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Monumento aos Heróis da Guerra Peninsular
(Monument für die Helden des Krieges der Iberischen Halbinsel)

Im Jahre 1908, knapp einhundert Jahre nach dem Einfall der napoleonischen Truppen in Portugal, wurde zum Gedenken an die Ereignisse und Helden des Guerra Peninsular mit dem Bau zweier Denkmäler in den Städten Porto und Lissabon begonnen. Beide Denkmäler weisen große Ähnlichkeiten in Symbolik und Bedeutung auf.

Das Monument in Porto ist etwa 42 Meter hoch und 20 Meter breit. Der Sockel ist nach oben hin ungleichmäßig gestuft. Auf dem 7 Meter hohen Sockel werden Kampfszenen rund um den Fuß des Monuments nachgestellt. Zahlreiche übergroße menschliche Skulpturen stellen in dramatischer Weise sowohl das Leid als auch das Heldentum des Krieges dar. Nach oben hin schließt eine Säule an, deren Unterteil mit einem Relief versehen ist. Im Gegensatz zu den lebendig wirkenden Skulpturen am Fuße erscheinen die hier abgebildeten Soldaten sehr starr, geradewegs ausdruckslos.

Auf der Spitze der nach oben schmaler werdenden Säule befindet sich eine weitere Plastik. Dort thront ein mächtiger Löwe über dem Monument. Seine Krallen hat er tief in den unter ihn liegenden Vogel geschlagen, den man nur aufgrund seines aufgespannten Gefieders erahnen kann.

Das Monument lässt sich optisch in drei Bereiche gliedern:

1. die Skulptur an der Spitze der Säule
2. das Relief am unteren Teil der Säule
3. die Figuren am Fuß des Monuments

Der Löwe auf der Spitze der Säule blickt mit grimmiger Mine hinunter auf den Vogel in seinen Krallen. Er steht stellvertretend für die Portugiesen, die siegreich gegen die Franzosen unter Napoleon aus dem Guerra Peninsular hervorgingen. Demzufolge lässt sich der gegeißelte Vogel als Adler identifizieren, der das besiegte Frankreich symbolisiert. Beide Figuren sind von kunstgeschichtlicher Bedeutung: Sie symbolisieren Macht und Herrschaft. Auf dem höchsten Punkt des Denkmals versinnbildlicht die Plastik somit den Triumph der Portugiesen an der Seite Großbritanniens gegen den mächtigen Napoleon.

Auf dem Relief, am unteren Teil der Säule, erkennt man im Vordergrund die Darstellung von vier Offizieren. Die Figuren stehen in gleichmäßigem Abstand voneinander entfernt und halten, jede auf ihre Weise, ein Schwert in der Hand. Sie stehen starr, den Blick nach vorn gerichtet. Die zum Boden zeigenden Schwerter halten sie lose in der Hand. Ihre Körperhaltung deutet nicht darauf hin, dass sie sich im Kampf befinden. Aufgrund des typischen Napoleon-Hutes auf ihren Köpfen erinnern sie an französische Generäle. Der Heerführer hat seinen Mund weit geöffnet, als würde er seinen Soldaten Befehle erteilen. Jene sind im Hintergrund des Reliefs abgebildet, wodurch wahrscheinlich der Einmarsch der französischen Truppen in Portugal dargestellt wird.

Auch unterhalb der Säule, auf dem breiten Sockel des Monuments werden Kampfhandlungen dargestellt. Doch nur wenige der dargestellten Figuren sind anhand der Uniform als Soldaten zu identifizieren. Hauptsächlich erkennt man zivile Personen, sowohl Männer als auch Frauen, im Kampf gegen die napoleonischen Soldaten.

Alle Szenen am Fuß des Monuments sind sehr dramatisch dargestellt. Besonders die zivil gekleideten Personen, die das portugiesische Volk repräsentieren, scheinen unaufhaltsam im Kampf für den Sieg. Eifrig und mit entschlossener Mine kämpfen sie für die Freiheit des Vaterlandes.

Die Rückseite des Monuments erzählt von den Schrecken des Krieges und der Unterdrückung durch die Franzosen. Man erkennt eine hilflose Frau auf einem gekenterten Boot. Unter großer Anstrengung hält sie ihr nacktes und verängstigt wirkendes Baby in ihrem rechten Arm. Mit dem linken Arm versucht sie nach den Beinen eines Mannes zu greifen, der kopfüber und beinahe regungslos aus dem Boot zu fallen droht.

Zu ihrer linken Seite erkennt man weitere Teile der portugiesischen Bevölkerung in Abkehr von ihr kämpfend. Auf der rechten Seite dagegen sieht man den vorsichtigen Einmarsch von Soldaten in ihre Richtung. Anhand der Feder auf ihren zylinderförmigen Hüten und dem zu erahnenden Bänder-Kreuz auf der Vorderseite der Jacken lässt sich darauf schließen, dass es englische Truppen sind, die der portugiesischen Bevölkerung zu Hilfe kommen.

Auf der Vorderseite des Monuments sieht man die portugiesische Bevölkerung sowie die britischen Truppen Seite an Seite kämpfend. Zu ihren Füßen liegt ein besiegter französischer Soldat mit seinem Pferd. Unter ihnen ist das Wappen der Stadt Porto abgebildet.

Oberhalb dieser Szene erkennt man eine entblößte Frau, die angestrengt ein Schwert sowie eine Fahne gen Himmel streckt. Sie steht als Symbol für Freiheit und den Kampf gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit, gleich dem französischen Vorbild des berühmten Gemäldes "La liberté guidant le peuple" von Eugène Delacroix.

Ein ähnliches Motiv findet man auf dem gleichnamigen Monument in Lissabon. Genau wie in Porto ist auch dieses Monument optisch geteilt. Auf dem Sockel ist abermals die leidende portugiesische Bevölkerung abgebildet. Davon sind die Kampfszenen auf der Krone des Monuments farblich abgehoben. Dort erkennt man Soldaten sowie Zivilisten, die sich gegen den über ihnen fliegenden Adler erheben, als wollten sie ihn vertreiben. Die Frau und der Adler schauen in entgegengesetzte Richtungen, wodurch impliziert wird, dass die Freiheit der Portugiesen unvereinbar mit der Besatzung durch die Franzosen ist. In halber Höhe wird das Monument von Wappen umringt. Das Portugals befindet sich im Zentrum.

Die Errichtung der Denkmäler und ihre Bedeutung

Zwischen beiden Monumenten bestehen viele Gemeinsamkeiten, welche sowohl geschichtlich als auch politisch bedeutsam sind. Sie lassen sich anhand der Entstehungszeit des Denkmals begreifen. Wie das Bahnhofsgebäude São Bento, die Casa Serralves und das Teatro Nacional de S. João wurde auch das Monument in Porto von dem berühmten portugiesischen Architekten Marques de Silva (1869 - 1947) entworfen. Obwohl man bereits 1908 mit der Planung eines Denkmals begann, erhielt die Maurergenossenschaft in Porto erst 1914 den Auftrag zum Bau. Dieser wurde aufgrund finanzieller Probleme jedoch kurz darauf gestoppt. Die Vollendung des Denkmals begann letztendlich erst 1948. Auch das Denkmal in Lissabon wurde bereits seit 1908 geplant, aber bereits 1932 fertiggestellt.

Dass gerade 1914 mit der Konstruktion des Monuments in Porto begonnen wurde ist sicherlich kein Zufall. Nicht nur das 100-jährige Jubiläum des Guerra Peninsular sollte mit der Errichtung gewürdigt werden. Zum einen benötigte die Idee des Nationalstaates Symbole, zum anderen war Portugal erst kürzlich zur Republik geworden.

Wie viele andere Länder wurde auch Portugal im 19. Jahrhundert durch das Entstehen einer nationalen Ideologie geprägt. Diese nationale Ideologie beruhte auf einer Reinterpretation der Geschichte und dem Entstehen des Patriotismus. Es sollte der Gedanke einer Volksgemeinschaft mit gemeinsamer Vergangenheit erschaffen werden - eine Nation. Das Denkmal diente dementsprechend zur Vergegenwärtigung eines Moments, in dem die portugiesische Nationalidentität gefestigt wurde.

Einen weiteren wichtigen Beitrag zur Errichtung des Monuments leistete der Wandel Portugals von einer Monarchie zur Republik. Nach dem Guerra Peninsular wurde die absolute durch eine konstitutionelle Monarchie ersetzt und es bildete sich, wie in anderen Ländern Europas, ein selbstbewusstes, politisch aktives Bürgertum. In Portugal wurden der zunehmende Wohlstand und die politische Sicherheit jedoch durch zwei wichtige Ereignisse des späten 19. Jahrhunderts gefährdet. Zum einen scheiterte der Versuch Portugals als Kolonialimperium wieder alte Größe zu erreichen am Widerstand Großbritanniens und Belgiens. Dies wurde von großen Teilen der Bevölkerung und von den nationalistischen Republikanern als Demütigung Portugals empfunden und resultierte in einem Vertrauensverlust in die portugiesische Monarchie. Zum anderen führte eine längere wirtschaftliche Rezession in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts zu einer Verarmung der portugiesischen Arbeiterklasse. Die republikanische Opposition machte die politische Führung und die Monarchie für ihre schwierige Lage verantwortlich und forderte zunehmend deren Abschaffung und die Gründung einer Republik. Republikanischer Extremismus und politische Unruhen führten letztendlich zur Ermordung von König Carlos und seinem Thronfolger im Jahre 1908. Nur zwei Jahre später dankte sein Nachfolger, Manuel II. ab und beendete somit die beinahe 800 Jahre alte Monarchie zugunsten einer neuen Republik. Das Denkmal in Porto spiegelt viele nationalistische und republikanische Ideale wieder. Zum einen wird der Kampf gegen die französischen Einfälle nicht als Kampf zwischen portugiesischen und französischen Soldaten dargestellt, sondern als ein Kampf des portugiesischen Volkes gegen Unterdrückung. Die Figur der Frau auf der Vorderseite des Denkmals in Porto symbolisiert das Ideal der Freiheit und Gerechtigkeit. Sie führt die portugiesischen Helden gegen die französische Besatzung an. Durch ihren Einsatz retten sie die verzweifelte und in Not geratene Bevölkerung, welche durch die Frau mit Kind auf dem gekenterten Schiff auf der Rückseite symbolisiert wird. Während bei vielen anderen Monumenten eine Führungsperson im Mittelpunkt steht, fällt bei den Denkmälern Lissabons und Portos dem Volk zentrale Bedeutung zu. Symptomatisch hierfür ist die Tatsache, dass dem König, der zu Zeiten des Guerra Peninsular nach Brasilien geflüchtet war, auf dem Denkmal keine Figur gewidmet wird.

Die Symbolik der Monumente dient also nicht nur der Schaffung, der zu dieser Zeit üblichen Idee eines Nationalstaates, sondern erinnert auch an den Kampf einer Nation und seines Volkes für Freiheit und Mündigkeit. Gerade die Hervorhebung der einfachen Menschen als Helden im Kampf gegen die Franzosen macht das Monument zu einem Symbol der Republik.

Der Zeitpunkt der Errichtung des Denkmals in Porto im Jahr 1914 ermöglicht noch eine weitere Interpretation. Als der erste Weltkrieg ausbrach, versuchte Portugal zunächst eine neutrale Position zu behalten. Es war jedoch militärisch mit Großbritannien verbündet und daher gezwungen, Partei für die Alliierten zu ergreifen. Das Monument, auf welchem Portugiesen neben Briten gegen einen Unterdrücker kämpfen und diesen letztendlich bezwingen, hatte also auch zu diesem Zeitpunkt einen symbolischen Zweck. Die Menschen sollten trotz politischer Differenzen mit Großbritannien an alte Bündnisse und Freundschaften erinnert werden, um sie somit für die Beteiligung Portugals am ersten Weltkrieg zu gewinnen[1].

Die heutige Bedeutung des Guerra Peninsular

Die heutige Bedeutung des Guerra Peninsular zeigt sich unter anderem im Standort beider Denkmäler. Die Monumente Monumento aos Heróis da Guerra Peninsular befinden sich auf gepflegten Grünanlagen im Zentrum der beiden bedeutendsten Städte Portugals. Sie bilden seit ihrem Bau das Herz wichtiger Plätze. Das Monument in Porto befindet sich auf dem Praça Mousinho de Albuquerque (dt.: Platz des Albuquerque), einem zentralen Kreisverkehr in Porto, auf den sechs breite Straßen führen. Das Monument in Lissabon steht im Rotunda de Entrecampos (dt.: Kreisverkehr zwischen den Feldern) und wird ebenfalls von zwei breiten Straßen eingerahmt. Dies lässt darauf schließen, dass der Erinnerungsort Guerra Peninsular auch nach 200 Jahren noch eine große Bedeutung für das kollektive Gedächtnis in Portugal hat.

Carolin Kaufhold und Urs Dresen



[1] Die Informationen in diesem Abschnitt stammen aus Anderson (2000) und Birmingham (2003).



Bibliografie:

  • Anderson, James Maxwell (2000): The History of Portugal. Westport, Conn.: Greenwood Press.
  • Birmingham, David (2003): Concise History of Portugal. Cambridge: Cambridge Univ. Press.

Bildnachweis:

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