MADRID MONUMENTAL

 

JUNIORPROFESSUR KULTURELLER UND SOZIALER WANDEL

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Nach heutigem Wissen ist unklar, ob Christoph Kolumbus tatsächlich als erster Seefahrer amerikanischen Boden betrat. Es gibt Theorien darüber, dass die eigentliche Entdeckung Amerikas auf isländische Seefahrer zurückzuführen ist oder der Chinese Zheng He Amerika entdeckte.[1] Dennoch gilt Christoph Kolumbus in unserem alltäglichen Verständnis als europäischer Entdecker Amerikas, was auf der Tatsache beruht, dass erst die Entdeckung durch Kolumbus zu einer andauernden Kolonisierung Amerikas führte. Dies hatte sowohl für das spanische Königreich als auch für sein Überseeimperium weitreichende Folgen.[2]

Christoph Kolumbus wurde vermutlich 1451 in Genua als Sohn eines Wollwebers geboren. Der Geburtsort bietet jedoch Anlass für viele Debatten, da in verschiedenen Quellen mehrere mögliche Orte erwähnt werden. Christoph soll bereits in jungen Jahren zur See gefahren sein.[3] 1476 zog er nach Lissabon und heiratete Filipa Moniz Perestrelo, mit der er einen gemeinsamen Sohn hatte.[4] Im Rahmen seiner nautischen Studien lernte er die Karten von Paolo Toscanelli kennen. Die Karten überzeugten den Seefahrer von der Tatsache, dass die Erde keine Scheibe, sondern eine Kugel sei. Er schlussfolgerte, dass es einen Weg in Richtung Westen geben müsste, der nach Asien führt.[5]

Das Vorhaben und die Durchführung seiner Ziele

Nachdem sich seit Mitte des 14. Jahrhunderts osmanische Händler zunehmend das Handelsmonopol zwischen Europa und Indien gesichert hatten, versuchten vor allem spanische und portugiesische Händler, neue Wege nach Asien zu suchen. Während die Portugiesen einen Seeweg entlang des Kaps der Guten Hoffnung suchten und diesen 1498 durch Vasco da Gama auch fanden, verfolgte Christoph Kolumbus weiter die Idee, Asien auf westlichem Wege zu erreichen.[6]

Zur Durchführung seines Vorhabens benötigte er jedoch die finanzielle Unterstützung eines Staates. Nachdem er 1484 dem portugiesischen König João II. seine Pläne vorgelegt hatte, entschied dieser nach der Einschätzung seiner Experten, die zu Recht die von Kolumbus kalkulierte Entfernung zwischen der portugiesischen Atlantikküste und Indien als viel zu kurz einschätzten, sein Anliegen abzulehnen.

Zwei Jahre später sprach Kolumbus dann am Spanischen Hof vor und überzeugte das Königspaar Isabella I. von Kastilien und Ferdinand II. von Aragón von seinen Plänen. Ein Jahr zuvor war er nach dem Tod seiner Frau gemeinsam mit seinem Sohn nach Spanien gezogen. Die Könige stellten Christoph Kolumbus drei Schiffe zur Verfügung. Am 3. August 1492 stach er mit der Karracke Santa María und den Karavellen Niña und Pinta von Palos de la Frontera aus in See.

Für Kastilien war das Risiko dieser Investition äußerst gering. Einerseits bestand zwar das Risiko des Verlustes aller drei Schiffe, doch andererseits bot sich Spanien die Chance, Portugal an der Atlantikküste politisch und wirtschaftlich zu übertrumpfen.[7] Darüber hinaus sahen Isabella und Ferdinand darin die Möglichkeit eines Bündnisses zwischen den Mächten des östlichen und westlichen Christentums. Sie hofften so die Muslime zu besiegen und Jerusalem zurückerobern zu können. Ebenfalls im Jahr 1492, bekam der Kreuzzugsgedanke wohl eine ungeahnte Anziehungskraft auf die Katholischen Könige.[8] Unterstützung fand die spanische Krone deswegen auch seitens der katholischen Kirche.

Die Reise nach „Indien“ und seine Entdeckungen

Kolumbus wählte die Reiseroute westwärts über die Kanarischen Inseln. Er segelte dabei an der mit Portugal im Vertrag von Alcáçovas festgelegten Demarkationslinie entlang, ungeachtet möglicher daraus resultierender politischer Probleme. Nach einer scheinbar unendlichen Reise von etwa drei Monaten entdeckte Christoph Kolumbus am 12. Oktober 1492 erstmals einen Landstreifen am Horizont:

„Dort erblickten wir allsogleich nackte Eingeborene. Ich begab mich, begleitet von Martin Alonso Pinzón und dessen Bruder Vicente Yánez, dem Kapitän der ‚Niña’, an Bord eines mit Waffen versehenen Bootes, an Land. Dort entfaltete ich die königliche Flagge [...]. Ich rief die beiden Kapitäne und auch all die anderen, die an Land gegangen waren, ferner Rodrigo d'Escobedo, den Notar der Armada, und Rodrigo Sánchez von Segovia, zu mir und sagte ihnen, durch ihre persönliche Gegenwart als Augenzeugen davon Kenntnis zu nehmen, daß ich im Namen des Königs und der Königin [...] von der genannten Insel Besitz ergreife.“[9]

Er sah vermutlich die heutige Watling-Insel in der Bahamas-Gruppe. Erst auf einer seiner späteren Reisen betrat Christoph Kolumbus am 14. August 1502 bei Kap Honduras erstmals amerikanisches Festland. Christoph Kolumbus lebte seit seiner Rückkehr 1493 nach Spanien in dem Glauben, Indien erreicht zu haben. Im weiteren Verlauf seiner Reisen entdeckte er Puerto Rico, Haiti, Kuba und weitere Inseln, in der Überzeugung den westlichen Seeweg nach Asien gefunden zu haben. Kolumbus war der Auslöser vor allem für die spanische, aber auch für die europäische Expansion. Karl V. und Philipp II. bauten in Folge dessen das spanische Kolonialreich zu einem Überseeimperium aus, in dem „die Sonne niemals untergeht.“ [10]

Spanien im Jahr 1492

Legitimiert durch die Kirche gingen die Konquistadoren bei der Eroberung Amerikas gewalttätig vor, ohne dabei Rücksicht auf die einheimische Bevölkerung zu nehmen. Die Rechtfertigung für dieses Vorgehen suchten sie in der Missionierung der „Wilden“, denn „die unmenschlichen Praktiken der Kolonialherrschaft wurden als irdisches Martyrium der Indianer auf dem Weg zum ewigen Leben bezeichnet“.[11]

Doch nicht nur in den amerikanischen Kolonien, sondern auch in Spanien selbst nahm der Katholizismus Züge der Intoleranz an. Im selbst Jahr der Entdeckung Amerikas 1492 fanden zwei weitere Ereignisse statt, die vom Wille zur kulturellen Homogenisierung der spanischen Reiche zeugen: zum einen die Vertreibung der Juden und zum anderen die Veröffentlichung der ersten spanischen Grammatik.

Unter Isabella I. von Kastilien und Ferdinand II. von Aragón wurde Granada am 2. Januar zurückerobert und damit die Reconquista (dt.: „Rückeroberung“) beendet. Nur wenige Monate später begann die Judenvertreibung aus Spanien. Am 31. März 1492 unterschrieben die Katholischen Könige das Ausweisungsdekret, infolgedessen innerhalb von vier Monaten alle Juden das Land verlassen mussten. Dies war der erste Schritt zur religiösen Einheit im Land. Nach dem Beginn der Vertreibung konvertierten viele Juden und wurden fortan conversos (dt.: „Bekehrte“) genannt. Doch daraus resultierte ein neuer Konflikt, da die Skepsis gegenüber Konvertierten noch immer existierte.[12] Die 1478 in Kastilien durch eine päpstliche Verfügung „zur Ausrottung der Ketzerei“[13] eingerichtete Inquisition weitete daraufhin ihren Kampf auch auf die conversos. In ähnlicher Weise ging Kastilien auch in den darauffolgenden Jahren mit den in Spanien lebenden Muslimen um.

Parallel dazu veröffentlichte Antonio de Nebrija im selben Jahr die erste spanische Grammatik. In der Widmung an Isabella I. tut Nebrija die Notwendigkeit der Sprachpflege dar. Diese solle doch zur inneren Homogenierung beitragen, zugleich aber auch durch Ausbreitung in den überseeischen Gebieten zur Festigung des spanischen Überseereiches beitragen. Siempre la lengua fue compañera del imperio[14] (dt.: „Immer war die Sprache die Gefährtin des Imperiums“) – mit diesem berühmten Satz legt Nebrija den Grundstein für die kulturellen Homogenierung Spaniens anhand der Sprache.

Der Kampf um die religiöse und sprachliche Einheit war Spaniens erste gemeinsame innen- wie außenpolitische Maßnahme für die Entstehung des spanischen Staates und die Festigung der inneren Einheit.

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[1] Zillner 2009: 258ff.
[2] Ballesteros 1943: 195ff.
[3] Pleticha / Schreiber 1999: 39.
[4] Bürger 1983: 14.
[5] Venzke 1992: 29ff.
[6] Bernecker / Pietschmann 2005: 71ff.
[7] Bernecker / Pietschmann 2000: 73.
[8] Bernecker 2003: 16.
[9] Gewecke 1992: 44.
[10] Maertin 1998.
[11] Bernecker 2003: 16.
[12] Bernecker 2003: 13ff.
[13] Bernecker 2003: 14f.
[14] Nebrija 1946: [1492]: 5.