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Über zehn Meter erhebt sich der rechteckige Pfeiler aus achtzehn Granitblöcken in die Höhe, auf beiden Seiten flankiert von zwei Paaren kleinerer und schmalerer Rechtecke. Blickt man auf das Denkmal in Richtung des unweit liegenden Meeres, erinnert das Ensemble an eine stilisierte, ins Meer stechende Karavelle mit einem Hauptmast und zwei Segeln. Von unten betrachtet betont die Abstufung die Monumentalität: Das obere Ende scheint sich ins Unendliche fortzusetzen.

Die Form des langen Pfeilers erinnert an einen Obelisken. Jedoch krönt anstelle der pyramidenförmigen Spitze, die im Alten Ägypten die Verbindung zwischen Irdischem und Himmlischen herstellte, das Wappen Portugals den Pfeiler.

Am unteren Ende des Pfeilers stehen sechs menschliche Figuren: aufrecht, mit angespanntem Körper und stoischer Miene. Diszipliniert stehen sie nebeneinander und halten den Koloss: das Überseeimperium. In Proportion und Mimik unterscheiden sich die sechs Figuren kaum; ihre kreisförmige Anordnung unterbindet außerdem eine Hierarchisierung.

Das Denkmal Ao Esfôrço Colonizador Português (wörtlich: Der portugiesischen kolonisatorischen Anstrengung) ist in Namen und künstlerischer Darstellung eine Hommage an all jene, die zum Aufbau des kolonialen Reichs beitrugen. Stellvertretend sind sechs stilisierte soziale Gruppen repräsentiert: der Missionar (durch das Kreuz), der Händler (durch den Hermes-Stab), der Bauer (durch die Ähre mit Sichel), der Soldat (durch das Schwert), der Arzt (durch den Äskulap-Stab) und die Frau (durch Brüste).

Die Widmung richtet sich an die gesamte koloniale Nation, symbolisiert durch die in die Höhe ragenden Granitblöcke. Das Monument erinnert somit nicht an eine bestimmte Kolonie oder Phase der portugiesischen Kolonisation, sondern an das portugiesische Kolonialimperium als Ganzes, an das Kernelement der portugiesischen Nation als Kolonialmacht. Diese Funktion erfüllt neben dem Bildnis auch die Bezeichnung des Platzes, auf dem sich das Denkmal befindet: Praça do Império (dt.: Platz des Imperiums).

Wie viele andere öffentliche Erinnerungsstätten Portugals wurde auch dieses Monument im Zuge der Erinnerungspolitik des portugiesischen Estado Novo geschaffen. Die Inschrift "Zur Feier der Portugiesischen Kolonialausstellung in Porto vom 16. Juni bis zum 30. September 1934" verweist auf diesen Entstehungskontext.

Die Kolonialausstellung von 1934

Zwar war die Exposição Colonial do Porto die erste Ausstellung ihrer Art in Portugal, die Institution 'Kolonialausstellung' war allerdings nicht neu: Als Teil der Großen Weltausstellung oder als eigenständige Veranstaltungen fanden Kolonialausstellungen bereits seit dem 19. Jahrhundert in Europa statt. Sie dienten, neben der Zurschaustellung von Waren aus Übersee, als Propagandaveranstaltung für die Kolonialpolitik des Ausstellerlandes und hatten für das europäische Publikum den Charakter exotischer Jahrmärkte.[1]

Mit der ersten portugiesischen Kolonialausstellung im Sommer 1934 im Palácio de Cristal in der nordportugiesischen Industriestadt Porto knüpfte der Estado Novo an diese Selbstdarstellungspraxis anderer europäischer Kolonialmächte an.

Die Ausstellung von 1934 zielte auf die ideologische Unterstützung der Kolonialpolitik Salazars in den ersten Jahren des Estado Novo. Mit Stolz sollte das portugiesische Publikum auf das Kolonialimperium blicken und die Überseegebiete als wesentlichen und unverzichtbaren Teil der portugiesischen Nation verinnerlichen.[2]

Oberstleutnant António Leite de Magalhães fasste diese kolonialpropagandistische Absicht in seinem Vortrag zum Thema 'Das Kreuz und das Schwert im Dienste des Imperiums' auf der Kolonialausstellung in folgende Worte:

"Wir sind mitten in der Kolonialausstellung… Seit Wochen strömen Menschenmengen zu ihr, um mit staunenden Augen und einem vor Stolz überquellenden Herzen in seiner vollen Größe jenes Imperium zu sehen, das Portugal auf Erden erbaut hat."[3]

Der erste Eindruck vom Ausstellungsgelände wurde geprägt durch das Denkmal Ao Esfôrço Colonizador Português, das die kolonialen Aktivitäten und ihre Anstrengungen und Mühen ehrt und in die imperiale Mystik einbezieht. Im Sommer 1934 stand dieser Entwurf von Sousa Caldas und Alberto Ponce de Castro an zentraler Stelle vor dem Palast der Kolonien am Eingang des Ausstellungsgeländes. Der Name dieses Monuments erinnert - vermutlich nicht zufällig - an das Buch L'effort colonial français des französischen Kolonialministers und späteren Präsidenten Frankreichs Albert Lebrun aus dem Jahre 1916. Die Botschaft nach außen ist offensichtlich: Portugal ist eine legitime Kolonialmacht.

Die Verlagerung des Denkmals - Praça do Império

Das Monumento Ao Esfôrço Colonizador Português ist der einzige bauliche Überrest der Kolonialausstellung von 1934. Nach dem Ende der Ausstellung wurde das Denkmal Ao Esfôrço Colonizador Português am Gelände des Palácio de Cristal abgebaut und auf einem neuen Platz im Westen Portos wiedererrichtet, der 1937 den Namen Praça do Império erhielt. Dort steht es noch heute.

Der Erinnerungsort Kolonialimperium als Entstehungskontext des Denkmals ging mit der Verlagerung jedoch nicht verloren. Im Gegenteil, aus der Umgebung des Monuments lässt sich vielmehr schließen, dass er durch den Standortwechsel sogar gefestigt werden konnte.

Der Praça do Império liegt in Porto, im Stadtteil Foz do Douro an der Douro-Mündung. Früher eine eigene Gemeinde, ist Foz heute ein Bezirk Portos und bekannt als 'Viertel der gehobenen Schichten'. Die Praça do Império liegt im modernen Teil von Foz. Dieser entstand im Zuge der urbanen Expansion stadtauswärts entlang langer Alleen.

Der Praça do Império bildet den Endpunkt mehrerer auf sie zu laufender Straßen:

Von Nordosten mündet die lange und breite Avenida do Marechal Gomes da Costa in den Platz ein, benannt nach dem Anführer des Militärputsches vom 28. Mai 1926, aus dem sich die Diktatur des Estado Novo entwickelte.

In östlicher Richtung verläuft die Rua Bartolomeu Velho, eine schmale aber lange Straße, bis zum berühmten Park der Stiftung Serralves. Diese Straße ist nach einem bedeutenden Kartographen des 16. Jahrhunderts benannt. Unterwegs kreuzt sie zunächst die Rua Henrique Lopes de Mendonça (in Erinnerung an den Autor des Textes der portugiesischen Nationalhymne), danach die Rua João de Barros (benannt nach dem portugiesischen Humanisten und Autor der Décadas de Asia, einem monumentalen Werk über das frühneuzeitliche portugiesische Kolonialimperium im Orient) und schließlich die Rua Gil Eanes (benannt nach dem Entdecker, dem im 15. Jahrhundert die Umrundung des Kap Bojador gelang).

Von Osten her mündet die Rua Diogo Botelho in die Praça do Império; ihr Namensgeber war, wie Bartolomeu Velho, ein Kartograph des 16. Jahrhunderts.

Nach Süden verbindet die Rua Diu den Platz mit der Avenida do Brasil, der Promenade an der Mündung des Douro in den Atlantischen Ozean. Beide Straßen erinnern an ehemalige portugiesische Kolonien.

Nach Westen führt die Rua D. Nuno Álvares Pereira zu einem der wichtigsten Erinnerungsorte des portugiesischen kollektiven Gedächtnisses: die Schlacht von Aljubarrota. Nuno Álvarez Pereira wurde zum Militärstrategen im Kampf der portugiesischen Truppen unter João, Mestre de Avis, gegen die Truppen des kastilischen Thronanwärters Juan I. Als sein größter Verdienst gilt der Sieg gegen die Kastilier in der Schlacht von Aljubarrota im August 1385, der den Thronansprüchen Juans I. ein Ende setzte und die Erhaltung der portugiesischen Souveränität garantierte.

Diese hohe Konzentration von Erinnerungen in den Straßennamen rund um das Monument Ao Esfôrço Colonizador Português bildet den Kontext des Denkmals und gehört ebenso wie das Monument selbst zum Erinnerungsort, den es transportiert. Durch das Netz an Erinnerungen erhält das Denkmal seine Bedeutung. Der Erinnerungsort Kolonialimperium wird auf diese Weise mit den zentralen symbolischen Säulen der offiziellen Version portugiesischer Nationalidentität verknüpft: die Entdeckungen des 16. Jahrhunderts, die Unabhängigkeit von Spanien, die portugiesische Nationalhymne. Der Name des Platzes "Praça do Império" verweist zudem auf den gleichnamigen monumentalen Platz in Belém im Westen Lissabons. Dort konzentriert sich die Erinnerung an die Vergangenheit am dichtesten.

Dass das Denkmal heute kein in Vergessenheit geratener Überrest einer national und imperialistisch orientierten Erinnerungspolitik ist, zeigt sich in der Instandhaltung des Ortes und damit in der Erinnerung. Das Straßenschild der Praça do Império ist neueren Datums und der ganze Platz wirkt sehr gepflegt. Um das Monument herum sind, neben dem inneren Ring, drei weitere gleichmäßige Abschnitte angelegt: Zunächst befindet sich direkt um das Monument ein Blumenbeet, um dieses herum liegt ein Rasenkranz, auf welchem vier Lichtstrahler für nächtliche Beleuchtung sorgen. Den Außenkranz bildet ein gepflasterter Fußweg mit Verzierungen.

Das Thema des Kolonialimperiums hat bis heute freilich die Propagandafunktion verloren, die es noch im Estado Novo der 1930er Jahre erfüllte. Die Praxis, das Originaldenkmal und die Benennung des Platzes ohne jegliche Re-Kontextualisierung beizubehalten und das Ensemble zu pflegen, legt jedoch die Vermutung nahe, dass die dort versammelten Symbole die Funktion der Stabilisierung portugiesischer Nationalidentität im offiziellen Diskurs beibehalten sollen.

Teresa Pinheiro


[1] Debusmann/Riesz 1995: vii.
[2] Bethencourt/Chaudhuri 2000: 24ff.; Paulo 1996: 328.
[3] Magalhães 1934: 5.



Bibliografie:

  • Bethencourt, Francisco/Chaudhuri, Kirti (Hrsg.) (2000): História da Expansão Portuguesa. Vol. 5: Último Império e Recentramento (1930-1998). Lisboa: Temas e Debates.
  • Debusmann, Robert/Riesz, Janos (1995): Kolonialausstellungen, Begegnungen mit Afrika?. Frankfurt a.M.: Iko.
  • Magalhães, António Leite de (1934): A Cruz e a espada ao serviço do Império. [o.O.]: Edições da 1ª Exposição Colonial Portuguesa.
  • Paulo, João Carlos (1996): "Exposições coloniais" in: Rosas, Fernando/Brito, J.M. Brandão de (Hrsg.): Dicionário de História do Estado Novo Bd. I. Venda Nova: Bertrand, 327-328.

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