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Im Rückblick: Der fernöstliche Wirtschaftsgigant China war am 29. und 30. November 2018 Thema der von der Philosophischen Fakultät organisierten „Studientage China“

Zu den Studientagen am 29. und 30. November 2018 setzte die Philosophische Fakultät der Technischen Universität Chemnitz China in den Fokus vielfältiger Betrachtungen zu Politik, Wirtschaft, Kultur und Studium. Bereits am Abend des 28. November gab es auf dem Campus einen kulturellen Auftakt mit dem "English Club" im "Club der Kulturen". Der „Chinese Evening“ bot den vielen Gästen die Gelegenheit, einen Hauch chinesische Kultur erleben zu können. Im bunten, geselligen Treiben konnten die Besucherinnen und Besucher beispielsweise zwischen einem Koch- oder Kalligraphiekurs oder einer Bilderpräsentation zu den schönsten Orten Chinas wählen. Auch die Sun Yat-sen Universität (SYSU), mit der die TU Chemnitz eine enge Kooperation in verschiedenen Fachbereichen pflegt, stellte sich vor.

Prof. Chang Chenguang, Leiter der SYSU-Delegation, eröffnete am 29. November zusammen mit dem Dekan der Philosophischen Fakultät, Prof. Dr. Stefan Garsztecki, offiziell die "Studientage China". Nach der Eröffnung wurde die weitreichende Vernetzung der TU Chemnitz mit chinesischen Universitäten exemplarisch aufgezeigt. Prof. Dr. Josef Schmied, Inhaber der Professur Englische Sprachwissenschaft, stellte die Zusammenarbeit seines Fachbereiches mit der SYSU vor. Prof. Dr. Volker Bank berichtete von der Arbeit der Professur Berufs- und Wirtschaftspädagogik der TU Chemnitz in China. Prof. Dr. Reinhard Streiter von der Professur Mikrotechnologien präsentierte die Kooperation mit der Chongqing University zu Smart Monitoring Systems. Die Projekte, welche die Professur der Elektrochemie, vertreten von Prof. Dr. Rudolf Holze, mit der Fudan University seit nunmehr über 20 Jahren unterhält, konzentrieren sich vor allem auf die gemeinsame Weiterentwicklung von Lithium-Ionen-Batterien.

Ein ganz anderes Feld stellte Robert Liniek, Promovend an der TU Chemnitz, vor. Er berichtete von seinen Erfahrungen als Sprachlehrer für Deutsch als Fremdsprache in Qingdao. Er hob vor allem das gemeinschaftliche und respektvolle Miteinander auf dem dortigen Campus hervor, das sowohl zwischen Lehrkräften und Studierenden als auch unter den Studierenden selbst existiert. Der Universitätscampus sei für die Studentinnen und Studenten der Lebensmittelpunkt, daher würde sich ein starkes, soziales Miteinander herausbilden. Alle Studierende müssten auf dem Uni-Campus im Wohnheim leben. Von diesen und weiteren Unterschieden zwischen dem chinesischen und deutschen Studierendenleben berichteten am Nachmittag ebenso mehrere Austausch-Studierende der SYSU. Wer einmal selbst die unterschiedlichen Lebenswelten der beiden Länder erleben möchte, konnte sich über das Auslandsstudium in China bei den Mitarbeitenden des International Education Center (IEC) und der Fudan Universität informieren.

Für Studierende der Germanistik waren die Lehrveranstaltungen von Prof. Yang Jin von hohem Interesse. Sie berichtete von der sogenannten „Auslandsgermanistik“, die sich in China während ihrer Zeit als Studentin gerade begann zu entwickeln, sowie von den Hürden, die es nach wie vor zu überwinden gilt, damit die chinesische Germanistik bei den deutschen Kollegen und Kolleginnen Anerkennung erfährt. Eine reine Analyse der Chinarezeption in der deutschen Medienlandschaft könne nicht die Antwort sein, so Yang Jin. Auch die Rezension anderer literarischer Werke müsse den Forschenden offenstehen. Ihre Kollegin an der School of Foreign Languages an der SYSU, Prof. Dai Fan, erklärte im Rahmen der Projektvorstellungen, wie solche Lektüre entstehen kann. In ihrem englischsprachigen Kurs für Creative Writing sei ihr vor allem die Offenheit unter den Teilnehmenden sowie die Weiterentwicklung der Fremdsprachenkompetenzen durch Kreativität besonders wichtig. Sie verstehe die Kunst des kreativen Schreibens als einen unabdingbaren Teil der Universalbildung.

Zu einem solchen gehört sicherlich auch die Kenntnis über das derzeitige Prestigeprojekt der chinesischen Regierung. Der Ausbau der neuen Seidenstraße (One Belt, One Road) hat nicht nur politische und wirtschaftliche Auswirkungen auf die Kooperationsländer, sondern auf die Weltwirtschaft im Allgemeinen. Prof. Dr. Matthias Theodor Vogt von der Hochschule Zittau/Görlitz und dem Institut für Kulturelle Infrastruktur Sachsen bezeichnete es als „größtes Vorhaben der Menschheit in den letzten Jahren“. In seinem Vortrag legte er dar, welche Implikationen die Initiative mit sich bringt und welches Selbstverständnis der chinesischen Regierung sich dahinter verbirgt. Nämlich das einer historischen Weltmacht, die nun wieder ihren rechtmäßigen Platz einnehmen möchte.

So waren die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen noch nie so durchdringend wie aktuell, berichtete Yujie Yao von der Jiliang University und dem Kontaktbüro für Dresden-Hangzhou. China sei Deutschlands Handelspartner Nummer eins. Aus Sicht chinesischer Unternehmen würde Deutschland insbesondere von seinem guten Image der Zuverlässigkeit und Stabilität profitieren, sodass in den letzten Jahren immer mehr Investitionen aus dem Land der Mitte nach Deutschland flossen. Yujie Yao prophezeite zudem eine weitere Intensivierung der deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen. Beide Länder hätten, anders als momentan die USA, verstanden, dass es für die ökonomische Prosperität offener Märkte und gegenseitiger Investitionen bedürfe.

Unmengen an finanziellen Mitteln würde die chinesische Regierung aktuell insbesondere im Energiesektor einsetzen, erläuterte Dr. Antje Nötzold, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur Internationale Politik an der TU Chemnitz. Absolute Priorität habe hierbei die Versorgungssicherheit und die weitestgehende Unabhängigkeit von ausländischen Importen. Der Pragmatismus in der Umsetzung der Energieinteressen habe kurz- und langfristig ebenso Auswirkungen auf Deutschland in der Konkurrenz um endliche Rohstoffe wie Erdöl oder Erdgas. Es könne zu einer weiteren Politisierung der Rohstoffmärkte kommen, so Nötzold.

Katja Drinhausen vom Mercator Institute for China Studies (MERICS) wies zudem darauf hin, dass auch die gesellschaftliche Modernisierung viele Ressourcen beanspruchen würde. Die Digitalisierung könne dabei auch nach 40 Jahren Wandel und Transformation nur bedingt als Problemlöser fungieren. Noch immer gäbe es beispielsweise massive Unterschiede zwischen Stadt und Land sowie eine hohe soziale Disparität in China. Im Zuge der Digitalisierung ist überdies die „geführte Öffentlichkeit“ bezeichnend. Kritik an der Politik wird in den sozialen Medien nur zu einem bestimmten Grad zugelassen. Spätestens, wenn sich Personengruppen zu Aktionen verabreden, wird von offizieller Seite aus eingeschritten, erläuterte Drinhausen.

Ähnlich kritisch äußerte sich Robert Liniek zum allgemeinen Zustand der chinesischen Zivilgesellschaft. Für ihn hat der einstige Hoffnungsträger und derzeitige Ministerpräsident Xi Jinping die in ihn gesetzten Erwartungen an mehr zivilgesellschaftlichen Freiraum nicht erfüllt. Liniek erklärte, dass die Zivilgesellschaft Chinas hingegen von einer hohen Ambivalenz geprägt sei. Auf der einen Seite würde eine hohe Mündigkeit für den einzelnen Bürger existieren, auf der anderen Seite die agile Zivilgesellschaft jedoch unter immer stärkerer Beobachtung stehen, inklusive hartem Vorgehen gegen Minderheiten und Dissidenten.

Die Delegation der Sun Yat-sen University verbrachte den Freitagnachmittag vor allem im gemeinsamen linguistischen Symposium mit der Professur Englische Sprachwissenschaft. Ein englischsprachiger Rückblick hierzu ist hier zu lesen. 

Der preisgekrönte Film „A Touch of Sin“, der am Freitagabend im studentischen Filmclub "mittendrin" gezeigt wurde, beleuchtet die chinesische Gesellschaft und ihre Problemlagen anhand vierer Schicksale, die auf wahren Begebenheiten basieren. Er bot einen guten Abschluss und eine gelungene Zusammenfassung der vielfältigen Aspekte zu den erfolgreichen „Studientagen China“.

(Autorinnen: Jessica Freyer, Anja Päßler)

Mario Steinebach
10.12.2018

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