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Eine Woche als Exoten auf internationalem Parkett in Pakistan

Zwei Chemnitzer Studierende nahmen als Delegierte in Islamabad an der größten UN-Simulation Pakistans teil

  • Studierende aus aller Welt simulierten bei der NIMUN in Islamabad den UN-Sicherheitsrat, darunter als Repräsentanten Deutschlands Maj-Britt Krone und Stefan Heilmann (hinten links) von der TU Chemnitz. Foto: privat
  • Stefan Heilmann und Maj-Britt Krone als Vertreter Deutschlands im UN-Sicherheitsrat. Foto: privat
  • Harte Verhandlungen über den Konflikt in Syrien mit den Vertretern Chinas. Foto: privat
  • Stefan Heilmann und Maj-Britt Krone mit Mitgliedern der Delegation Chinas vor dem Uni-Hauptgebäude...
  • ...und mit Mitgliedern des Organisations-Teams beim kulturellen Abend, an dem jede Delegation das Land, das sie vertrat, vorstellte. Fotos: privat

Zwei Studierende der aktuellen NMUN-Delegation der TU Chemnitz nahmen vom 22. bis 25. Januar 2014 an der NIMUN-Konferenz, dem International Model United Nations der National University of Science and Technology (NUST), in Islamabad teil und vertraten Deutschland im UN-Sicherheitsrat. Für "Uni aktuell" berichten Maj-Britt Krone und Stefan Heilmann, die beide Europa-Studien studieren, von ihren Erlebnissen und Eindrücken in Pakistan:

Auf der Hamburg Model United Nation (HamMUN)-Session im November 2013 lernten wir eine Delegation aus Pakistan kennen. Am letzten Tag durfte jeder Delegierte das MUN seiner jeweiligen Universität vorstellen und einer der Pakistanis erzählte von der NIMUN, einer Simulation in Islamabad, und dem Stipendium, das jeder ausländische Student bekäme. Das tat er wohl eher im Scherz, da er nicht unbedingt damit gerechnet hatte, dass zwei Deutsche sich bei ihm melden würden, um ihn um eine verspätete Registrierung zu bitten. Nach einer Zusage von ihm und der National University of Science and Technology (NUST) kümmerten wir uns schnellstmöglich um Flüge und Visa und einen Monat später war alles fest. Die Reaktionen unserer Freunde und Verwandten fielen unterschiedlich aus. Einige freuten sich für uns und die anderen hielten uns für vollkommen verrückt und versuchten, und bis zum Schluss davon abzuhalten.

Am 20. Januar stiegen wir ins Flugzeug und merkten sofort beim Verlassen der Gepäckausgabe in Islamabad, dass uns eine Woche erwartete, in der wir Exoten sein würden. Verfolgt von einigen kleinen Kindern bahnten wir uns den Weg durch die Menge, aus der wir um Längen herausragten. Unsere Haut war weißer, unsere Kleidung westlicher und überhaupt schien die Menge, die in landestypischen Gewändern gekleidet auf ihre Angehörigen wartete, keine rothaarige Frau oder einen Mann, der mindestens eineinhalb Köpfe größer war als alle Wartenden, zu erwarten. NUST-Studenten holten uns ab und geschlechtergetrennt fuhren wir im Kleinbus vom Flughafengelände. Die Männer direkt in die Hostels auf dem Gelände der NUST und die Frauen in das Privathaus einer Studentin.

Die NUST befindet sich in einem der Sektoren der Hauptstadt Islamabad, die eine schachbrettartige Planstadt nach amerikanischem Muster ist. Die Universität gehört zu den besten Universitäten des Landes und ist eine vom Militär finanzierte Einrichtung. Daher ist sie von elektrischen Zäunen und Stacheldraht umgeben und an den wenigen Toren stehen bewaffnete Wachen der pakistanischen Armee. Man kann schnell das Gefühl bekommen, dass es sich um ein offenes Gefängnis aus schlammbraunen Betonbauten handelt. Alle Universitätsgebäude sind so weit über den Campus verteilt, dass manche Studenten Strecken teilweise mit dem Auto zurücklegen. Innerhalb dieses Universitätssektors waren auch die Uni-Hostels, in denen die Delegierten untergebracht waren. Wir, als internationale Gäste, hatten das Glück, in eine der Lehrer-Unterkünfte einziehen zu dürfen. So kamen wir in den Genuss eigener Appartements mit Frühstückservice, was keinem der einheimischen Teilnehmer vergönnt war. Mit noch einem Deutschen, der den Vorsitz eines Komitees übernehmen sollte, den sogenannten "Chair", waren wir die einzigen Europäer und jeder wollte Fotos mit uns machen und durchlöcherte uns mit Fragen. Man verglich uns mit Prominenten, wie Kirsten Dunst oder Gareth Bale. Neben den pakistanischen Teilnehmern waren noch Gäste aus Saudi Arabien, Nepal, Kenia und Jordanien bei der Simulation dabei.

Bevor die Sessions begannen, waren wir mit einigen Pakistanis shoppen und kauften uns landestypische Gewänder, was die Einheimischen sympathisch fanden. Nach der Opening Ceremony, wie auch nach der Closing Ceremony, waren die internationalen Teilnehmer zum Tee mit dem Direktor der NUST, den Hauptorganisatoren der NIMUN und dem Ehrengast, dem pakistanischen Botschafter für die USA, zum Tee eingeladen.

Am ersten Tag der NIMUN trafen wir das erste Mal auf unsere Chairs und die anderen Delegierten in unserem Komitee. Wir vertraten Deutschland im UN-Sicherheitsrat. Im Laufe der nächsten Tage diskutierten wir den Konflikt in Syrien. Wir sprachen über die Opfer, die Fehler der Regierung Assad und entwickelten in zwei Blöcken verschiedene Resolutionsentwürfe, die wir in letzter Minute noch zu einer gemeinsamen Resolution zusammenfassen konnten. Die "procedures" und die Form der Resolutionen waren andere, als wir sie aus Hamburg und der Vorbereitung in Chemnitz kannten. Daher waren wir zuerst etwas durcheinander, weil es einige Missverständnisse gab. Die Debatten waren alles in allem konstruktiv. Viele konnten den Grundsatz jeder MUN "stay in character" wirklich gut umsetzen und das machte die Diskussionen noch interessanter. Wie bei jeder MUN steigerte sich die Qualität der Gespräche und Reden von Tag zu Tag. Die Delegation Syriens bestand aus zwei Studenten einer pakistanischen Militärakademie, was ihnen sofort anzumerken war. Positiv fiel uns auf, dass sich jeder auf dem Campus an die Regel hielt, auf dem gesamten Gelände ausschließlich Englisch zu sprechen. Das war für uns ein großer Vorteil und für die Pakistanis überhaupt kein Problem, da sie an der Universität in Englisch unterrichtet werden und die Sprache daher perfekt beherrschen.

Jeden Abend fand ein Event statt. Als erstes gab es einen kulturellen Abend in einem riesigen Zelt, bei dem jede Delegation das Land, das sie vertrat, vorstellen konnte. Wir unterstützten die deutsche Delegation soweit es uns möglich war. Zu ihrem Glück hatte Stefan seine Lederhose angezogen und so wurde ihre Vorstellung ein richtiger Erfolg. Am zweiten Abend fand im Freien eine Art Rummel statt mit Riesenrad und Schiffsschaukel, ganz viel zu Essen, Musik und traditionellem Tanz. Es war unglaublich, was das Organisationsteam alles auf die Beine gestellt hatte. Am vorletzten Abend übertraf es sich jedoch selbst. Zum formalen Dinner mit dem Thema "Cirque du Soleil" gingen wir im langen Abendkleid und Anzug. Die Frauen hatten alle ihre schönsten Kleider angezogen und es wurde ein glamouröser und unvergesslicher Abend. Am Abend der letzten Session gab es ein Konzert traditioneller pakistanischer Musik. Dabei handelt es sich eigentlich um Poesie aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die musikalisch umgesetzt wird. Darin geht es um die Huldigung Gottes, aber auch das Finden zu sich selbst und darum, zu lernen sich selbst Fehler eingestehen zu können. Der ganze Saal tanzte und jubelte. Es war berauschend. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl. Wir trugen unsere traditionelle Kleidung und tanzten mit den Pakistanis um die Wette.

Die Gastfreundschaft der Pakistanis war wirklich unglaublich. Jeder einzelne kümmerte sich rührend um uns. Es war immer jemand erreichbar und wir haben uns in keinem Moment unsicher gefühlt. Leider verhinderten Streiks in der Stadt ein Treffen mit dem Repräsentanten der Konrad-Adenauer-Stiftung in Islamabad, Ronny Heine. Unsere Gastgeber waren sehr um unsere Sicherheit bemüht, sodass wir erst am letzten Tag die Möglichkeit hatten, uns die Faisal Moschee und einige traditionelle Geschäfte anzuschauen. Abends hatten wir Dinner auf dem Monal Berg. Wir saßen draußen, aßen traditionelle Küche und hatten einen unglaublich schönen Blick auf Islamabad bei Nacht.

Die Teilnahme an der NIMUN ermöglichte uns, tolle und aufgeschlossene Menschen kennenzulernen, mal wieder durchgehend Englisch zu sprechen und mit einigen Vorurteilen gegenüber Pakistan und seinen Bewohnern aufzuräumen. Wir haben unsere Entscheidung, nach Pakistan zu fahren, nicht einen Tag bereut und würden bei jeder passenden Gelegenheit wieder fliegen. Es ist jedem zu empfehlen, einmal über seinen Schatten zu springen und den Menschen, die jeden Tag in diesem von Zeit zu Zeit von Terror betroffenen Land leben, eine Chance zu geben. Sich davon zu überzeugen, was für tolle Menschen sie sind und wie sehr sich die Jugend nach einem offeneren Staat sehnt. Als wir einige auf die Anschläge im Land ansprachen, sagten sie: "Was sollen wir machen? So lange wir noch leben, geht alles ganz normal weiter. Wenn du dich erstmal verrückt machen lässt, hast du keinen Spaß mehr am Leben."

Nach acht Tagen Islamabad flogen wir vollgestopft mit Eindrücken und Geschenken, aber etwas traurig, weil wir alle unsere neuen Freunde wieder verlassen mussten, zurück nach Deutschland.

Schukria - Dankeschön!

(Autoren: Maj-Britt Krone und Stefan Heilmann)

Katharina Thehos
31.01.2014

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