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Am 1. Dezember 1640 begann eine portugiesische Revolution gegen die kastilische Herrschaft, die seit 1580 in Portugal die Macht ausübte. Diese Auflehnung führte zur Wiedererlangung der Unabhängigkeit Portugals.

Doch wie kam es überhaupt zur spanischen Herrschaft? Im Jahre 1578 starb mit Heinrich die Königsdynastie Avis aus, die für eine portugiesische Blütezeit verantwortlich gewesen war. Nun wurden Portugal und Spanien unter dem kastilischen Herrscher Philipp II. vereint, der bis ins Jahr 1640 diese Doppelmonarchie regierte und damit die Unabhängigkeit Portugals außer Kraft setzte.[1] Die Kronenunion wurde von der prokastilischen Seite in Portugal besonders mit dem Argument des wirtschaftlichen Aufschwungs gefordert. In diesen 60 Jahren verschlechterte sich die Situation jedoch enorm: Ab 1580 stiegen die Steuern, außerdem wurden die portugiesische Sprache und Kultur von der Krone als weniger bedeutend betrachtet. In der Folge kam es zu einer in allen Bereichen zunehmenden Kastilianisierung. Darüber hinaus verlor Portugal Teile seines Kolonialreiches, womit eine wirtschaftliche Verschlechterung der Situation verbunden war, denn das Land gründete seinen Reichtum vor allem auf die Kolonien und war daher von diesen abhängig.[2]

"Um die allgemeine Unzufriedenheit zu beruhigen, griff man nach einer einfachen und einleuchtenden Erklärung: Die Wurzel allen Übels war Spanien."[3]

Im zweigeteilten Portugal gipfelte die angespannte Stimmung am 1. Dezember in einem aristokratischen Angriff auf den Königspalast in Lissabon, der durch den katalonischen Aufstand im Juni 1640 begünstigt wurde. Damit begann der lange Prozess der Wiedererlangung der Unabhängigkeit und führte schließlich zur Herrschaft der Bragança-Dynastie, die durch João IV. (dt.: Johann IV.) als König vertreten wurde.

Die Regierungszeit Joãos IV. war von einer zunehmenden Intervention der Engländer und der Holländer geprägt. Zudem wurde die portugiesische Wirtschaft durch den Krieg stark geschwächt und der Überlandhandel mit Spanien eingestellt.[4] Erst 1668 konnte der Friedensvertrag unterzeichnet werden, womit die volle Unabhängigkeit Portugals anerkannt wurde. Die portugiesische Nation war wiedergeboren.

Der 1. Dezember ist im portugiesischen Gedächtnis daher als der Tag der Wiedererlangung der Unabhängigkeit verankert und steht stellvertretend für die Souveränität Portugals und das Bewusstsein einer erkämpften Abkopplung von Spanien.

Praça dos Restauradores (dt.: Platz der Restauratoren) - Ein Ort der Erinnerung

Der Platz, der denen gewidmet ist, die sich 1640 erfolgreich für die Wiederherstellung der Unabhängigkeit Portugals einsetzten, befindet sich im Zentrum Lissabons. Er liegt am südlichen Ende der Prachtstraße Avenida da Liberdade und ist einer der zentralen Plätze der Innenstadt. Durch seine architektonisch einmaligen Gebäude, in denen sich u.a. die Hauptpost und die Touristeninformation befinden, fällt er stark auf. Mitten auf dem Platz befindet sich ein ca. 30 Meter hoher Obelisk, der im April 1886, und damit fast 250 Jahre nach dem eigentlichen Ereignis, während einer Gedenkfeier eingeweiht wurde.

Seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gewann der Nationalismus als Ideologie zunehmend an Bedeutung. Damit einher ging die Gründung zahlreicher Nationen bei gleichzeitiger Abgrenzung zu anderen Nationen und Völkern. Die Schaffung einer nationalen Identität sollte unter anderem durch Denkmäler und Symbole gelingen. In der eleganten und zugleich monumental wirkenden Bauweise des Obelisks in Lissabon spiegelt sich dieser Versuch jener Tage wider, da man sich hierbei vor allem an einem klassizistischen Baustil und der Betonung national wichtiger Daten orientierte.

In dem Denkmal wird in drei Stufen an jene erinnert, die sich gegen die 60-jährige Herrschaft der Spanier widersetzten. In seinem Aufbau erinnert es an das in Porto stehende Monument Ao Esfôrco Colonizador Português (dt.: Der portugiesischen kolonialen Anstrengung), denn beide Wahrzeichen erstrecken sich stufenförmig gen Himmel und tragen das Wappen Portugals. In eben jenem Punkt unterscheiden sie sich jedoch auch, denn auf dem Denkmal in Lissabon 'erstrahlt' das Wappen regelrecht: Es ist umgeben von einer sonnenstrahlengleich angeordneten Konstruktion, der die Krone aufgesetzt ist. Ein weiterer wichtiger Unterschied ist die Höhe. Das Denkmal in Lissabon ist um einiges höher und wirkt zudem eleganter.

Auf einem Sockel und damit auf dem ersten Abschnitt angeordnet stehen vier Skulpturen. Da wäre zum einen die Siegesgöttin Viktoria mit dem Palmzweig in der linken Hand und dem Kranz in der rechten Hand. Auf der gegenüberliegenden Seite steht der Genius der Unabhängigkeit mit der aufgebrochenen Kette der Unterdrückung und der Lanze in der linken Hand.

Zu den beiden anderen Seiten des Denkmals befinden sich zwei Skulpturen, die sich in ihrem Material von den erstgenannten unterscheiden. Es handelt sich dabei um zwei 'leere' Ritterrüstungen, die umgeben sind von Fahnen, Musikinstrumenten sowie Speeren, Lanzen und anderen Waffen. Diese beiden anonymen Kämpfer scheinen stellvertretend für die Kämpfer jenes Unabhängigkeitskrieges zu stehen. Dabei repräsentieren sie das gesamte Heer, mitsamt den Fanfaren und Fahnen. Sie scheinen damit, Wächtern gleich, jene Ereignisse präsent halten zu wollen.

Des Weiteren befinden sich zahlreiche Inschriften am Monument, die Orte und Jahreszahlen angeben. Dabei handelt es sich um all die Schlachten, die von besonderer Bedeutung für die Identität und die Erlangung der Unabhängigkeit Portugals sind.

Das entscheidende Datum, der 1. Dezember 1640, befindet sich hinter dem Genius der Unabhängigkeit. Die Siegesgöttin Viktoria steht vor dem Datum des 17. Juni 1665, das die letzte und entscheidende Schlacht angibt: die Schlacht von Montes Claros. Beide Angaben besitzen damit auch symbolischen Wert, so dass die Figuren im Zusammenhang mit den Daten ein Bild der Verhältnisse jener Kriegstage wiedergeben. Sie erzählen den Weg von der Idee über den Kampf bis hin zum Sieg und der vollen Souveränität des Landes. Außerdem verweisen sie auf kriegerische Auseinandersetzungen, die in den Kolonien stattfanden, derer sich Portugal stets stolz erinnert(e).

Damit steht dieser Ort der Erinnerung auch stellvertretend für die Kämpfe, die die portugiesische Nation für die Erreichung und Erhaltung ihres Status als Nation geführt hat. Er soll die eigene Vergangenheit im Bewusstsein der Portugiesen halten.

Heutige Bedeutung

Das Denkmal steht seit seiner Errichtung auf einem der zentralen Plätze der Hauptstadt Portugals und ist umgeben von architektonisch eindrucksvollen und historisch bedeutsamen Gebäuden. Nicht zuletzt durch seine Größe und Eleganz ist der Obelisk unübersehbar. Auch heute noch werden Blumen und Kränze zu Ehren der Kämpfer niedergelegt und damit an die Wiedererlangung der Unabhängigkeit Portugals erinnert.

Obwohl das Denkmal nicht mit der eigentlichen Bedeutung, also dem Erinnerungsort, assoziiert wird, lässt sich dennoch die Präsenz und Brisanz des 1. Dezember 1640 im portugiesischen Gedächtnis nicht bestreiten. Besonders deutlich wird dies daran, dass die Beziehungen zu Spanien auch heute noch eine wichtige Rolle in den öffentlichen Diskursen spielen. Schließlich ist der 1. Dezember heute noch ein Nationalfeiertag in Portugal.

Stefanie Kaluza


[1] Vgl. Pinheiro 2005: 328.
[2] Vgl. Oliveira Marques 2001: 188 und 192.
[3] Oliveira Marques 2001: 232.
[4] Vgl. Oliveira Marques 2001: 190.



Bibliografie:

  • Oliveira Marques, A.H.de (2001): Geschichte Portugals und des portugiesischen Weltreichs. Stuttgart: Kröner Verlag.
  • Pinheiro, Teresa (2005): "Die Rückkehr der Karavellen: Brasilien, Spanien und die Inszenierung der portugiesischen Nationalidentität" in: Brandenberger, Tobias/Thorau, Henry (Hrsg.): Portugal und Spanien - Probleme (k)einer Beziehung. Frankfurt a.M. u.a.: Lang, 323-336.

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