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Über die Schwelle vom Analog- zum Digitalfernsehen

Millionenprojekt "sachsMedia": Medieninformatiker der TU Chemnitz suchen nach praktikablen Wegen, wie TV-Stationen künftig Beiträge innerhalb einer webbasierten Medien-Allianz produzieren, senden und verteilen können

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Hunderte Bänder im Regal: Anja Herrmann vom Chemnitzer Studio des "Sachsen Fernsehen" erläutert den Medieninformatikern Prof. Dr. Maximilian Eibl, Jens Kürsten und Robert Knauf (v.l.), wie bei ihrem Sender die Fernsehaufnahmen archiviert werden. Die Wissenschaftler der TU Chemnitz entwickeln nun Lösungen, die eine digitale Langzeitarchivierung derartiger Datenbestände und deren Vertrieb über das Internet ermöglichen. Foto: Mario Steinebach

Sachsens Fernsehlandschaft ist europaweit einzigartig. Hier haben sich in den letzten 20 Jahren die meisten privaten regionalen Fernsehsender der Bundesrepublik etabliert. Mit 60 Sendern sind fast ein Drittel der deutschen Sender für Lokalfernsehen in Sachsen ansässig. Diese übernehmen dabei oft Aufgaben der Informationsversorgung, denen die öffentlich-rechtlichen Sender nur unzureichend nachkommen. "So deckt der Mitteldeutsche Rundfunk zwar die drei Bundesländer Sachsen, Sachen-Anhalt und Thüringen ab, stellt aber für Informationen aus Sachsen gerade mal eine halbe Stunde Sendezeit pro Tag zur Verfügung", erklärt Projektleiter Prof. Dr. Maximilian Eibl, Inhaber der Professur Medieninformatik an der TU Chemnitz.

Die Medienlandschaft steht nun aber vor einem Umbruch, bei dem mehrere Faktoren aufeinander treffen. "Zu nennen sind hierbei die in allen Medienbereichen eingebrochenen Werbeeinnahmen, die auch bei den lokalen Sendern Rationalisierungsmaßnahmen erfordern. Dazu werden nicht nur senderübergreifende Kooperationen bei der Produktion, sondern auch gut archiviertes und recherchierbares Sendematerial benötigt. Zudem wird 2010 die analoge Fernsehausstrahlung in Deutschland einheitlich eingestellt und die momentan noch analog sendenden Lokalfernsender müssen bis dahin den Umstieg auf digitale Formate geschafft haben", führt Eibl die Problematiken aus. Sein Mitarbeiter Robert Knauf ergänzt: "Auch die wachsende Bedeutung des Internets und die damit verbundene Möglichkeit, Sendungen auszustrahlen, müssen in die Überlegungen einbezogen werden. Das sendefähige Material muss für das Internet und mobile Anwendungen aufbereitet werden, was entsprechende Distributionsmethoden erfordert".

In Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Regionalfernsehveranstalter in Sachsen (ARiS) und der KabelJournal GmbH Grünhain-Beierfeld, der envia TEL GmbH Markkleeberg, der HMS oHG aus Halle und der Mugler AG aus Oberlungwitz will sich die Professur Medieninformatik in "sachsMedia - Cooperative Producing, Storage and Broadcasting for Local Television Stations " diesen Problematiken in den nächsten fünf Jahren annehmen. Das mit etwa 2,2 Millionen geförderte "InnoProfile"-Projekt setzt dabei vor allem auf zwei Schwerpunkte: Annotation&Retrieval und Distribution.

Unter ersteren versteht man die semantische Beschreibung von Videosequenzen und das anschließende Suchen nach diesen begrifflich formulierten Informationen. Basis dafür bildet eine Datenbank, in der das Rohmaterial sowie die fertig produzierten Sendungen eingearbeitet und vorgehalten werden. Um einen schnellen Zugriff und eine kooperative Arbeit zu erleichtern, müssen die Daten dabei möglichst umfassend inhaltlich beschrieben und leicht recherchierbar sein. Nach Möglichkeiten des Sendens bzw. Verteilens der Produktionen und dessen Weiterentwicklung wird im zweiten Schwerpunkt Distribution geforscht. "Wir suchen jenseits der klassischen analogen Übertragung nach neuen Verteilungswegen des Sendematerials. Zum einem ist das durch TV-Life-Streaming und Video-on-Demand-Streaming über das Internet denkbar. Zum anderen soll auch die Bereitstellung des Materials und dessen Übertragung via Digitalfernsehen ermöglicht werden", führt Knauf aus. Das Material muss dabei auf den jeweiligen Vertriebsweg optimal angepasst werden, um beispielsweise die Bandbreite von Nutzern nicht zu überlasten. "Um die hier erreichten Fortschritte und standardisierten Verfahren zur Übertragung von digitalen Inhalten auch evaluieren zu können, richten wir auf dem Gelände der Universität eine eigene Digital-Video-Broadcasting-Sendeanlage mit Messpark ein", erklärt Eibl. Um die Projektpartner für die anstehenden Veränderungen im Medienbereich zukunftsfähig zu machen, hebt "sachsMedia" die beteiligten Projektpartner über kritische Forschungshürden hinweg und gibt damit einen wichtigen Innovationsschub, der sie über die Schwelle vom Analog- zum Digitalfernsehen bringt.

(Autorin: Nicole Leithold)

Stichwort: "InnoProfile" an der TU Chemnitz

Bis zum Jahr 2012 stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Innovationsinitiative "Unternehmen Region" mit "InnoProfile" rund 150 Millionen Euro für technologie- und branchenspezifische Zusammenarbeit zwischen Nachwuchsforschergruppen und Unternehmen in Ostdeutschland bereit. In einer ersten Bewerberrunde 2006 konnten sich bereits vier Professuren der TU Chemnitz mit ihren Projektvorschlägen gegen die anderen Bewerber durchsetzen und erhielten einen Förderungszusage bis zum Jahr 2011 in Höhe von insgesamt rund 8,5 Millionen Euro. In der zweiten Runde kann sich die TU Chemnitz mit dem Forschungsprojekt sachsMedia im Umfang von 2,2 Millionen Euro beteiligen.

Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Maximilian Eibl, Inhaber der Professur Medieninformatik an der TU Chemnitz, Telefon (03 71) 5 31 - 31 562, E-Mail eibl@informatik.tu-chemnitz.de

Mario Steinebach
22.03.2007

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