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Bremsen ohne Feinstaub

EU-Projekt SAFER der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung der TU Chemnitz erforscht umweltfreundliche Bremsscheiben auf der Basis von selbstheilenden faserverstärkten Keramiken

Verschleißende Bremsscheiben verursachen nicht nur teure Werkstattbesuche, sondern auch umwelt- und gesundheitsschädlichen Feinstaub. Angesichts der erheblichen gesundheitlichen Auswirkungen hat die Europäische Union durch die aktualisierte Emissionsrichtlinie (Euro-7 Norm) die zulässige Freisetzung dieser Partikel drastisch reduziert. Die Stiftungsforschergruppe „Textile Kunststoff- und Hybridverbunde“ der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung der Technischen Universität Chemnitz arbeitet gemeinsam mit Partnerinnen und Partnern aus Brasilien und Tschechien im Rahmen des im Juni 2023 gestarteten EU-Projektes „SAFER - Self-healing fiber ceramic matrix composite“ an einer Lösung, um den Verschleiß von Bremsscheiben zu verringern und damit die durch die EU angestrebten Emissionswerte einzuhalten. Unter der Leitung von Prof. Dr. Daisy Nestler kooperiert die Forschergruppe mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität von Sao Paulo (USP) und der Technischen Universität Ostrava (VSB) sowie der tschechischen Firma Diafrikt Components s.r.o., um eine nachhaltige, ressourcenschonende und verschleißfreie Leichtbaubremsscheibe auf der Basis von faserverstärkten Keramiken zu entwickeln.

Diese Verbundwerkstoffe weisen herausragende mechanische Eigenschaften bei gleichzeitig hoher Temperaturbelastung auf und sind im Vergleich zu metallischen Werkstoffen deutlich leichter, korrosions- und verschleißbeständiger sowie langlebiger. Im Vergleich zu herkömmlichen Keramiken versagen die neuartigen Hochleitungskeramiken nicht schlagartig, da die eingebrachte Textilstruktur die Schadenstoleranz erhöht. Dabei sind die Quasi-Duktilität und die damit verbundene Schadenstoleranz im Wesentlichen von der Faserlänge abhängig. Im Rahmen des SAFER-Projektes wird dieses Material mit Kohlenstoff-Nanostrukturen funktionalisiert, um die mechanischen Eigenschaften weiter zu verbessern und eine Selbstheilung zu ermöglichen.

Die Herstellung der Demonstrator-Bauteile erfolgt in einem großtechnischen Spritzgießverfahren, gefolgt von einem Pyrolyse- und LSI-(Liquid Silicon Infiltration)Prozess. Das Spritzgießverfahren zählt zu den Massenfertigungsverfahren und ermöglicht eine höhere Reproduzierbarkeit der Bauteile im Vergleich zu bisherigen Kleinserienverfahren. Durch Vorprojekte konnte das Problem der durch das Verfahren eingekürzten Faserlänge bewältigt werden. Eine definierte Faserlänge ist Voraussetzung für die Quasi-Duktilität. Die modifizierte Technologie stellt ein Alleinstellungsmerkmal für die Produktion dar.

Außerdem soll recyceltes Material in den Prozess zurückgeführt werden, um den CO2-Fußabdruck und die Produktionskosten zu verringern. Das Projekt wird mittels einer umfassende Life-Cycle-Analyse überwacht, um die Auswirkungen auf die Umwelt zu ermitteln und die Forschung gegebenenfalls anzupassen.

Faserverstärkte Keramikbauteile finden auch neben den umweltfreundlichen Bremsscheiben, die sich insbesondere für rekuperierende Fahrzeuge wie Elektro-PKWs eignen, eine breite Anwendung, wie z. B. Serienbauteile in Gasturbinen, Reibkupplungen und Gleitlagern, aber auch Bauteile für Teleskope und Kalibrierkörper.

Die innovativen Hochleistungs-Leichtbauwerkstoffe, die im Rahmen des SAFER-Projekts entwickelt werden, sollen durch eine neu zu entwickelnde inline-Prozesskette kosteneffizient, ressourcenschonend und ökologisch-ökonomisch korreliert dem Markt zur Verfügung gestellt werden. Beim Markteintritt spielt das beteiligte Unternehmen Diafrikt Components s.r.o. mit seinem einzigartigen Fachwissen auf dem Gebiet der metallkeramischen Reibwerkstoffe für Brems- und Kupplungssysteme, insbesondere für Schwerlastanwendungen, eine entscheidende Rolle.

Dieses wegweisende Projekt wird durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes mitfinanziert. Die Projektpartner werden von der São Paulo Research Foundation (FAPESP) und der Technology Agency of the Czech Republic (TAČR) unterstützt.

Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Daisy Nestler, Tel. +49 (0)371 531-36546, E-Mail daisy.nestler@mb.tu-chemnitz.de.

Homepage des Projektes: https://www.tu-chemnitz.de/SAFER/

LinkedIn-Seite des Projektes: https://www.linkedin.com/groups/14330145/

(Autorinnen: Kristina Jahn, Sylvia Decker)

Mario Steinebach
21.12.2023

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