsergebnis in Form einer Figur visualisiert: Wie sieht die hölzerne Chemnitzer:in aus? Welche Tätigkeit übt sie aus? Was trägt sie? Welche Objekte sind typisch für die Figur? Welche Haltung nimmt sie ein? Höhepunkt des Projekts ist die dreitägige Ausstellung im Projektraum "hot super" (Brühl 71, Chemnitz) vom 12. bis 14. April 2024, auf der das Projekt selbst, die Figuren und der Forschungsstand der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Das Projekt wird gefördert durch die TU Chemnitz im Rahmen der Kulturhauptstadt 2025: TUCculture2025.

Instagram: the_smoking_chemnitzer.in; Facebook: Link zur Ausstellung

Dr. Melanie Hühn und Dr. Miriam Schreiter: Alter(n) in Zeiten der Pandemie

Alte und hochaltrige Menschen waren von der Corona‐Pandemie in mehrfacher Hinsicht besonders betroffen: bei einer Ansteckung mit COVID‐19 waren ihre Überlebenschancen geringer, ihre Ängste und Sorgen wurden kaum gehört, ihr Schutz bedeutete in vielen Fällen soziale (und kommunikative) Isolation und zudem wurde ihr Sterben im öffentlichen Diskurs als sowieso unumgänglich oder bevorstehend gesehen und damit ihr verbleibendes Leben abgewertet. Die vieldiskutierte Triage wurde spätestens mit der zweiten pandemischen Welle in Deutschlands Intensivstationen und Pflegeheimen zum allgegenwärtigen Schreckensszenario, während ein Teil der Gesellschaft die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ‐ und damit zum Schutz der älteren Bevölkerungsteile ‐ nicht mehr mitgetragen hat.

In diesem Forschungsprojekt werden seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 Interviews mit älteren Menschen und deren Angehörigen und/oder Pflegenden geführt sowie der mediale Diskurs analysiert, der sich mit den Themen Altern und Sterben während der Corona-Pandemie auseinandersetzt. Wir gehen dabei den Fragen nach, wie sich der Alltag der Älteren und ihrer Familien verändert, wie sie Kontakte (digital) aufrechterhalten und welche Ängste und Hoffnungen sie haben. Mit dem dreistufigen Forschungsdesign (Erhebungen während der ersten pandemischen Welle im Frühjahr 2020, während der zweiten pandemischen Welle im Herbst und Winter 2020/21 sowie im Winter 2021/22) sollen Diskursverschiebungen aufgedeckt und Veränderungen des Alltagslebens älterer Menschen sichtbar gemacht werden.

Mit diesem Projekt soll die kulturwissenschaftliche Altersforschung, die in vielen Teilbereichen noch blinde Flecken aufweist, weiter vorangetrieben und öffentlich sichtbarer gemacht werden. Einen ersten Einblick in die aktuellen Forschungsergebnisse liefert der Beitrag „Zwischen Successful Aging und Sozialem Sterben. Bilder vom Alter(n)während der ersten Welle der Covid-19-Pandemie“, der im Sammelband Sinn in der Krise (hrsg. von Silke Gülker, Jan Beuerbach, Uta Karstein, Ringo Rösener) bei De Gruyter erschienen ist.

Dr. Felix Hoffmann: Zwischen Exklusion, Integration und Inklusion - Zu den praktischen Grenzen, Bedingungen und Möglichkeiten von Alteritätspolitik in Chemnitz (DFG) (aktualisiert 16.06.21)

Nach der Flüchtlingsschutzkrise von 2015 in Deutschland ist die Frage hoch umstritten, wie Integration und Teilhabe von Geflüchteten und Migrant*innen erreicht werden kann oder ob dies überhaupt erwünscht ist. Widerstand gegen gesellschaftliche Pluralisierung führte 2018 zu gewaltvollen Ausschreitungen in Chemnitz. Dennoch sind hier ebenfalls starke Netzwerke zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren, Politiker*innen und lokaler Administration zu beobachten, die sich um inklusive Alteritätspolitik und damit um politische Teilhabe von und mit Geflüchteten und Migrant*innen bemühen. Diese Akteure sind bislang sowohl medial als auch wissenschaftlich ignoriert worden. Das Projekt fokussiert die lokalen Konfliktdynamiken und fragt nach den praxis‐logischen Grenzen, Bedingungen und Möglichkeiten inklusiver Alteritätspolitik, die im relationalen Konfliktverhältnis mit verschiedenen Formen identitätsbasierter Politik steht. Hierzu wird ein innovativer analytischer Ansatz in Bezug auf praktische Logiken im Konflikt zwischen Abgrenzung, Kampf, Konkurrenz und entgrenzend-wechselseitigem und damit antwortfähigem Polylog zum Einsatz kommen. Die Arbeitshypothese fokussiert die praxis-logische Schwäche von Alteritätspolitik im relationalen Konfliktverhältnis zu identitätsbasierter Politik: Aggressiv identitäre, offizielle Integrationspolitik und auch emanzipativ orientierte Identitätspolitik können einseitig praktiziert werden, indem andere in abgrenzende Kampf- und Konkurrenzverhältnisse gebracht werden oder in Reaktion auf entsprechende Dynamiken. Alteritätspolitik hingegen ist auf ein freiwilliges und wechselseitiges Hinterfragen sozio-kultureller Identifikationen angewiesen, in entgrenzenden Praktiken wechselseitig antwortfähigen Polylogs. Mit dem Ziel, detaillierte Daten zu den verschiedenen Konfliktdynamiken zu generieren, wird eine multidimensionale Methodologie der Multi-Sited-Ethnography angewandt. Teilnehmende Beobachtungen werden in den verschiedenen privaten, öffentlichen, politischen und administrativen Netzwerken und in den alltäglichen Aktivitäten der organisierten Zivilgesellschaft beginnen, die Geflüchtete und Migrant*innen unterstützt. Hier werden vor allem Bedingungen und Möglichkeiten inklusiver Alteritätspolitik zu beobachten sein. Des Weiteren werde ich mich politischen Kontaktzonen annähern, an denen Befürworter*innen und Gegner*innen von Integrationsthemen aufeinandertreffen. Hier werden vor allem Begrenzungen inklusiver Alteritätspolitik zu beobachten sein.

With the refugee-protection crisis of 2015 in Germany, the question of how the integration and participation of refugees and migrants can be achieved or if it is desirable at all, is highly contested. Resistance against a pluralizing society resulted in violent outbursts in Chemnitz in 2018. However, there are also strong networks of civil society actors, politicians, and the local administration to be observed who struggle to promote inclusive and thus participatory alterity-politics. These actors have been largely ignored by the media and academia. The project is focussing the local conflict-dynamics, asking for the practice-logical limitations, conditions, and possibilities of inclusive alterity politics in conflictual relation with various forms of identity-based politics in Chemnitz. An innovative analytical approach of logics of practice in conflict between combat, competition, and mutually response-able polylogue will be applied. The working-hypothesis focusses the practice-logical weakness of alterity-politics in conflictual relation with identity-based politics: Aggressive identitarian, governmental integration politics as well as emancipative identity-politics can be practiced one-sidedly by engaging others (or being engaged) into bordering, combatant, and competitional relations. Alterity-politics by contrast requires a voluntary and mutual questioning of socio-cultural identifications from the start, in debordering practices of mutually response-able dialogue. In order to provide in-depth data on the various conflict-dynamics, a multidimensional methodology of multi-sited-ethnography will be deployed. Participant observation will begin in the various private, public, political, and administrative networks and everyday activities of organized civil society, which supports and collaborates with refugees and migrants. Here, mainly conditions and possibilities of inclusive alterity-politics will be observed. I will also approach political contact zones, where proponents and opponents of integration-matters engage each other. Here, mainly limitations of inclusive alterity-politics will be observed.